Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Steuerpflichtige, die zwischen dem 1. Juni und dem 20. Juli 1953 Zuschüsse und Darlehen zur Vorfinanzierung des Lastenausgleichs hingegeben haben, können wählen, ob sie gemäß § 1 des Gesetzes über die steuerliche Begünstigung von Zuschüssen und Darlehen zur Vorfinanzierung des Lastenausgleichs vom 15. Mai 1953 für das Wirtschaftsjahr 1952 eine Rücklage bilden oder die Vergünstigung nach §§ 7 f und 7 g EStG 1953 für das Jahr 1953 in Anspruch nehmen wollen.

Haben sie sich für die Bildung der Rücklage zu Lasten des Wirtschaftsjahres 1952 entschieden, so darf im Jahre 1953 der Gewinn nicht mit Rücksicht auf § 7 g EStG 1953 erhöht werden. Die Rücklage ist in vollem Umfang erfolgsneutral aufzulösen.

EStG 1953 §§ 7 f und 7 g; Gesetz über die steuerliche Begünstigung von Zuschüssen und Darlehen

 

Normenkette

EStG §§ 7f, 7g

 

Tatbestand

Am 20. Juli 1953 gab die Beschwerdegegnerin (Bgin.) der Lastenausgleichsbank Darlehen von 30.000 DM, die den Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes über die steuerliche Begünstigung von Zuschüssen und Darlehen zur Vorfinanzierung des Lastenausgleichs vom 15. Mai 1953 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I S. 189, Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 I S. 113) entsprachen. Sie bildete zu Lasten des Gewinns des Wirtschaftsjahres 1952 eine Rücklage in der gleichen Höhe, die das Finanzamt für das Wirtschaftsjahr 1952 gewinnmindernd berücksichtigte. In ihrer Jahresschlußbilanz vom 31. Dezember 1953 löste die Bgin. diese Rücklage zugunsten des Gewinns auf und setzte gleichzeitig die Darlehen von 30.000 DM als Betriebsausgaben für 1953 ab. Das Finanzamt kürzte den begünstigten Betrag für 1953 um 6.054 DM, weil die durch Art. 1 Ziff. 8 des Gesetzes zur änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung vom 24. Juni 1953 (BGBl I S. 413, BStBl 1953 I S. 192) in das Einkommensteuergesetz (EStG) eingefügten §§ 7 f und 7 g EStG 1953 zu beachten seien. Es sei daher nach § 7 f Abs. 3 in Verbindung mit § 7 g Abs. 3 EStG 1953 der begünstigte Betrag auf höchstens 20 v. H. des Gewinns beschränkt.

Das Finanzgericht gab der Berufung der Bgin. statt. Es ist der Meinung, die Bgin. habe die Wahl gehabt, ob sie für die der Lastenausgleichsbank gewährten Darlehen die Vergünstigung aus dem Gesetz vom 15. Mai 1953 für das Wirtschaftsjahr 1952 oder die nach den §§ 7 f und 7 g EStG für das Wirtschaftsjahr 1953 habe in Anspruch nehmen wollen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Die Vergünstigungen nach dem Gesetz vom 15. Mai 1953 und diejenigen nach dem § 7 f und § 7 g EStG 1953 unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht. Die erstgenannten sind nicht, wie es die §§ 7 f und 7 g EStG 1953 vorsehen, der Höhe nach begrenzt. Auch die begünstigten Tatbestände und die Art der zu gewährenden Vergünstigungen sind verschieden. Das Gesetz vom 15. Mai 1953 begünstigte Zuschüsse und Darlehen, die innerhalb von zwei Monaten nach der Verkündung des Gesetzes, also in der Zeit zwischen dem 20. Mai und dem 20. Juli 1953, gegeben wurden. §§ 7 f und 7 g EStG 1953 betreffen Zuschüsse und Darlehen, die vor dem 1. Januar 1955 hingegeben wurden. Nach dem Gesetz vom 15. Mai 1953 berührt die Vergünstigung, die durch Bildung einer gewinnmindernden Rücklage geschieht, das Wirtschaftsjahr 1952, nicht das Wirtschaftsjahr 1953, in dem die für das Wirtschaftsjahr 1952 gebildete Rücklage zugunsten des Gewinns 1953 aufgelöst, gleichzeitig aber die Ausgabe als Betriebsausgabe abgesetzt wird. Zuschüsse und Darlehen nach § 7 f EStG 1953 wirken sich dagegen im Jahre ihrer Hingabe, also in den Jahren 1953 oder 1954, unmittelbar gewinnmindernd aus. § 7 f EStG war nach Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes vom 24. Juni 1953 erstmalig auf Darlehen und Zuschüsse anwendbar, die nach dem 31. Mai 1953 hingegeben wurden. Die Begrenzung der Abzugsfähigkeit nach § 7 g EStG 1953 (Art. 1 Ziff. 8 b des Gesetzes vom 24. Juni 1953) gilt erstmalig für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Mai 1953 enden mit der Maßgabe, daß bei der Ermittlung des Gewinns für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Juni 1953 begonnen haben, die Darlehen mindestens in der Höhe abgezogen werden können, in der sie vor dem 1. Juni 1953 hingegeben wurden.

über das Verhältnis beider Bestimmungen zueinander, wenn Zuschüsse oder Darlehen zwischen dem 1. Juni und dem 20. Juli 1953 hingegeben wurden, hat sich der Gesetzgeber nicht ausgesprochen. Aus der zeitlichen Entwicklung ergibt sich aber, daß bis zum 20. Juli 1953 beide Bestimmungen nebeneinander gegolten haben. Daraus ist mit der Vorentscheidung (vgl. z. B. auch Blümich-Falk, 7. Aufl., Anm. 2; Grass bei Hartmann-Böttcher, Anm. 3 zu § 7 f EStG, Abschn. 66 Einkommensteuer-Richtlinien 1953) zu folgern, daß für zwischen dem 1. Juni und dem 20. Juli 1953 hingegebene Zuschüsse und Darlehen die Steuerpflichtigen die Wahl hatten, entweder für das Jahr 1952 die Vergünstigung nach dem Gesetz vom 15. Mai 1953 oder die nach § 7 f EStG für das Jahr 1953 in Anspruch zu nehmen. Auch auf die Entscheidung des Senats I 150/55 U vom 2. August 1955 (Slg. Bd. 61 S. 247, BStBl 1955 III S. 293) ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen.

Die Bgin. hat die Vergünstigung aus dem Gesetz vom 15. Mai 1953 für das Jahr 1952 in Anspruch genommen. Dadurch, daß sie die für 1952 gebildete Rücklage im Jahre 1953 auflöste und gleichzeitig denselben Betrag als Betriebsausgabe verbuchte, wurde der Gewinn des Jahres 1953 nicht berührt. Die Bgin. ist also nicht, wie das Finanzamt annimmt für 1953 in den Genuß einer weiteren Vergünstigung gelangt.

Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1957, 373

BFHE 1958, 370

BFHE 65, 370

StRK, LAVorfG:1 R 2

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge