Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe für juristische Personen

 

Leitsatz (NV)

Zu den Voraussetzungen der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für juristische Personen.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO §§ 114, 116 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, beantragte beim Bundesfinanzhof (BFH), ihr für das Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe zu gewähren und ihr ihren Prozeßbevollmächtigten als Anwalt beizuordnen. Zur Begründung trug sie vor, sie sei zur Zeit außerstande, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bestreiten. Sie habe gegenwärtig keine Einkünfte, da die Vollziehungsbeamten des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) sämtliche Einrichtungsgegenstände und das Warenlager aus ihren Betriebsräumen abgeholt hätten. Die Rechtsverfolgung sei nicht mutwillig und habe Aussicht auf Erfolg. Sie beantrage Prozeßkostenhilfe, um im Beschwerdeverfahren die Aussetzung der Vollziehung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen des FA zu erreichen.

Nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Vordruck) und dem als Anlage in Fotokopie beigefügten Körperschaftsteuerbescheid 1982 betrug das zu versteuernde Einkommen der Antragstellerin für dieses Kalenderjahr 1 620 DM. Der Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 ist nach dem vorgelegten Bescheid in Höhe von ./. 1 000 DM festgesetzt worden.

Das FA beantragt, den Antrag auf Prozeßkostenhilfe zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

 

Entscheidungsgründe

Dem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das bezeichnete Beschwerdeverfahren kann nicht entsprochen werden.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 116 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine inländische juristische Person - wie die Antragstellerin - oder parteifähige Vereinigung auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlasung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Außerdem muß die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen (§§ 116 Satz 2, 114 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor bzw. sie sind von der Antragstellerin nicht hinreichend dargetan worden.

Die Antragstellerin hat lediglich Gründe dafür vorgetragen, warum sie selbst als juristische Person nicht in der Lage sei, die Kosten des Rechtsstreits zu bestreiten. Auch die von ihr vorgelegten Unterlagen beziehen sich nur auf ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse. Dagegen fehlt jeder Hinweis darauf, ob von ihren Gesellschaftern oder etwa sonstigen am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten die Verfahrenskosten aufgebracht werden können. Da § 116 Nr. 2 ZPO die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für inländische juristische Personen nicht nur von deren eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen, sondern auch von denen der am Verfahren wirtschaftlich Beteiligten abhängig macht, waren Ausführungen hierzu und die Vorlage entsprechender Nachweise geboten.

Ferner setzt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für juristische Personen voraus, daß die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Das bedeutet, daß das Interesse der Allgemeinheit berührt sein muß. Nach dem Beschluß des erkennenden Senats vom 31. Juli 1973 VII R 125/71 (BFHE 110, 176, BStBl II 1973, 851) muß in jedem Falle außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden können. Dabei ist nach dieser Entscheidung an Fälle zu denken, in denen die juristische Person, z.B. eine gemeinnützige Stiftung, an der Erfüllung ihrer der Allgemeinheit dienenden Aufgaben behindert werden würde, wenn der Prozeß nicht durchgeführt werden könnte. Ferner kann das Interesse der Allgemeinheit berührt sein, wenn von der Durchführung des Prozesses die Erhaltung einer großen Zahl von Arbeitsplätzen abhängt (vgl. BFH-Beschluß vom 26. Mai 1982 I B 98-99/81, BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600).

Anhaltspunkte für einen derartigen möglichen Sachverhalt hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Sie lassen sich auch aus den Akten nicht entnehmen. Vielmehr muß nach der Aktenlage davon ausgegangen werden, daß die Unterlassung der Rechtsverteidigung, auch wenn sie zur Einstellung des Betriebs der Antragstellerin führen würde, allenfalls deren Gesellschafter und deren Geschäftsführer, nicht aber eine Vielzahl von Arbeitsplätzen betreffen würde.

Die Antragstellerin hatte im vorliegenden Verfahren darzulegen, daß die Voraussetzungen für die von ihr begehrte Prozeßkostenhilfe gegeben sind. Ein besonderer Hinweis des Gerichts auf diese Darlegungspflicht, deren Umfang sich aus dem Gesetz ergibt, war auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Januar 1983 1 BvR 1036/82, 26/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 31). Da die Antragstellerin die Voraussetzungen des § 116 Nr. 2 ZPO nicht dargelegt hat, war ihr Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abzulehnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413740

BFH/NV 1986, 425

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