Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründetheit einer die Anwendung des § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG betreffenden NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Darlegungslast, wenn die NZB auf den Verfahrensmangel der unterlassenen Augenscheinseinnahme gestützt wird.

2. Zur grundsätzlichen Bedeutung von Rechtsfragen, welche die Anwendung des § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG betreffen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3; BewG § 76 Abs. 3 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kl. sind gesamthänderisch Eigentümer eines im Jahre 1962 errichteten Zweifamilienhauses. Das 1 386 qm umfassende Grundstück befindet sich in bevorzugter Wohnlage. Die Hauptwohnung verfügt nach der Darstellung des FG über eine Wohnfläche von rd. 235 qm:

1. Wohnfläche im Erdgeschoß (einschließlich

eines rd. 50 qm großen Wohnraums) 195,66 qm

2. Hinzuzurechnende Wohnfläche im Kellergeschoß

Schwimmbadraum 48,65 qm

Dusche 2,68 qm

Sauna 4,63 qm

Trinkstube 22,57 qm

78,53 qm

anzurechnen zumindest mit 1/2 39,26 qm

Gesamtfläche 234,92 qm.

Das im Kellergeschoß gelegene Schwimmbecken hat eine Größe von (7 m x 3 m =) 21 qm.

Die Einliegerwohnung im Dachgeschoß verfügt über eine Wohnfläche von rd. 115 qm.

Zum Hauptfeststellungszeitpunkt bewertete das FA das Zweifamilienhaus im Ertragswertverfahren und stellte den Einheitswert auf . . . DM fest.

Nach vorheriger Ortsbesichtigung nahm das FA mit Bescheid vom 7. Mai 1980 eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1980 vor. Es stellte den nunmehr im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswert auf . . . DM fest.

Die nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage, mit der die Aufhebung des Wertfortschreibungsbescheids begehrt wird, hat das FG abgewiesen.

Mit der Beschwerde begehren die Kl. die Zulassung der Revision. Zur Begründung der Beschwerde haben sie vorgetragen, die Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung, von welcher Gesamtwohnfläche ab ein Zweifamilienhaus sich wesentlich von den nach § 76 Abs. 1 BewG zu bewertenden Zweifamilienhäusern abhebe. Grundsätzliche Bedeutung komme auch der Frage zu, ob wohnlich ausgebaute Kellerräume der Wohnfläche einer Wohnung zuzurechnen seien. Schließlich komme gerade wegen der vom FG erwähnten Entscheidung des Senats vom 5. März 1986 II R 146/77 (BFHE 146, 178, BStBl II 1986, 386) auch der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob ein im Keller des Hauses befindliches Schwimmbad, das das äußere Erscheinungsbild des Grundstücks nicht in Richtung ,,gehobener Wohnstil" verändere, bei der Entscheidung über das Wertfindungsverfahren berücksichtigt werden dürfe. Als Verfahrensfehler wird geltend gemacht, das FG habe nicht ohne Einnahme des beantragten Augenscheins entscheiden dürfen, denn es sei nicht auszuschließen, daß die Entscheidung dann anders ausgefallen wäre.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Kl. ist unbegründet.

1. Soweit die Beschwerde auf den Verfahrensmangel der unterlassenen Augenscheinseinnahme gestützt ist, entspricht die Begründung nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Die Kl. haben es unterlassen darzulegen, welche Feststellungen das FG anläßlich einer Augenscheinseinnahme hätte treffen können, die von den ihm vorliegenden Unterlagen abweichen und deshalb zu einer anderen Entscheidung in der Sache hätten führen können.

2. Den einzelnen aufgeworfenen Rechtsfragen kommt entweder keine grundsätzliche Bedeutung zu oder sie sind im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden.

a) Die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Ertragswertverfahrens für Ein- und Zweifamilienhäuser (§ 76 Abs. 1 BewG) ist von der Überlegung getragen, daß es sich bei diesen Häusern meist um kleine, einfach ausgestattete Wohngebäude oder serienmäßig hergestellte Häuser handelt (so schon Senatsurteil vom 12. Februar 1986 II R 192/78, BFHE 146, 96, BStBl II 1986, 320 m. w. N.). Wenn § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG davon abweichend bestimmt, daß das Sachwertverfahren bei der Bewertung von Ein- oder Zweifamilienhäusern anzuwenden ist, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung von den nach § 76 Abs. 1 BewG zu bewertenden Wohngrundstücken unterscheiden, so beruht dies auf der Erwägung, daß sich zwar für die meisten, aber nicht für alle Ein- oder Zweifamilienhäuser eine Jahresmiete verhältnismäßig unschwer ermitteln oder anhand ausreichender Kriterien vermieteter Vergleichsobjekte schätzen läßt (vgl. Senatsurteil in BFHE 146, 178, BStBl II 1986, 386). Aus diesem Normzusammenhang ergibt sich zwangsläufig, daß die Frage, ob ein Zweifamilienhaus nach § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG im Sachwertverfahren zu bewerten ist, nicht anhand der Gesamtwohnfläche zu entscheiden ist, sondern daß auch nur eine die üblichen Größen übersteigende Wohnung das Tatbestandsmerkmal der besonderen Gestaltung erfüllen kann.

b) Das FG hat die im Kellergeschoß ausgebauten Räume der Hauptwohnung zugerechnet. Diese tatsächliche Würdigung greifen die Kl. nicht an. Die in der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, ob diese Räume überhaupt zur Wohnung gerechnet werden dürfen, ist in § 44 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung positiv geregelt. Einer weiteren Klärung bedarf es deshalb nicht.

c) Da das FG jedenfalls aus dem Vorhandensein von größerer Wohnfläche der Hauptwohnung einerseits und des Schwimmbades im Keller andererseits die Anwendung des Sachwertverfahrens als rechtmäßig bejaht hat, könnte die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob ein im Keller belegenes Schwimmbad mit einem Becken von 21 qm für sich allein die Anwendung des Sachwertverfahrens rechtfertigen würde, im Revisionsverfahren nicht entschieden werden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 16

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