Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung der aus der Forstwirtschaft herrührenden Pensionslasten bei der VSt-Veranlagung zum 1. Januar 1974

 

Leitsatz (NV)

1. Bei der VSt-Veranlagung zum 1. Januar 1974 können aus der Forstwirtschaft herrührende Pensionslasten auch nicht insoweit abgezogen werden (§ 118 BewG), als nach § 55 Abs. 6 und 7 BewG ein Festwert von 50 DM je Hektar anzusetzen ist.

2. Bei einer im Jahre 1983 - verspätet - eingelegten unselbständigen Anschlußrevision kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr im Hinblick darauf gewährt werden, daß der BFH seine Rechtsprechung zur Frist 1981 geändert hat.

 

Normenkette

BewG § 36 Abs. 1-2, § 55 Abs. 6-7, § 104 Abs. 4, § 118 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; FGO §§ 56, 155; ZPO § 556

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Streitig ist bei der VSt-Veranlagung zum 1. Januar 1974, ob aus der Forstwirtschaft herrührende Pensionslasten vom Gesamtvermögen als Schulden abgezogen werden können.

Der Kl., Revisionsbekl. und Anschlußrevisionskl. (Kl.) besitzt land- und forstwirtschaftliches Vermögen mit Einheitswerten zum 1. Januar 1974 von . . . DM. Davon entfällt auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft B ein Einheitswert von . . . DM. In diesem Einheitswert ist der forstwirtschaftliche Vergleichswert mit . . . DM enthalten. Zum maßgeblichen Stichtag machte der Kl. den Abzug für laufende Pensionszahlungen (einschließlich der Pensionsverpflichtungen nach § 104 Abs. 4 BewG 1974) von . . . DM und Pensionsverpflichtungen von . . . DM geltend. Die begünstigten Personen sind ehemalige und derzeitige Angestellte bzw. deren Hinterbliebene des Forstgutes B.

Der Bekl., Revisionskl. und Anschlußrevisionsbekl. (das FA) versagte hierfür den Schuldabzug beim Gesamtvermögen, da die Lasten im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft stünden und bereits bei der Einheitsbewertung des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt worden seien.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG begründete seine in EFG 1983, 162 veröffentlichte Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Es sei erwiesen, daß in den Normalwerten die Pensionslasten berücksichtigt seien. Insoweit scheitere ein Abzug der Pensionslast an § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BewG, der § 33 Abs. 3 BewG vorgehe. Die Normalwertberechnung enthalte sowohl bei der ertragsabhängigen wie bei den flächenabhängigen Kosten einen Verwaltungskostenanteil von 60 v. H., wovon 20 v. H. auf Pensionslasten entfielen. Für die Flächen, für die nach § 55 Abs. 6 und 7 BewG ein Festwert von 50 DM je ha anzusetzen sei, könne nicht festgestellt werden, inwieweit in ihm Pensionslasten enthalten seien, so daß insoweit ein Abzug beim Gesamtvermögen vorzunehmen sei.

Hiergegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des FA.

Das FA rügt Verletzung von § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und Nr. 2 Satz 2 BewG sowie von § 55 Abs. 6 und 7 BewG. Es beantragt, die Entscheidung des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kl. hat unselbständige Anschlußrevision eingelegt. Er beantragt den vollen Abzug der Pensionsverbindlichkeiten bei der Ermittlung des Gesamtvermögens und die Festsetzung der Vermögensteuer auf . . . DM.

Das FA beantragt, die Anschlußrevision des Kl. als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und Nr. 2 Satz 2 BewG können zur Ermittlung des Werts des Gesamtvermögens von dem Rohvermögen Lasten aus laufenden Pensionszahlungen und Pensionsverpflichtungen, die mit einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur abgezogen werden, wenn sie nicht bereits im Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt worden sind. Damit gelten für laufende Pensionsverpflichtungen und Pensionsanwartschaften die gleichen Grundsätze. Entscheidend ist deshalb im Streitfall, ob solche Verbindlichkeiten bei der forstwirtschaftlichen Nutzung ganz allgemein zur Ermittlung des Ertragswerts zum Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) berücksichtigt worden sind (§ 36 Abs. 1 BewG).

