Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer für Appartements in einem Altenwohnheim

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Appartements in einem Altenwohnheim sind nicht schon allein deshalb von der Grundsteuer befreit, weil der Verein als Eigentümer nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient und der Grundbesitz unmittelbar für diese Zwecke verwendet wird.

2. Ein abgeschlossenes Appartement in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim, mit mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia bzw. Terrasse mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 30 qm und das eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle, mit Warm- und Kaltwasser, zwei eingebauten Elektrokochplatten aufweist, ist eine Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG.

3. Die Prüfung der Gerichte, ob ein Gesetz gegen den Gleichheitssatz verstößt, beschränkt sich darauf, ob die in ihm enthaltene differenzierende Regelung willkürlich ist oder ob ein sachgerechter Grund dafür besteht.

4. Die Versagung der Grundsteuerbefreiung bei Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG) in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen verstößt nicht gegen Art. 3 GG.

5. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten aufgrund des Sozialstaatsprinzips, von einer gesetzlichen Regelung abzusehen, die im Widerspruch zu einer Billigkeitsregelung der Verwaltung steht. Es verstößt nicht gegen Art. 20 GG, daß der Gesetzgeber die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung, nach der § 5 Nr. 3 GrStG 1951 unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Wohneinheiten in bestimmten Wohnstiften angewendet werden konnte, nicht in das Grundsteuergesetz 1973 übernommen hat.

 

Normenkette

GrStG 1951 § 5 Nr. 3; GrStG 1973 § 5 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b; GG Art. 3, 20

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 04.04.1984; Aktenzeichen 1 BvR 1139/82, 1 BvR 1347/83, 1 BvR 1348/83)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein, ist Eigentümer eines Altenwohnheims. Das Wohnheim umfaßt neben zwei Personalwohnungen, fremdgewerblich genutzten Räumen und Gemeinschaftsräumen 90 Zweizimmerappartements mit einer Wohnfläche von 36 qm zuzüglich einer Loggia mit 5,70 qm (Typ B 1) und 122 Einzimmerappartements, darunter 7 mit einer Wohnfläche von 33 qm zuzüglich einer Loggia mit 2,20 qm (Typ A 2) und 45 mit einer Wohnfläche von 31 qm zuzüglich einer Loggia mit 6,10 qm (Typ A 3). Die Appartements sind von den Hausfluren aus durch eine abschließbare Tür mit Klingelanlage zu erreichen. Sie bestehen aus einem bzw. zwei Zimmern, Bad und WC, Flur und Loggia. In den Appartements Typ A 2 ist neben dem Flur (6,76 qm), dem Bad mit WC (3,73 qm) und dem Wohn-Schlafraum (19,58 qm) ein weiterer vom Wohn-Schlafraum mit einer Tür abgetrennter Raum (2,95 qm) vorhanden, der ein 90 × 70 cm großes Oberlichtfenster besitzt. In diesem Raum sind ein 45 cm breites Spülbecken mit Kalt- und Warmwasseranschluß und daneben eine 105 cm breite Arbeitsplatte eingebaut. Darunter befindet sich ein 90 cm breiter Unterschrank mit zwei Flügeltüren. Hinter der rechten Tür ist der Abwasseranschluß eingebaut, die linke Tür verschließt ein durch ein Einlagebrett unterteiltes Schrankfach. Über der linken Tür befindet sich eine Schublade. In der Mitte der Arbeitsplatte liegt eine 32 cm breite Kochplatte mit zwei Brennstellen auf, die mittels einer Kippvorrichtung an die Wand geklappt werden kann. Vergleichbare Räume mit im wesentlichen gleicher Ausstattung befinden sich in den Appartements des Typs B 1 und A 2. Im Appartement des Typs B 1 ist jedoch der zusätzliche Raum lediglich durch einen Vorhang vom Wohnraum abgetrennt. Der Raum liegt an der dem Fenster gegenüberliegenden Seite und besitzt keine natürliche Belichtung. Er wird künstlich über einen Abluftschlauch entlüftet. Zu jedem Appartement gehört eine rd. 1 cbm große Kofferbox im Keller. Der Anschluß von Elektrovollherden in den Appartements ist aus technischen Gründen nicht möglich. Die in dem Altenheim untergebrachten Personen sind größtenteils hilfsbedürftig. In dem Pensionspreis ist das Mittagessen enthalten. Frühstück und Abendessen werden auf Wunsch gereicht. Die Hausordnung, die Bestandteil der mit den Bewohnern abgeschlossenen Beherbergungsverträge ist, bestimmt u.a., daß die Küchenelemente der Appartements lediglich der Zubereitung kleinerer Mahlzeiten dienen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) stellte durch Wert- und Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 29.Juli 1977 den Einheitswert auf den 1.Januar 1976 für das gemischtgenutzte Grundstück auf … DM fest. Er erfaßte dabei lediglich die Personalwohnungen und die fremdgewerblich genutzten Räume. Durch Wert- und Artfortschreibungsbescheid vom 22.Mai 1978 schrieb das FA den Einheitswert zum 1.Januar 1978 auf … DM fort und stellte die Grundstücksart Mietwohngrundstück fest. Hiergegen hat der Kläger Sprungklage erhoben, der das FA zugestimmt hat.

