Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Vierteljahresbetrag der Vermögensabgabe bei zusammengesetztem Vermögen nach dem gewogenen Mittel (ß 37 LAG) festgesetzt worden, so bleibt dieser Durchschnittssatz bei der Anwendung des § 65 Abs. 2 LAG unverändert; nach dieser Vorschrift ist von dem veranlagten Vierteljahresbetrage der Vermögensabgabe derjenige Teilbetrag zu erlassen, der auf das erloschene Rentenrecht nach dem Verhältnis seines Kapitalwertes zum veranlagten Gesamtvermögen entfällt.

 

Normenkette

LAG § 65 Abs. 2, § 37

 

Tatbestand

Die drei Beschwerdegegner (Bg.) sind die Kinder und Erben ihrer im Jahre 1954 verstorbenen Mutter.

Das Vermögen der letzteren, nämlich: Holzung ------------------------------ 1.200 DM, Grundvermögen ----------------------- 26.500 DM, ------------------------------------- 27.700 DM, sonstiges Vermögen: a) Kuxe (1/2) -------- 199 DM b) 9.600 DM jährliche Rente, davon nach § 24 Ziff. 5 des Lastenaus- gleichsgesetzes (LAG) 7.200 DM x 8 = ---------------- 57.600 DM = 57.799 DM 85.499 DM ---------------------------------- abgerundet: 85.400 DM ist zur Vermögensabgabe unter Berücksichtigung des Soforthilfeabgabe-Anrechnungssolls auf Grund eines Durchschnittssatzes von 1,5 v. H. mit einem Vierteljahresbetrage von 615,75 DM herangezogen worden.

Auf Antrag der Bg., die Vierteljahresbeträge, soweit sie auf das Rentenrecht der Erblasserin entfielen, für die Zeit nach deren Ableben zu erlassen, hat das Finanzamt von dem Vierteljahresbetrage für die Zeit ab Sterbemonat je 414,80 DM erlassen, so daß sich die Raten auf je 200,95 DM minderten. Bei dieser Berechnung ist von dem dem ursprünglichen Abgabebescheid zugrunde gelegten Abgabesatz von 1,5 v. H. ausgegangen; der sich hiernach insgesamt ergebende Vierteljahresbetrag der Vermögensabgabe von 615,75 DM ist nach dem Verhältnis des Kapitalwertes des aus der Abgabepflicht zu entlassenden Rentenstammrechts zum Wert des veranlagten Gesamtvermögens aufgeteilt worden. Das Finanzamt ist hierbei zu folgendem rechnerischen Ergebnis gelangt:

Der Vierteljahresbetrag von 615,75 DM stellt 0,72018 v. H. des gesamten abgabepflichtig gewesenen Vermögens der Erblasserin dar. Demnach entfallen von den 615,75 DM anteilig auf den Kapitalwert der Rente (= 57.600 DM) 0,72018 v. H. von 57.600 DM, d. h. 414,8236 DM abgerundet 414,80 DM, um die das Finanzamt den Vermögensabgabe-Vierteljahrsbetrag für die Zeit ab 1. April 1954 gemindert hat.

Auf die Sprungberufung hat das Finanzgericht den auf den Kapitalwert der Rente entfallenden und deshalb ab 1. April 1954 nicht mehr zu erhebenden Teil des Vierteljahresbetrages zugunsten der Bg. anders errechnet. Es hat nicht den dem Vermögensabgabebescheid als gewogenes Mittel für die verschiedenen, an sich unterschiedlichen Sätzen unterworfenen Vermögensteile zugrunde gelegten Satz von 1,5 v. H. unmittelbar im Verhältnis des Wertes der Rente zu dem Wert des Gesamtvermögens aufgeteilt, um dann, wie das Finanzamt, den auf den Wert der Rente entfallenden Teil unerhoben zu lassen; vielmehr ist das Finanzgericht der Meinung, daß, da der Wert der Rente als sogenanntes sonstiges Vermögen an sich nach § 36 Abs. 2 Ziff. 1 in Verbindung mit § 35 Ziff. 1 c LAG dem Vierteljahressatz von 1,7 v. H. unterliegen würde, von dem Vierteljahresbetrage von 615,75 DM (1,5 v. H.) der für den Kapitalwert der Rente nicht zu erhebende Teil selbständig mit 1,7 v. H der anteiligen 28.800 DM Vermögensabgabe, d. h. mit 489,60 DM, abzuspalten sei; danach ergebe sich für die Zeit ab 1. April 1954 ein zu erhebender Vermögensabgabe-Vierteljahrsbetrag von

--- 615,75 DM ./. 489,60 DM = - 126,15 DM. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) beantragt der Vorsteher des Finanzamts die Wiederherstellung der Entscheidung des Finanzamts.

Der Bundesminister der Finanzen hat seinen Beitritt zu dem Verfahren erklärt und ist der Auffassung des Beschwerdeführers (Bf.) beigetreten.

