Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterablehnung

 

Leitsatz (NV)

Allein der Umstand, daß die Richter einem Tatsachenvortrag eines Beteiligten nicht gefolgt sind, bietet keinen Anhaltspunkt dafür, an der Unparteilichkeit der Richter zu zweifeln.

 

Normenkette

FGO § 51

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) lehnte mit Beschluß vom 23. September 1985 die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für einen Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ab. Der Antragsteller lehnte daraufhin mit Schriftsatz vom Oktober 1985 die Richter, die an diesem Beschluß mitgewirkt hatten, wegen Befangenheit ab und führte aus, diese hätten nicht anders urteilen können; sie hätten dann zugegeben, daß sie sich strafbar gemacht hätten. Von Richtern, die ihn, den Antragsteller, verulkt und ihr Amt mißbraucht hätten, könne man keine hundertprozentige Änderung erwarten.

Nach Einholung dienstlicher Äußerungen der abgelehnten Richter und Gewährung rechtlichen Gehörs für den Antragsteller lehnte das FG mit Beschluß vom 8. November 1985 den Befangenheitsantrag mit folgender Begründung ab: Es bestehe kein Anlaß, an der Unparteilichkeit der Richter zu zweifeln. Denn die Richterablehnung diene nicht dazu, dem Antragsteller, weil er meine, daß er keine unerlaubte Hilfe in Steuersachen leiste, es zu ermöglichen, sich seine Richter auszusuchen, indem er gegen sie Strafantrag stelle oder ihnen vorwerfe, sie hätten nicht anders entscheiden können.

Mit Schriftsatz vom 22. November 1985 beantragte der Antragsteller, ihm ,,für diesen ersten Rechtszug die Prozeßkostenhilfe zu bewilligen (Beschwerdeverfahren wegen Ablehnung des Befangenheitsantrags)". Zur Begründung trägt er unter anderem vor: die Richter hätten sich im Termin vom 25. April 1985 strafbar gemacht. Denn es sei ihnen nicht darum gegangen, Recht zu sprechen, sondern lediglich darum, gegen seine Person Repressalien auszuüben, indem sie Behauptungen des Finanzamts (FA) als wahr und seine eidesstattlich versicherten gegenteiligen Behauptungen als unwahr angenommen hätten. Die Richter hätten einen Meineid einfach unterstellt, ohne von Amts wegen ein Strafverfahren gegen ihn, den Antragsteller, einzuleiten. Die Richter hätten gewußt, daß er die reine Wahrheit eidesstattlich versichert habe und diese Wahrheit einfach ignoriert. Das gebe Anlaß, an ihrer Unparteilichkeit zu zweifeln.

Das FA hat sich zu dem Antrag nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluß des FG vom 8. November 1985 3 S 284/85 ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 114 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Bei vernünftiger Beurteilung kann allein aus der Tatsache, daß die Richter einem Tatsachenvortrag des Antragstellers nicht gefolgt sind, nicht der Schluß gezogen werden, an ihrer Unparteilichkeit sei zu zweifeln. Die Richter haben den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und sind an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 FGO). Sie entscheiden nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO). Die Richter sind daher befugt zu entscheiden, daß sie den Vortrag eines Beteiligten für unrichtig halten. Eine solche Entscheidung kann daher bei objektiver Würdigung nicht geeignet sein, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit der Richter zu rechtfertigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414468

BFH/NV 1986, 617

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