Durch berichtigten Wert- und Artfortschreibungsbescheid vom 31.März 1980 hat das FA den Einheitswert auf den 1.Januar 1978 auf … DM herabgesetzt. Es erfaßte nunmehr die fremdgewerblich genutzten Räume, die Personalwohnungen sowie 9 Einzimmerappartements des Typs A 2, 45 Einzimmerappartements des Typs A 3 und 90 Zweizimmerappartements des Typs B 1. Die Einzimmerappartements der Typen A 1 und A 4 sowie die vorhandenen Verwaltungs-, Gemeinschafts- und Betreuungsräume und die sonstigen Räume nahm es von der Bewertung aus.

Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt, den geänderten Einheitswertbescheid vom 31.März 1980 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die Wert- und Artfortschreibungsbescheide vom 22.Mai 1978 und vom 31.März 1980 auf. Nach seiner Auffassung war für die Ein- und Zweizimmerappartements im Gebäude des Klägers ebenso wie für die Gemeinschaftsräume gemäß § 19 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) ein Einheitswert nicht festzustellen, weil einheitswertabhängige Steuern nicht geschuldet werden. Der Grundbesitz des Klägers sei mit Ausnahme der gewerblich genutzten Räume und der beiden Bedienstetenwohnungen von der Grundsteuer befreit. Bei den einzelnen Appartements handele es sich nicht um Wohnungen i.S. des § 5 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG), weil in ihnen die Führung eines selbständigen Haushalts wegen Fehlens einer Küche bzw. eines Raumes mit Kochgelegenheit nicht möglich sei. Dies gelte nicht nur für die Appartements vom Typ B 1, sondern auch für die Einzimmerappartements des Typs A 2 und A 3, und zwar im Hinblick auf die geringe Wohnfläche und auf das Fehlen von Abstellmöglichkeiten. Darüber hinaus fehle es jeweils an einem ausreichend großen Abstellraum.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 5 Abs. 2 GrStG. Seiner Ansicht nach hat sich das FG zur Begründung seiner Entscheidung zu Unrecht auf Bestimmungen der Bayerischen Bauordnung berufen. Die vorhandenen Kücheneinrichtungen reichten zur Führung eines selbständigen Haushalts aus. Das FG habe ferner nicht hinreichend berücksichtigt, daß nach den örtlichen Verhältnissen (z.B. Appartementhochhäuser in Großstädten) geringere Wohnflächen durchaus üblich seien.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Seiner Ansicht nach können die streitbefangenen Appartements nicht als Wohnungen i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG angesehen werden, weil es nicht möglich sei, in ihnen auf Dauer einen selbständigen Haushalt zu führen. Die vorhandenen Kücheneinrichtungen seien nur zur Zubereitung von Nebenmahlzeiten bestimmt und geeignet. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf Art.59 Abs. 5 der Bayerischen Bauordnung, aus der sich ergebe, daß Kochnischen funktionsfähig und deshalb ausreichend groß und sinnvoll angeordnet sein müßten, um die Funktion einer Küche vollwertig übernehmen zu können. Daran fehle es aber im Streitfall. Nach Auffassung des Klägers entsprechen die Appartements auch nicht den in den Planungsempfehlungen für Altenwohnungen, Wohnungen in Altenwohnheimen und Wohnplätzen in Altenheimen vom 26.Februar 1973 (Bundesanzeiger –BAnz– 1973 Nr.49 S.5) gestellten Anforderungen. Das gleiche gelte hinsichtlich der DIN-Vorschrift 18022.

Der Kläger ist ferner der Ansicht, § 5 Abs. 2 GrStG sei verfassungswidrig soweit er sich auf Wohneinheiten in Altenheimen und Altenwohnheimen beziehe. Er macht dazu unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 20.Juni 1975 III R 126/73 (BFHE 116, 394, BStBl II 1975, 838) insbesondere geltend, daß das Wohnen in Altenheimen und Altenwohnheimen gerade Voraussetzung dafür sei, daß der steuerbegünstigte Zweck der Unterstützung und Förderung hilfsbedürftiger Personen überhaupt verwirklicht werden könne. Aus diesem Grund könne die Aufnahme in ein Altenheim nicht ohne weiteres der Anmietung einer sonstigen Wohnung gleichgestellt werden. Hinzu komme, daß der Kläger gleichzeitig auch die allgemeine Betreuung der Heimbewohner, insbesondere in Krankheitsfällen, übernommen habe. Außerdem könne nicht übersehen werden, daß Altenheime bzw. Altenwohnheime grundsätzlich steuerbegünstigte Zweckbetriebe i.S. der §§ 65, 68 Nr. 1 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) seien. Es sei daher willkürlich und würde gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, wenn man die Wohneinheiten in einem Altenheim bzw. einem Altenwohnheim mit Mietwohnungen und Eigentumswohnungen außerhalb eines Heimes vergleichen würde. Darüber hinaus würde es zu Ungleichbehandlungen und zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG führen, wenn in ein und demselben Altenheim bzw. Altenwohnheim die Bewohner eines bestimmten Appartementtyps von der Grundsteuerbelastung freigestellt würden, weil das Appartement eine Kochnische habe, die im Gegensatz zu der eines anderen Appartements nicht belüftet sei, während die Bewohner des letzteren Appartementtyps mit der Grundsteuer belastet würden.

Darüber hinaus baue § 5 Abs. 2 GrStG 1973 soziale Errungenschaften ab; denn nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 18.Februar 1957 an den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband e.V. in Frankfurt (abgedruckt in: Der Betrieb –DB– 1957, 594) sei § 5 Nr. 3 GrStG a.F. auch in den Fällen angewendet worden, in denen Heiminsassen in den Heimen der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtsverbände und der ihnen als Mitglieder angeschlossenen Körperschaften und Personenvereinigungen nicht nur ein einzelner Wohnraum, sondern auch eine Wohneinheit von ein oder zwei Zimmern mit Nebengelaß übertragen worden sei. Soweit § 5 Abs. 2 GrStG 1973 eine andere Regelung treffe, verstoße er gegen die Sozialstaatsklausel des Art. 20 GG.

Eine zusätzliche Belastung der Heimkosten mit Grundsteuer müsse zwangsläufig zu einer weiteren Erhöhung der Heimkosten- und Pflegesätze führen. Dies würde für viele Rentner eine oft kaum mehr zu tragende Belastung darstellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Die streitbefangenen Appartements sind nicht schon allein deshalb von der Grundsteuer befreit, weil der Kläger nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG) und der Grundbesitz unmittelbar für diese Zwecke verwendet wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf seine Ausführungen unter Abschn.1. a) seines Urteils vom 30.April 1982 III R 33/80 (BFHE 136, 293, BStBl II 1982, 671).

2. Bei den streitbefangenen Appartements handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um Wohnräume i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG, sondern um Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG).

Das GrStG erläutert den Begriff der „Wohnung” nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Bewertungsrecht ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, daß sie die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen (vgl. insbesondere Urteil vom 24.November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). In gleicher Weise ist grundsätzlich auch der Begriff Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG auszulegen.

Die Entscheidung im Streitfall erfordert jedoch nicht, abschließend zu erörtern, welche Voraussetzungen im einzelnen gegeben sein müssen, um eine Mehrheit von Räumen als Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG ansehen zu können. Nach dem Urteil des Senats in BFHE 136, 293, BStBl II 1982, 671 läßt der Begriff Wohnung die Auslegung zu, daß ein abgeschlossenes Appartement, das sich in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim mit Gemeinschaftsverpflegung befindet, jedenfalls dann noch eine Wohnung darstellt, wenn es aus mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 20 qm besteht und es eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten, aufweist. Nach Auffassung des Senats ist bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen eine Haushaltsführung in einem Altenheim oder Altenwohnheim auf Dauer möglich. Diese Auslegung des Senats entspricht dem Gesamtplan des Gesetzes, auch Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, der zugleich aber Wohnzwecken dient, nur ausnahmsweise von der Grundsteuer zu befreien. Daß der Gesetzgeber den Rahmen der Befreiung eng gezogen wissen will, ergibt sich u.a. daraus, daß selbst Bereitschaftsräume, bei denen es sich gerade nicht um Wohnungen i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG handelt und die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 GrStG grundsätzlich grundsteuerbefreit sind, immer dann der Grundsteuer unterliegen, wenn sie zugleich die Wohnung des Inhabers darstellen. Wegen der Begründung im einzelnen, insbesondere zu der Frage, warum nach der Verkehrsauffassung an Größe und Ausstattung einer Wohnung in einem Altenheim oder Altenwohnheim geringere Anforderungen zu stellen sind, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil in BFHE 136, 293, BStBl II 1982, 671 (Abschn. 3).

Die streitbefangenen Appartements weisen aber eine größere Mindestgrundfläche auf als die im Fall des Urteils in BFHE 136, 293, BStBl II 1982, 671. Die Ausstattung ist zumindest vergleichbar.

3. Die vom Kläger vorgetragenen Einwände sind unbegründet.

a) Der Kläger beruft sich zur Begründung seiner Auffassung ohne Erfolg auf Art. 59 Abs. 5 der Bayerischen Bauordnung, auf die DIN-Normen sowie auf die Planungsempfehlungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Entgegen der Auffassung des Klägers ist Art. 59 Abs. 5 der Bayerischen Bauordnung (nunmehr Art. 46 Abs. 4 i.d.F. der Bekanntmachung vom 2.Juli 1982; Gesetz- und Verordnungsblatt –GVBl– 1982, 419) nicht einschlägig. Für Altenwohnungen und Wohnungen in Altenwohnheimen galten eigene Planungsempfehlungen, die teilweise andere Regelungen enthalten als das Zweite Wohnungsbaugesetz (II.WoBauG) und die Bauordnungen der Länder. Jedoch bilden auch diese Empfehlungen ebenso wie die DIN-Normen nur einen Anhaltspunkt und sind jeweils im Zusammenhang mit anderen, die Verkehrsauffassung bestimmenden Faktoren zu würdigen.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist § 5 Abs. 2 GrStG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG vereinbar.