 

Entscheidungsgründe

Es handelt sich um die Anwendung des § 65 Abs. 2 LAG. Darüber, ob der durch ihm gewährte Rechtsanspruch im Einzelfalle besteht oder nicht, ist nach § 235 Ziff. 5 der Reichsabgabenordnung (AO) im ordentlichen Steuerrechtsmittelverfahren zu entscheiden.

Nach § 65 Abs. 1 LAG findet § 16 Abs. 3 des nach § 203 Abs. 1 LAG geltenden Bewertungsgesetzes (BewG) auf die Vermögensabgabe keine Anwendung. Dies bedeutet, daß bei dem Fortfall einer Rente durch den Tod des Berechtigten die Veranlagung der Vermögensabgabe nicht auf Antrag gemäß der wirklichen Dauer der Rentenbezüge zu berichtigen ist; vielmehr sind die Vierteljahrsbeträge für die Zeit nach dem Erlöschen der Rente infolge des Todes des Berechtigten insoweit zu erlassen, als sie auf den Kapitalwert der Rente entfallen und die Zeit nach dem Erlöschen des Rechtes betreffen.

Die Vorschrift will nach ihrem Sinn und Zweck dem Umstande Rechnung tragen, daß die Rente ein Vermögensteil ist, der mit dem Tode des Berechtigten fortgefallen ist und daher den Erben des Berechtigten zur Abdeckung der Vierteljahrsbeträge insoweit fehlt.

§ 65 gehört zu dem Kreis derjenigen Vorschriften des LAG, die die Fälle regeln, in denen der Lauf der Vierteljahreszahlungen auf Grund eines wesentlichen Ereignisses verändert werden muß, z. B. wegen Schuldübernahme (ß 60), wegen Konkurseröffnung (ß 63), wegen Entflechtung (ß 62), wegen des Eintritts einer Bedingung usw. (ß 64), wegen Auflösung der Ehe des Abgabepflichtigen (ß 66), wegen eines Erbfalls (ß 67) usw. Der Ausschluß der Berichtigung der Veranlagung gilt hier ganz allgemein, z. B. auch nach § 64 LAG bei Bedingungen und Befristungen. Hier tritt der Wille des Gesetzgebers dahin zutage, daß an der Vermögensabgabe-Veranlagung wegen einer nachträglichen Veränderung der Umstände nicht gerüttelt werden und eine Neuberechnung auch nicht teilweise eintreten soll. Das hängt mit dem Aufbau des sich auf eine sehr lange Zeitspanne erstreckenden Vermögensabgabe-Vierteljahrsratensystems zusammen.

Dieser Grundsatz zeichnet sich - ungeachtet der Durchführungsverordnungen zur Vermögensabgabe - im Gesetz selbst so deutlich ab, daß er bei der Lösung der streitigen Frage, ob die Vermögensabgabe-Veranlagung für die Zwecke der nachträglichen Ausscheidung des Rentenrechtes aus den abgabepflichtigen Vermögensgegenständen ganz oder zum Teil neu aufgerollt werden muß oder darf, sorgfältig zu beachten ist.

Zwar enthält § 65 Abs. 2 LAG keine ausdrückliche Regelung der Berechnungsmethode, die Wortfassung: "... sind zu erlassen" bringt jedoch die Auffassung des Gesetzgebers, daß die Vermögensabgabe-Veranlagung selbst unberührt bleiben soll, hinreichend zum Ausdruck. Dieser Gesichtspunkt fällt um so mehr ins Gewicht, als § 65 Abs. 1 LAG den Berichtigungsweg gegenüber der Veranlagung ausdrücklich ausschließt.

Darüber hinaus bestätigen die auf Grund der Ermächtigung des LAG ergangenen Bestimmungen der Vierzehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (14. AbgabenDV-LA), daß zum Beispiel im Falle der Schuldübernahme die Abgabeschuld so, wie sie veranlagt ist, ohne Bedingung und ohne Zeitbestimmung, auf die Erwerber übergeht (§§ 1 ff. a. a. O.). Entsprechend liegt es beim unentgeltlichen Erwerb von Vermögen (§§ 19 ff. a. a. O.).

