Leitsatz (amtlich)

Ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der gemeinsam mit Rechtsanwälten ein Rechts gutachten erstattet und dabei betriebswirtschaftliche Kenntnisse beisteuert, wird im Rahmen seines Berufs tätig; ihm steht die Vergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG für das Honorar für das Gutachten nicht zu.

 

Normenkette

EStG 1965 § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Revisionskläger (Steuerpflichtiger), der eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatertätigkeit ausübt, im Streitjahr 1965 für einen Teil seiner Einkünfte (aus Gutachtertätigkeit) die Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG zusteht. Der Steuerpflichtige hatte, zusammen mit zwei Rechtsanwälten, von einer Firma den Auftrag erhalten, ein Rechtsgutachten zu erstellen und die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Das bei den Akten befindliche und vom FG zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Gutachten, dessen Aufgabenstellung sich aus seiner S. III ergibt, enthält die Vorbemerkung:

"Das Gutachten beruht auf den gemeinsamen Überlegungen der drei Gutachter; die im Tatbestand niedergelegten und im Gutachten gewürdigten Zahlenangaben sind von Herrn Wirtschaftsprüfer X [dem Steuerpflichtigen] erarbeitet worden."

Der Steuerpflichtige wies in der Aufwand- und Ertragsrechnung 1965 für seine Praxis die Einnahmen aus der Gutachtertätigkeit als Ertrag gesondert aus und beantragte, das Gutachterhonorar als Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit dem begünstigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1, 4 EStG zu unterwerfen. Er ist der Ansicht, bei dem Gutachten habe es sich um ein wissenschaftliches Rechts gutachten gehandelt, dessen Erstattung weder zu den gesetzlich umschriebenen Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers, noch zu denen eines Steuerberaters gehöre; es liege vielmehr eine wissenschaftliche Nebentätigkeit vor.

Das FA lehnte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die beantragte Tarifbegünstigung ab.

Das FG führte in seinem Klage abweisenden Urteil unter Anführung einer Anzahl von Urteilen des BFH aus, es entspreche der ständigen Rechtsprechung des BFH, § 34 Abs. 4 EStG dort nicht anzuwenden, wo ein Freiberufler Einkünfte aus einer Tätigkeit beziehe, die zu den typischen Tätigkeiten des betreffenden freien Berufs gehörten. Insbesondere habe der BFH entschieden, daß Rechtsanwälte und freiberuflich tätige Ärzte Honorare, die sie dafür erhielten, daß sie sich gutachtlich über Fragen äußerten, die zum Bereich ihrer praktischen Berufsarbeit gehörten, die Steuerermäßigung nicht beanspruchen könnten. Der BFH begründe seine Rechtsprechung damit, daß eine solche freiberufliche Gutachtertätigkeit nicht von der freien Berufstätigkeit im übrigen abgrenzbar sei. Auch der Senat sei der Auffassung, daß das Gesetz dort eine Steuerermäßigung nicht vorsehe, wo eine selbständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit zu den typischen Tätigkeiten eines in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten freien Berufes gehöre und der Steuerpflichtige diesen freien Beruf selbst ausübe. Die Mitarbeit des Steuerpflichtigen an dem Gutachten gehöre zu den typischen praktischen Berufsaufgaben, wie sie im Rahmen der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers anfielen. Das Gutachten befasse sich nicht mit der abstrakt wissenschaftlichen Erarbeitung theoretischer Rechtsfragen, sondern diene der Feststellung einer im konkreten Fall bestehenden Rechtslage. Die Gutachter hätten zuerst die tatsächlichen Grundlagen für ihr Gutachten, den Tatbestand, zu erarbeiten gehabt. Hierfür sei nicht nur das Studium von Verträgen und sonstigen Urkunden und Unterlagen erforderlich gewesen, sondern auch die Erarbeitung des für die rechtlichen Überlegungen bedeutsamen betriebswirtschaftlichen Zahlenwerks. Die Erarbeitung dieser betriebswirtschaftlichen Daten habe, wie die Vorbemerkung zum Tatbestand des Gutachtens zeige, dem Steuerpflichtigen obgelegen. Das Gutachten sei zwar ein Rechtsgutachten. Das könne aber nicht dazu führen, die Mitarbeit des Steuerpflichtigen an diesem Gutachten als außerhalb der beruflichen Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers liegend anzusehen. Auch Wirtschaftsprüfer seien befugt, im Rahmen ihrer Berufstätigkeit wissenschaftlich begründete Gutachten über Rechtsfragen abzugeben, insbesondere dann, wenn diese mit ihren beruflichen Aufgaben in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Die wissenschaftlich begründete Erarbeitung der Ergebnisse des Gutachtens habe nur unter Beteiligung eines Wirtschaftsprüfers mit Erfolg durchgeführt werden können. Der Senat sei davon überzeugt, daß der Steuerpflichtige wegen seiner langjährigen Berufserfahrung als Wirtschaftsprüfer zu dieser Mitarbeit herangezogen worden sei. Daß er auch Rechtskenntnisse verwertet habe, die er kraft seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung besessen habe, spreche nicht dagegen, daß er den Auftrag in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsprüfer erhalten habe.

Der Steuerpflichtige legte Revision ein. Er führt aus, er habe zwar bei der Erstattung des Rechtsgutachtens auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse verwertet, die er im Rahmen seiner typischen Berufstätigkeit erworben habe. Er sei jedoch nicht der betriebswirtschaftliche Hilfsarbeiter einer juristischen Gutachterkommission gewesen, sondern habe in gemeinsamer Durchführung des ihm gemeinsam mit zwei anderen Rechtsanwälten erteilten Auftrages ebenso wie diese beiden Mitgutachter ein Rechtsgutachten erstellt. Seine Hauptaufgabe habe in der wissenschaftlichen rechtlichen Würdigung von Sachverhalten bestanden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Die Rechtsausführungen des FG, die der ständigen Rechtsprechung des BFH entsprechen, sind nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich ihnen in vollem Umfange an. Gerade wenn es sich um ein Rechtsgutachten handelte, an dessen Erstellung auch der Steuerpflichtige als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater beteiligt wurde, liegt es nahe, daß der Steuerpflichtige wegen seiner betriebswirtschaftlichen Spezialkenntnisse beteiligt wurde. Und gerade wenn es sich um eine sog. Teamarbeit handelte, steuerte er diese seine Spezialkenntnisse bei. Wenn er dabei auch in den typischen Rechtsfragen mitberiet, war das eine untrennbar mit seiner beruflichen Tätigkeit verbundene Betätigung, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater stets auch mit Rechtsfragen befaßt ist und es nicht darauf ankommen kann, ob diese Rechtsfragen in einem Falle seiner üblichen Tätigkeit näher, in einem anderen Falle entfernter liegen. Im umgekehrten Falle eines Rechtsanwalts, der auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten beratend tätig geworden war, nahm der Senat ebenfalls an, daß hier eine von der Haupttätigkeit nicht abtrennbare Tätigkeit vorliege (BFH-Urteil IV 250/65 vom 1. Juli 1971, BFH 103, 59, BStBl II 1971, 763). Auf die Ausführungen in diesem Urteil weist der Senat zusätzlich hin.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413324

BStBl II 1972, 791

BFHE 1972, 316

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