Leitsatz (amtlich)

Wird ein Theater in der Form eines eingetragenen Vereins betrieben, so kann der Verein die Befreiungsvorschrift des § 47 Ziff. 1 Satz 2 UStDB nicht in Anspruch nehmen, wenn die Mitglieder des Vereins Einwohner einer Gebietskörperschaft sind.

 

Normenkette

UStDB 1951 § 47 Ziff. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck die Förderung des Theaters, der Musik und anderer kultureller Veranstaltungen in X und in erster Linie die laufende Durchführung von Theateraufführungen im Schloßtheater in X ist. Mitglieder des Vereins können Einwohner der Stadt oder des Landkreises X werden gegen einen Jahresbeitrag von 12 DM. Der Vorstand des Vereins, der von der Mitgliederversammlung auf sechs Jahre gewählt wird, besteht aus neun Mitgliedern, von denen jeweils drei nach Ablauf von zwei Jahren ausscheiden. Die ausgeschiedenen Mitglieder werden durch Neuwahlen ergänzt. Die Mitgliederversammlung wird jährlich zur Genehmigung des Kassenberichtes und zur Entlastung des Vorstandes einberufen. Sie entscheidet auch in besonderen Fällen. Der Verein erhält seit Jahren erhebliche Zuschüsse von der Stadt X, von dem Landkreis X und dem Lande Y zur Durchführung des Theaterbetriebes.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1954 hat der Bf. unter entsprechender Änderung der Satzung sein gesamtes derzeitiges und zukünftiges Vermögen der Stadt X übertragen. Diese überläßt unter ihrer Aufsicht die Verwaltung des Vermögens dem Bf., wobei die Aufsicht in der Sicherstellung der satzungsmäßigen Verwendung besteht, im übrigen aber der Verein in der Verfügung über dieses Vermögen von besonderen Weisungen der Stadt befreit sein soll. Mit Rücksicht auf diese Vermögensübertragung macht der Bf. Steuerfreiheit für die Umsätze seines Theaterbetriebes nach § 47 Ziff. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1951 geltend. Das Finanzamt hat für den verkürzten Steuerabschnitt Januar 1957 die Steuerfreiheit nicht anerkannt und den Bf. im vollen Umfang zur Umsatzsteuer herangezogen. Auch das Finanzgericht hat auf die Sprungberufung hin die Steuerfreiheit der Umsätze verneint. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Sie kann keinen Erfolg haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Ausführungen der Vorinstanz lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Mit Recht hat sie darauf hingewiesen, daß von den in § 47 Ziff. 1 UStDB 1951 in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbeständen der in Satz 1 a. a. O. angeführte, wonach die Umsätze der von dem Bund, den Ländern, den Gemeinden oder den Gemeindeverbänden im öffentlichen Interesse geführten Theater steuerfrei sind, im Streitfalle nicht zutrifft. Denn der Verein als solcher und nicht die Stadt X führt das Schloßtheater. Der Verein ist als selbständiges Steuersubjekt umsatzsteuerrechtlich der Unternehmer, der die Theaterleistungen bewirkt.

Ohne Rechtsirrtum hat die Vorinstanz auch die Anwendung des im § 47 Ziff. 1 Satz 2 a. a. O. angeführten Tatbestandes, wonach die Steuerfreiheit auch für Theater gilt, die in der Form privatrechtlicher Gesellschaften betrieben werden, wenn die Anteile an ihnen ausschließlich den Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören und die Erträge ausschließlich diesen Körperschaften zufließen, auf den Streitfall verneint. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, daß Theaterbetriebe häufig durch privatrechtliche Gesellschaften geführt werden, an denen ausschließlich Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind. Auch in diesen Fällen haben die Körperschaften auf Grund ihrer Stellung als ausschließliche Anteilseigner neben dem durch einen möglichen Verlust der Anteile gegebenen Risiko einen so entscheidenden Einfluß auf die Führung des Theaterbetriebes durch die privatrechtliche Gesellschaft, daß eine Gleichstellung mit dem Falle der unmittelbaren Führung eines Theaterbetriebes durch die Gebietskörperschaften selbst gerechtfertigt erscheint. In diesem Sinne müssen auch die Ausführungen des Finanzgerichts verstanden werden, daß der Vorschrift des § 47 Ziff. 1 Satz 2 UStDB der Gedanke zugrunde liege, die Steuerfreiheit stehe nur den Theatern zu, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften geführt werden. Zutreffend führt die Vorinstanz aus, daß der Begriff "Anteile an privatrechtlichen Gesellschaften", der der Beteiligung an Erwerbsgesellschaften entspricht, einem eingetragenen Verein wesensfremd ist. Jedoch beinhaltet der Begriff "Anteile" auch bei diesen Gesellschaften nicht bloß einen vermögensrechtlichen Anspruch, wie der Bf. anzunehmen scheint, sondern er bezeichnet die Mitgliedschaft in der Gesellschaft, also einen Inbegriff von Rechten und Pflichten. Er stellt nicht nur die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, sondern auch an der Willensbildung und der Verwaltung der Gesellschaft dar. Will man deshalb den Befreiungstatbestand des § 47 Ziff. 1 Satz 2 UStDB mit dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 23. Juli 1953 IV S 4164 - 4/53 (Umsatzsteuer-Kartei S 4164 Karte 52) auch auf Vereine anwenden, so setzt die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes einmal die Mitgliedschaft im Verein mit allen ihr innewohnenden Rechten und Pflichten voraus und ferner, daß Mitglieder des Vereins nur Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und ihnen damit allein die umfassende Stellung der Mitgliedschaft im Verein zusteht. Nur dann sind die Voraussetzungen erfüllt, die, wie oben ausgeführt, die Gleichstellung hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung mit dem in § 47 Ziff. 1 Satz 1 UStDB festgelegten Tatbestand rechtfertigen. Eine erweiternde Auslegung der Vorschriften auf Fälle, in denen, wie hier, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nur das Vermögen zur Verfügung stellt, ohne die ausschließliche Mitgliedschaft zu besitzen, würde hiernach dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen.

Da Mitglieder des Bf. unbestritten nur Einwohner der Stadt bzw. des Landkreises X sind, haben die Vorinstanzen mit Recht die Steuerfreiheit für die Umsätze aus dem Theaterbetriebe des Bf. verneint. Die Rb. war deshalb als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 307 der Reichsabgabenordnung zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1959, 64

BFHE 1959, 165

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