Weil der Todesfall des Berechtigten dem Eintritt einer auflösenden Bedingung gleichkommt, liegt es besonders nahe, auf die Regelung des § 64 LAG - ebenfalls mit ausdrücklichem Ausschluß der einschlägigen Vorschriften des BewG über die Berichtigung - und der §§ 29 ff. der 14. AbgabenDV-LA bei der Auslegung des § 65 LAG hinzuweisen. In diesen Bestimmungen ist für die Fälle des Vermögensabgabe-Schuldüberganges auf eine durch den Eintritt einer Bedingung begünstigte Person die Unveränderlichkeit des Vierteljahrsbetrages klar festgehalten. In § 32 Ziff. 1 der 14. AbgabenDV-LA ist beim übergang von Rentenrechten infolge des Eintritts einer Bedingung die Aufteilung des bestehenden Vierteljahrsbetrages nach dem Verhältnis des Kapitalwertes der Rente (unter Berücksichtigung des § 24 Ziff. 5 LAG) zu dem gesamten abgabepflichtigen Vermögen vorgesehen. Wenngleich diese Vorschrift nicht unmittelbar auf den Fall des § 65 Abs. 2 LAG, d. h. des Erlöschens einer Rente durch Tod, angewandt werden kann, so hat doch der Gesetzgeber in dieser Vorschrift zu erkennen gegeben, wie der Fortfall eines Rentenrechtes auf dem Gebiete der Vermögensabgabe behandelt werden soll; ist beim übergang des Rentenrechtes auf eine andere Person der Vierteljahresbetrag unangetastet zu lassen, so gilt dies entsprechend im Falle des Todes des Berechtigten beim Fortfall des Teiles, der auf das Rentenrecht entfällt.

ähnlich bestätigen die Vorschriften der 14. AbgabenDV-LA über die Aufteilung des Vermögensabgabe-Vierteljahrsbetrages bei Auflösung einer Ehe oder in Erbfällen den Grundsatz der Unberührtheit des Vierteljahrsbetrages selbst, vorbehaltlich etwaiger nachträglicher änderungen des ursprünglichen Vierteljahrsbetrages durch Rechtsmittelentscheidung oder Berichtigung. Für die Aufteilung des ursprünglichen Vierteljahrsbetrages im Falle der Auflösung einer Ehe ist im § 66 Abs. 2 Ziff. 3 LAG als Aufteilungsmaßstab ausdrücklich das Verhältnis der der Abgabe unterliegenden Vermögen der Ehegatten zueinander vorgesehen. Auch hier ist vom Gesetzgeber kein Unterschied für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen sich verschiedenartiges und deshalb nach verschiedenen Vierteljahressätzen zu behandelndes Vermögen der beiden Ehegatten ergibt. Ist also im ursprünglichen Vierteljahresbetrage das gewogene Mittel angewandt, so bleibt es hierbei auch bei der Aufteilung unter den Ehegatten selbst dann, wenn z. B. auf den einen Ehegatten Kapitalvermögen und auf den anderen landwirtschaftliches Vermögen entfällt. Hat sich der Gesetzgeber in diesem Fall hiernach eindeutig damit abgefunden, daß auf die Vermögen beider Ehegatten nicht der für seine Vermögensart bestimmte Vierteljahressatz, sondern das gewogene Mittel anzuwenden ist, so bestehen keine durchschlagenden Bedenken dagegen, diese Grundsätze auch im Falle des § 65 LAG anzuwenden.

In dem Festhalten an dem ursprünglichen Vierteljahressatz, auch wenn er nach dem gewogenen Mittel errechnet ist, liegt eine Art Auswirkung des Stichtagsprinzips, die vom Gesetzgeber gewollt ist, und die auch insoweit Platz greift, als es grundsätzlich bei dem ursprünglichen Vierteljahressatz selbst dann bleibt, wenn sich die Zusammensetzung des auf den Währungsstichtag festgestellten Vermögens zum Beispiel nachträglich ändert.

Demnach kommt im Falle des § 65 Abs. 2 LAG nach dessen Fassung, nach der Grundtendenz des LAG und der 14. AbgabenDV-LA eine Neuaufrollung des ursprünglichen Vierteljahrsbetrages auch teilweise nicht in Betracht. Der zu erlassende Teilbetrag ist auf Grund des ursprünglichen Vierteljahrsbetrages nach dem Verhältnis des Betrages des Kapitalwertes des Rentenrechtes zum Betrage des Gesamtvermögens des Erblassers zu errechnen. Da § 37 LAG, wenn verschiedene Vierteljahressätze in Betracht kommen, die Berechnung des gewogenen Mittels vorschreibt, und § 65 LAG die Wiederauseinanderziehung der Vierteljahressätze nicht nur nicht vorsieht, seinem Wortlaut nach vielmehr verbietet, bleibt ein nach dem gewogenen Mittel errechneter Vierteljahresbetrag als Grundlage der Berechnung nach § 65 LAG unberührt.

Die Ausführungen des Finanzgerichts verkennen den im Gesetz klar zutage tretenden Grundsatz der Unberührtheit des ursprünglichen Vierteljahrsbetrages für die Aufteilungsfälle. Zu den letzteren gehört auch der Fall des § 65 Abs. 2 LAG.

Das angefochtene Urteil unterliegt deshalb der Aufhebung. Die Berufung der Bg. ist als unbegründet mit der Wirkung zurückzuweisen, daß es bei dem berichtigten Bescheid vom 5. Dezember 1957 verbleibt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409418

BStBl III 1959, 362

BFHE 1960, 268

BFHE 69, 268

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