Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

 

Leitsatz (NV)

1. Wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht für einstweiligen Rechtsschutz kein Rechtsschutzbedürfnis.

2. Zur Frage einstweiligen Rechtsschutzes im Falle von § 284 Abs. 5 Satz 4 AO 1977.

3. Wesentliche Nachteile im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO.

 

Normenkette

FGO § 114 Abs. 1, 3, 5, § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; ZPO § 920 Abs. 1-2; AO 1977 § 284 Abs. 5 Sätze 3-4

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer - Antragsteller - wird als Haftungsschuldner für Körperschaftsteuer (1980/ 81) in Höhe von . . . DM in Anspruch genommen. Nachdem die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen fruchtlos geblieben war, forderte der Antragsgegner und Beschwerdegegner - Finanzamt (FA) - den Antragsteller zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Beschwerde und Klage dagegen blieben ohne Erfolg. Der Antragsteller legte darauf zwar ein Vermögensverzeichnis vor, weigerte sich aber, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Das FA eröffnete dem Antragsteller, aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Finanzgerichts - FG - werde auf der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestanden. Hiergegen erhob der Antragsteller nach erfolglos gebliebener Beschwerde erneut Klage, über die noch nicht entschieden ist. Im vorliegenden Verfahren beantragte er, im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung der Beschwerde und der Klage anzuordnen.

Das FG ging davon aus, daß das Antragsbegehren auf eine einstweilige Anordnung dahin gerichtet sei, daß von dem Verlangen auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung abzusehen sei, und lehnte den Antrag ab, weil es bereits an einem Anordnungsgrund fehle: die Behauptung des Antragstellers, er würde durch die Abgabe der Versicherung an einer weiteren Ausübung seines Berufs als Makler gehindert, so daß ihm nicht wiedergutzumachende Nachteile drohten, reiche nicht aus.

Mit der Beschwerde gegen diese Entscheidung macht der Antragsteller geltend, das FG habe über seinen Antrag nicht entschieden. Die Auffassung des FA, trotz des neuen Sachverhalts, der noch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung gewesen sei, brauche keine Ermessensentscheidung über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung getroffen zu werden, sei unrichtig. Durch die begehrte Anordnung solle vermieden werden, daß der gegen ihn - Antragsteller - erlassene Haftbefehl vollstreckt würde, der auf einem grob ermessensfehlerhaft gestellten Antrag des FA beruhe.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Durch die angefochtene Entscheidung ist das Begehren des Antragstellers abgewiesen worden, auch wenn dieses vom FG abweichend vom Wortlaut - nicht jedoch abweichend vom Sinn des Antrags - aufgefaßt worden ist. Die Vorentscheidung ist nicht zu beanstanden.

Vorläufiger Rechtsschutz käme von vornherein nicht in Betracht, wenn die in dem neuen Klageverfahren und im Antragsverfahren geltend gemachten Gründe bereits in dem abgeschlossenen Klageverfahren zurückgewiesen worden sein sollten. Einer Berufung auf solche Gründe stünde die Rechtskraft des zwischen den Parteien ergangenen FG-Urteils entgegen. Der Antrag könnte jedoch auch dann keinen Erfolg haben, wenn in dem noch laufenden Verfahren neue Einwendungen des Antragstellers geltend gemacht worden sind. In diesem Falle kann eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers grundsätzlich erst nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Einwendungen verlangt werden, § 284 Abs. 5 Satz 3 der Abgabenordnung - AO 1977 -. Im Hinblick auf diese Regelung würde einem Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz das Rechtsschutzbedürfnis fehlen (Senat, Beschluß vom 11. Dezember 1984 VII B 41/84, BFHE 142, 423, 425, BStBl II 1985, 197). Bejaht werden könnte es allenfalls, wenn die Vollstreckungsbehörde gemäß § 284 Abs. 5 Satz 4 AO 1977 die Abgabe der Versicherung vor Eintritt der Unanfechtbarkeit anordnet, weil bereits frühere Einwendungen unanfechtbar verworfen worden sind (Senat in BFHE 142, 423, 427, BStBl II 1985, 197). Ob unter diesem Gesichtspunkt ein Rechtsschutzbedürfnis hier anzuerkennen ist, braucht indessen nicht entschieden zu werden. Ist nämlich davon auszugehen, daß das FA, das sich auf § 284 Abs. 5 Satz 4 AO 1977 beruft, eine entsprechende Anordnung getroffen hat, so ergibt sich die Frage, ob einstweiliger Rechtsschutz nicht über die Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zu suchen ist, mit der Folge, daß eine einstweilige Anordnung, wie sie der Antragsteller durch seinen rechtskundigen Prozeßbevollmächtigten beantragt hat - ausdrücklich und somit nicht umdeutungsfähig (vgl. Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 114 Anm. 84; Senat, Beschluß vom 26. April 1988 VII B 176/87, BFH/NV 1988, 762) -, ausscheidet, § 114 Abs. 5 FGO. Auch diese Frage kann jedoch offenbleiben, weil die begehrte Anordnung, wie vom FG richtig entschieden, jedenfalls wegen Fehlens eines Anordnungsgrundes (§ 114 Abs. 1, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung) nicht erlassen werden könnte. Die hier in Betracht kommende Regelungsanordnung setzt voraus, daß die Regelung aus den in § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO bezeichneten Gründen nötig erscheint. Wesentliche Nachteile oder gleich schwer wiegende andere Gründe, die eine vorläufige Regelung unabweisbar machen (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluß vom 12. April 1984 VIII B 115/82, BFHE 140, 430, 432, BStBl II 1984, 492), sind jedoch nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht worden. Insoweit beruft der Antragsteller sich nur darauf, er würde durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an einer weiteren Ausübung seines Berufs als Makler gehindert. Abgesehen davon, daß dies eine bloße Behauptung ist, die der Antragsteller nicht weiter untermauert hat, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, einen Anordnungsgrund erkennen zu lassen. Es ist nicht ersichtlich, daß Nachteile, die dem Antragsteller durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Maßnahmen zu deren Erzwingung erwachsen könnten, über diejenigen hinausgehen, die einem Vollstreckungsschuldner in gleicher Lage - typischerweise - entstehen. Typisch entstehende Nachteile reichen aber für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht aus.

Mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes braucht nicht geprüft zu werden, ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist. Auf das diesbezügliche - gleichfalls nicht weiter substantiierte - Vorbringen des Antragstellers ist mithin nicht einzugehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 564

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