Für die Entscheidung des Streitfalls ist § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 BewG i. d. F. des Art. 2 Nr. 25 des Vermögensteuer-Reformgesetzes (VStRG) 1974 (BGBl I 1974, 949, BStBl I 1974, 233) maßgebend. Entgegen der Auffassung des FG kann diese Vorschrift nicht dahin verstanden werden, daß Pensionslasten der forstwirtschaftlichen Nutzung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft insoweit bei der Ermittlung des Gesamtvermögens des Betriebsinhabers berücksichtigt werden können, als sie nicht im Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt sind. Dagegen sprechen sowohl die unterschiedliche Wortwahl in § 118 BewG (,,soweit" bei gewerblichen Betrieben des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BewG und ,,wenn" bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft) als auch die Entstehungsgeschichte. Mit Urteil vom 15. März 1968 III 81/63 (BFHE 93, 310, 312, BStBl II 1968, 766) hat der BFH entschieden, daß der Kapitalwert von laufenden Pensionszahlungen an frühere Arbeitnehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bei der Ermittlung des Gesamtvermögens des Betriebsinhabers nicht abgezogen werden kann, wenn die Pensionszahlungen bei der Einheitsbewertung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in die Berechnung des nachhaltigen Ertrags einbezogen worden sind. Der Wortlaut des damals noch anzuwendenden § 74 Abs. 1 Nr. 2 BewG i. d. F. vor dem Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes 1965 (= BewG a. F.) enthalte diese Einschränkung zwar nicht; sie ergebe sich aber aus § 73 Abs. 3 BewG a. F. Nach Ergehen dieser Entscheidung wurde § 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG 1965 durch das VStRG 1974 dahin gefaßt, daß Lasten aus laufenden Pensionszahlungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bei der Ermittlung des Gesamtvermögens vom Rohvermögen nur dann abgezogen werden können, ,,wenn" sie nicht bereits im Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt worden sind. Der kausale Zusammenhang dieser Neufassung mit dem Urteil in BFHE 93, 310, BStBl II 1968, 766 bestätigt damit die sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebende Folgerung, daß das Wort ,,wenn" nicht im Sinn von ,,soweit" verstanden werden kann.

Maßgebende Grundlage für den Ertragswert forstwirtschaftlicher Nutzung ist der objektive Reinertrag eines Betriebs. Darunter ist der bei ordnungsmäßiger und schuldenfreier Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften gemeinhin und nachhaltig erzielbare Reinertrag zu verstehen (§ 36 Abs. 2 BewG). Dabei sind Pensionszahlungen und Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen grundsätzlich Bestandteil des betrieblichen Aufwands. Sie sind der wirtschaftlichen Ertragsbedingung ,,Preise und Löhne" des § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG zuzurechnen. Zu Recht führt das FG aus, daß es sich bei diesem Aufwandsposten entgegen der Auffassung des Kl. nicht um Geldschulden i. S. von § 33 Abs. 3 Nr. 2 BewG handelt, die bei der Einheitsbewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern um Kosten der Bewirtschaftung. Diese sind als Rechengröße in das Ertrags-Aufwandsgefüge der forstwirtschaftlichen Nutzung zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 eingegangen.