Die Prüfung der Gerichte, ob ein Gesetz gegen Art. 3 GG verstößt, beschränkt sich darauf, ob die in dem Gesetz enthaltene Regelung willkürlich ist oder ob ein sachgerechter Grund dafür besteht (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 23.Oktober 1951 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14, 52, und vom 20.Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, 26). Die Heranziehung von Wohnungen in Altenheimen bzw. Altenwohnheimen ist nicht willkürlich. Der Senat weist insoweit darauf hin, daß im II.WoBauG (vgl. §§ 82, 92 und 92a) für Wohnungen besondere Regelungen für die Grundsteuervergünstigung geschaffen worden sind. Da diese (allerdings zeitlich befristete) Vergünstigung grundsätzlich für alle Wohnungen gilt, war es nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 GrStG Wohnungen ganz allgemein von der Grundsteuerbefreiung ausgenommen hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein Vergleich der streitbefangenen Wohnungen mit in anderen Wohngebäuden befindlichen Wohnungen geboten, deren Mieter sich im Rentenalter befinden, pflegebedürftig sind oder nur geringe Einkünfte haben. Es unterliegen die Wohnungen in Mietwohngrundstücken der Grundsteuer ohne Rücksicht darauf, ob die Bewohner minderbemittelten oder hilfsbedürftigen Bevölkerungskreisen angehören. Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht entscheidungserheblich, daß es sich bei dem Wohnstift des Klägers um einen Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 und 68 AO 1977 handelt.

Der Kläger ist ferner zu Unrecht der Meinung, innerhalb desselben Gebäudes könne eine Aufteilung in einen steuerfreien und einen nichtsteuerfreien Teil nicht erfolgen (vgl. insbesondere § 8 GrStG). Unberührt hiervon bleibt die Frage, ob auch die übrigen, kleineren Appartements grundsteuerpflichtig wären. Dies ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

c) Auf das BMF-Schreiben vom 18.Februar 1957 (a.a.O.) kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Dabei kann der Senat unerörtert lassen, ob diese Verwaltungsanweisung mit § 5 Nr.3 GrStG 1951 in Einklang stand. Entscheidend ist, daß in dem im Streitfall anzuwendenden GrStG 1973 im Unterschied zum GrStG 1951 mit § 5 Abs. 2 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung enthalten ist, wonach Wohnungen stets grundsteuerpflichtig sind. Darin, daß der Gesetzgeber die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung nicht in das GrStG 1973 übernommen hat, ist entgegen der Ansicht des Klägers ein Verstoß gegen Art. 20 GG nicht zu sehen. Aus dem Sozialstaatsprinzip folgt nicht, daß der Gesetzgeber gehalten ist, von einer gesetzlichen Regelung abzusehen, die im Widerspruch zu einer Billigkeitsregelung der Verwaltung steht.

Ein Verstoß gegen Art. 20 GG wird ferner nicht dadurch begründet, daß die Wohnungen an Personen mit regelmäßig geringen Einkünften vermietet werden und die Belastung der Appartements mit Grundsteuer möglicherweise zu einer Erhöhung der Heimkosten- und Pflegesätze führen wird. Es ist nicht Sache der Gemeinden, durch Verzicht auf die Grundsteuer die Mietpreisgestaltung und damit auch den Pensionspreis allgemein zugunsten der Stiftsbewohner zu beeinflussen (vgl. Deutscher Bundestag, BTDrucks VI/3418 S.81 zu § 5 GrStG).

4. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Die Klage gegen den Wert- und Artfortschreibungsbescheid vom 22.Mai 1978 und gegen den geänderten Wert- und Artfortschreibungsbescheid vom 31.März 1980 war abzuweisen. Die Grundsteuermeßbescheide vom 22.Mai 1978 und vom 31.März 1980 waren aufgrund der Vorentscheidung nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1934953

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