Entscheidungsstichwort (Thema)

Überlassung eines Miteigentumsanteils an die Vermieter-GbR der Miteigentümer: Gesellschafterbeitrag oder Leistungsaustausch?

 

Leitsatz (NV)

Der Erwerber eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück kann der aus den Miteigentümern bestehenden Vermieter-GbR seinen Miteigentumsanteil entweder unentgeltlich als Gesellschafterbeitrag oder entgeltlich im Rahmen eines Vertrags besonderer Art (Leistungsaustausch) zur Nutzung überlassen. Im letzteren Falle wird aufgrund der nachhaltigen Nutzungsüberlassung in der Regel Unternehmereigenschaft des Miteigentümers anzunehmen sein.

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Architekt X war zu einem 1/10 Bruchteil Mitinhaber eines Miteigentumsanteils, der mit dem Sondereigentum an einem Geschäftslokal verbunden war (Teileigentum), sowie zu dem gleichen Bruchteil Mitinhaber von zehn Miteigentumsanteilen, die mit dem Sondereigentum an jeweils einem Einstellplatz in der Tiefgarage (Teileigentum) verbunden waren. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 25. September 1985 gemeinsam jeweils den Bruchteil von 1/10 an den oben bezeichneten Teileigentumseinheiten. Der Kaufpreis betrug für alle erworbenen Bruchteile zusammen ... DM; der darin enthaltene Betrag der Umsatzsteuer war im Kaufvertrag gesondert ausgewiesen.

Die Teileigentumseinheiten waren insgesamt vor Fertigstellung des Gebäudes von einem Voreigentümer an die X-AG vermietet worden. Nach dem Mietvertrag sollte der Voreigentümer berechtigt sein, die Vermieterstellung auf einen noch zu benennenden Dritten zu übertragen. Die Miete sollte maximal ... DM betragen. Die Vermieterstellung ging auf die "Grundstücksverwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts ... straße ... " (GV-GbR) über. Gesellschafter der GV-GbR waren die Miteigentümer der Teileigentumseinheiten. Ob auch die Kläger der Gesellschaft beigetreten sind, ist streitig.

Die Kläger legten dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) einen zwischen ihnen und der GV-GbR geschlossenen Mietvertrag vor. Nach diesem Vertrag überließen die Kläger in Anlehnung an den Hauptmietvertrag ihren 1/10 Miteigentumsanteil an den Teileigentumseinheiten der GV-GbR zur Nutzung. Der monatliche Mietzins sollte ... DM betragen; der darin enthaltene Betrag der Umsatzsteuer war mit ... DM gesondert ausgewiesen.

Die Kläger verzichteten auf die Steuer befreiung der Mietumsätze (§ 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980) und auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG 1980. Im Besteuerungsverfahren für das Streitjahr machten die Kläger den im Kaufvertrag gesondert ausgewiesenen Betrag der Umsatzsteuer sowie andere, ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerbeträge geltend. Sie vertraten die Ansicht, sie hätten der GV-GbR ihren Miteigentumsanteil an den Teileigentumseinheiten entgeltlich zur Nutzung überlassen und seien hierdurch unternehmerisch tätig geworden.

Das FA berücksichtigte im Umsatzsteuer bescheid 1985 diese Vorsteuerbeträge nicht. Es setzte -- gestützt auf § 14 Abs. 2 UStG 1980 -- Umsatzsteuer gegen die Kläger mit der Begründung fest, diese hätten im Mietvertrag mit der GV-GbR unberechtigt Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. Das FA vertrat die Ansicht, nicht die Kläger, sondern lediglich die GV-GbR sei als Vermieterin unternehmerisch tätig geworden. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es kam zu dem Ergebnis, die Kläger seien als Gesellschafter der GV-GbR beigetreten. Alle Gesellschafter hätten ihre Miteigentumsanteile an den Teileigentumseinheiten der GV-GbR als Gesellschafterbeitrag zur Nutzung überlassen. Die Kläger hätten keine entgeltlichen Leistungen an die GV-GbR erbracht und seien demgemäß insoweit auch nicht unternehmerisch tätig gewesen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, die auf grundsätz liche Bedeutung sowie Verfahrensmängel gestützt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Die Revision war wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

A. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegt allerdings nicht vor.

Nach Auffassung der Kläger hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung wegen der Fragen, ob

1. der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Teileigentum notwendigerweise den Eintritt in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach sich zieht, deren Gesellschafter der Rechtsvorgänger (Verkäufer) sowie die übrigen Miteigentümer waren bzw. sind und die die Vermieterstellung innehat,

2. der Erwerber eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Teileigentum ohne weiteres gemäß § 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in die Vermieterstellung eintritt,

3. der Umstand, daß der Erwerber eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Teileigentum sich seine (anteilige) Mieteinnahme von einem Dritten garantieren lasse, Bedeutung für die Frage habe, ob dieser Erwerber seinen Miteigentumsanteil der vermietenden Gesellschaft entgeltlich überläßt oder nicht,

4. der Umstand, daß der Mieter den Mietzins anteilig unmittelbar an den Miteigen tümer zahlt, gegen die Annahme spricht, der Miteigentümer überlasse seinen Mit eigentumsanteil entgeltlich der vermietenden Gesellschaft.