Sie sind nach § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG bei der Ermittlung der Ertragsfähigkeit als Kostenfaktor zu berücksichtigen, falls deren Gegendüblichkeit festgestellt werden kann. Zur Ausfüllung dieses Norminhalts bediente sich der BMF des Bewertungsbeirats, dessen Tätigkeit der Sicherung der Gleichmäßigkeit der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens dient (vgl. Rössler / Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 63 BewG Anm. 2). So hat er u. a. die Aufgabe, Vorschläge zu machen, für die durch Rechtsverordnung festzusetzenden Normalwerte der forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 65 Nr. 3 BewG). Er ist dazu berufen, gesetzliche Vorgaben auszufüllen. Die aus dessen breitgestreuten Erhebungen letztlich in die Bewertungsrechnung eingegangenen Ertragswertkomponenten stellen nach Auffassung des Senats normkonkretisierende Tatbestandsmerkmale dar, die einer Beweiserhebung im Einzelfall unzugänglich sind. Nach der vom FG beim BMF eingeholten Auskunft gliedern sich bei der forstwirtschaftlichen Nutzung die Verwaltungskosten nach den Erkenntnissen des Bewertungsbeirats zu 67 v. H. in persönliche Verwaltungskosten, zu 13 v. H. in sachliche Verwaltungskosten und zu 20 v. H. in Pensionslasten. Diese Anteile stellen statistische Mittelwerte ausgewählter Forstbetriebe dar, die aus Gründen der Aussagefähigkeit normal strukturiert sind. Dabei ist aus dem Ablauf der Normalwertberechnung eines Bewertungsgebiets ersichtlich, daß neben dem ertragsabhängigen Anteil des Betriebsaufwands dessen flächenabhängigem Anteil entscheidende Bedeutung zukam. Daraus folgt, daß für die Gegendüblichkeit i. S. des § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG hinsichtlich der Belastung mit Pensionsverpflichtungen auf die Belastung der Holzbodenfläche und nicht auf die des einzelnen Betriebs abzustellen ist, wie der Kl. meint. Für die Hauptfeststellung zum 1. Januar 1964 diente als Ausgangsmaterial die Forsterhebung 1961 (Volkszählung und Landwirtschaftszählung 1960/61). Danach betrug die Holzbodenfläche der Bundes- und Landesforsten, der Gemeindeforsten und der Forsten sonstiger Körperschaften, auf denen erfahrungsgemäß Pensionslasten ruhen, rund 56 v. H. der Gesamtholzbodenfläche des Bundesgebiets (vgl. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1964, S. 177). Damit ist die Gegendüblichkeit festgestellt. Das FG zieht aus der Auskunft des BMF zunächst zu Recht den Schluß, daß bei der Ermittlung des Vergleichswerts einer forstwirtschaftlichen Nutzung über Normalwerte (§ 55 Abs. 2 und 3 BewG) Pensionslasten bei der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964 berücksichtigt sind. Der erkennende Senat vermag dem FG jedoch nicht darin zu folgen, dies könne nicht gelten für Flächen, für die nach § 55 Abs. 6 und 7 BewG Festwerte anzusetzen seien. Das FG verkennt hierbei, daß feste Werte dem Grunde nach ihren rechnerischen Ausgangspunkt im Ablauf einer standardisierten Normalwertberechnung haben, wonach sich entweder keine Ertragswerte (mehr) oder solche von weniger als 50 DM / ha ergeben. Dabei ist es nach Auffassung des erkennenden Senats dann unerheblich, ob der Wert von 50 DM / ha in seiner Höhe gegriffen ist (nicht mehr kalkuliert), denn dies hat auf den vorgeschalteten Rechengang, der erforderlich war, um die Ertragslage der forstwirtschaftlichen Nutzungen feststellen zu können, und in den der Lohnaufwand eingegangen ist, keine Auswirkungen. Besonders deutlich wird dies durch die Regelung des § 55 Abs. 9 BewG, wonach Festwerte auch dann anzusetzen sind, wenn sich durch Kürzung von Ertragswerten (Vergleichswerten) um 40 v. H. Beträge von weniger als 50 DM /ha ergeben. Hier zeigt sich, daß der Gesetzgeber ganz allgemein vor der Frage stand, ob Ertragswerte unter 50 DM / ha angesetzt werden sollen, wenn in Fällen geringer Ertragsfähigkeit der Ertragswert im Laufe des Bewertungsganges unter diese Grenze sinkt (vgl. z. B. Abschn. 4.04 Abs. 5 der Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens - BewRL -). Der Grund, von einer solchen Regelung abzusehen, lag in der Unsicherheit, mit der die Bestimmung so geringer Ertragswerte behaftet ist (vgl. Begründung zur Verordnung zur Durchführung des § 55 Abs. 3 und 4 BewG, BRDrucks 205/67, S. 4).

II. Die Anschlußrevision des Kl. ist unzulässig.

Im Streitfall wurde dem Kl. mit Schreiben vom 29. November 1982, abgesandt am 1. Dezember 1982, gilt als zugestellt am 4. Dezember 1982, die Revisionsbegründungsschrift vom 24. November 1982 übersandt und ihm eine Äußerungsfrist bis zum 25. Januar 1983 aufgegeben. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 1982, eingegangen am 5. Januar 1983 und damit verspätet, legte der Kl. unselbständige Anschlußrevision ein und begründete diese.

Dem Kl. kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumnis für die Anschlußrevision nicht gewährt werden. Die ihm zugesandte Revisionsbegründungsschrift mit Frist zur Stellungnahme hatte erkennbar nur Bedeutung für die Stellungnahme zur Revision des FA.

Mit Urteil vom 8. April 1981 II R 4/78 (BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534) hat der BFH unter Aufgabe bisheriger Rechtsprechung entschieden, daß die unselbständige Anschlußrevision innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Revisionsschrift einzulegen und zu begründen ist. Im Entscheidungsfall wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil die damalige Klägerin sich auf die Beständigkeit der bisherigen Rechtsprechung verlassen hatte. Dies trifft für den Streitfall nicht mehr zu. Der Kl. mußte 1983 von der geänderten Rechtsprechung Kenntnis haben, da sie, außer der Veröffentlichung im BStBl, schon frühzeitig in der Literatur erörtert worden war (vgl. Betriebs-Berater 1981, 1083).

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 356

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