Diese von den Klägern bezeichneten Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres aus dem Gesetz und der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beantworten. Es besteht daher kein Bedürfnis an einer Klärung durch eine Revisionsentscheidung (vgl. zur Klärungsbedürftigkeit: BFH-Beschluß vom 21. Juni 1990 V B 27/90, BFHE 161, 201, BStBl II 1990, 801).

Zivilrechtlich tritt der Erwerber eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück (Teileigentum) in die Rechtsstellung des Veräußerers als Teilhaber der Gemeinschaft und Mitvermieter ein (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. I 12; Staudinger/Emmerich, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 571 Rz. 31 a, 2. Bearb. 1981). Haben sich die bisherigen Miteigentümer zwecks Vermietung zu einer GbR zusammengeschlossen, kann der Erwerber des Miteigentumsanteils entweder dieser Gesellschaft beitreten oder in Gemeinschaft mit dieser das Mietverhältnis fortsetzen. In beiden Fällen tritt er zivilrechtlich als Mitvermieter in die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten ein.

Die Vermietungsleistungen werden umsatzsteuerrechtlich von der Gemeinschaft oder der GbR als Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 UStG 1980 ausgeführt (BFH-Urteil vom 25. März 1993 V R 42/89, BFHE 172, 134, BStBl II 1993, 729). Diesem Unternehmer kann der Teilhaber oder Gesellschafter entweder seinen Miteigentums anteil unentgeltlich und gegen Beteiligung am Überschuß oder Gewinn überlassen (d. h. im Falle der GbR als Gesellschafterbeitrag) oder er kann ihm seinen Miteigentumsanteil entgeltlich im Rahmen eines Vertrages besonderer Art (Leistungsaustausch) zur Nutzung überlassen. Im letzteren Fall wird der Miteigentümer aufgrund der nachhaltigen entgeltlichen Nutzungsüberlassung in der Regel als Unternehmer zu beurteilen sein.

Welche dieser rechtlichen Möglichkeiten im Einzelfall vorliegt, ist im wesentlichen Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung. Eine wegen grundsätzlicher Bedeutung klärungsbedürftige Rechtsfrage kann hieraus im allgemeinen nicht abgeleitet werden.

B. Die Revision ist jedoch wegen Vorliegens eines Verfahrensmangels zuzulassen.

1. Allerdings entspricht die von den Klägern ausdrücklich erhobene Rüge, das FG habe gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) verstoßen, nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Wird als Verfahrensmangel geltend gemacht, das Gericht hätte aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht den Sachverhalt näher aufklären müssen, so ist u. a. darzu legen, welche Beweismittel das FG nicht verwendet hat (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120, Rz. 40). Die Kläger haben indessen nur vorgetragen, das FG hätte weiter ermitteln müssen, ob die GV-GbR oder die X-AG (Mieterin) die Zahlungen an sie -- die Kläger -- geleistet hat. Sie haben jedoch nicht dargelegt, welcher sich aufdrängender Beweismittel sich das FG nicht bedient hat.

2. In dem Vorbringen der Kläger steckt aber dem Inhalt nach die Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs. Um eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs schlüssig geltend zu machen, muß dargelegt werden, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Außerdem muß dargelegt werden, daß bei Berücksichtigung des nicht beachteten Sachvortrags eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Ferner hat der Beschwerdeführer vorzutragen, inwieweit er alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich das rechtliche Gehör vor dem FG zu verschaffen (Gräber/Ruban, a. a. O., § 119 Rz. 13, mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

Die Kläger haben vorgetragen, sie hätten auf die Frage des Gerichts, wer die Zahlungen an sie geleistet habe, die GV-GbR angegeben und zum Beweis dessen die Zahlungsbelege vorgelegt. Das FG habe jedoch aus dem Umstand, daß auf den Zahlungsbelegen als Auftraggeber "X-GbR" angegeben war, geschlossen, die Mieterin -- die X-AG -- sei die Zahlende gewesen. Wenn sie -- die Kläger -- sich hierzu hätten äußern können, hätten sie klargestellt, daß unter der Bezeichnung "X-GbR" die GV- GbR zu verstehen gewesen sei. Da das FG die Ablehnung eines Leistungsaustausches mit der GV-GbR auch darauf gestützt habe, daß die Zahlungen von der Mieterin geleistet worden seien, wäre bei Berücksichtigung ihres Vortrags durch das FG eine andere Entscheidung möglich gewesen. Die Rüge dieses Verfahrensmangels sei zu keinem früheren Zeitpunkt als in der Nichtzulassungsbeschwerde möglich gewesen, weil die unzutreffende Deutung durch das FG erst aus den Entscheidungsgründen erkennbar gewesen sei.

Die in diesem Vorbringen liegende Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs ist schlüssig und begründet. Das FG hätte, bevor es die von den Klägern zum Nachweis des Auftraggebers (GV-GbR) vorgelegten Zahlungsbelege in einer für die Kläger nicht vorhersehbaren Weise (X-AG) deutete, den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen.

C. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419986

BFH/NV 1995, 453

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