Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung bei fehlendem Klärungsbedarf

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S. von § 16 Abs. 1 Nr.2 i.V.m. Abs. 3 EStG ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil mit künftigen Gewinnanteilen aus dem Betrieb der Gesellschaft nicht mehr zu rechnen ist. Diese Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2. Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 20a Satz 4 EStG 1982 greift nach ihrem klaren Wortlaut nur ein, wenn ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto ohne Ausgleichsverpflichtung aus der KG ausscheidet oder wenn die KG insgesamt aufgelöst wird. Sie findet keine Anwendung, wenn das negative Kapitalkonto des Kommanditisten schon zu einem früheren Zeitpunkt wegfällt.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG 1982 § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 52 Abs. 20a S. 4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) waren in den Streitjahren 1982 und 1983 als Kommanditisten an der A-GmbH & Co. KG (KG) beteiligt.

Weitere Kommanditisten der KG waren A und die X-GmbH & Co. KG (X-KG); persönlich haftende Gesellschafterin war die X-GmbH (GmbH).

Die KG wurde im Jahre 1972 gegründet; sie stellte auf einem Grundstück, das dem Gesellschafter A gehört, . . .teile her. Seit 1976 erwirtschaftete die KG ausschließlich Verluste, die sich in den Streitjahren auf 112625 DM (1982) und 43910 DM (1983) beliefen.

Nachdem die KG am 31. Januar 1983 ihr Gewerbe abgemeldet hatte, stellte sie Ende März 1983 ihren Betrieb ein und veräußerte im Verlauf des Jahres 1983 ihre Betriebseinrichtung, deren Buchwert zum 31. Dezember 1982 mit 4583 DM in Ansatz gebracht worden war. Am 10. August 1984 wurde über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet, das am 21. August 1986 aufgehoben wurde. Am 9. März 1987 wurde die KG im Handelsregister gelöscht.

In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für 1982 und 1983 rechnete die KG die Verluste für diese Jahre der GmbH und den Kommanditisten entsprechend dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zu.

Bei der Gewinnfeststellung 1982 stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) den Verlust der KG für 1982 entsprechend der eingereichten Erklärung fest, rechnete diesen Verlust jedoch unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH vom 10. November 1980 GrS 1/79 (BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164) allein der GmbH und dem Kommanditisten A zu. Außerdem löste es die negativen Kapitalkonten der Kläger zum 31. Dezember 1982 gewinnerhöhend auf. Den Verlust des Jahres 1983 rechnete das FA im Gewinnfeststellungsbescheid 1983 vom 14. Januar 1985 allein der GmbH zu. Den Gewinn aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten, für den die Tarifermäßigung der §§ 16, 34 EStG nicht gewährt wurde, ermittelte das FA wie folgt:

Kläger zu 1 Kläger zu 2

Stand der Kapitalkonten am 1. Januar 1982 ./. 352 519,79 DM ./.357 399,66 DM

feste Kapitalkonten + 27 000,00 DM + 27 000,00 DM

Darlehenskonten + 10 225,00 DM + 1 975,00 DM

Stpfl. Gewinn 315 294,79 DM 328 424,66 DM

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, das FA habe den Gewinn der Kläger aus der Auflösung ihrer negativen Kapitalkonten zu Recht als laufenden gewerblichen Gewinn festgestellt. Eine Betriebsaufgabe habe am Bilanzstichtag 31. Dezember 1982 nicht vorgelegen.

Die Gewährung des begünstigten Steuersatzes sei auch nicht nach § 52 Abs. 20a Satz 4 EStG 1982 geboten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes seien im Streitfall nicht erfüllt.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, der das FG nicht abgeholfen hat, machen die Kläger geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Rechtsfrage, ob eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils eines Kommanditisten, dessen Kapitalanteil negativ ist, anzunehmen ist, wenn feststeht, daß ein Ausgleich des negativen Kapitalanteils mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung nicht beigemessen werden, wenn die für den Streitfall maßgebende Rechtsfrage bereits Gegenstand einer Entscheidung des BFH gewesen ist und von einer neuerlichen Entscheidung keine weitere Klärung zu erwarten ist (BFH-Beschluß vom 23. Mai 1986 III B 68/85, BFHE 147, 197, BStBl II 1986, 918 m.w.N.). Zu der von den Klägern als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage hat der BFH bereits in seinem Beschluß in BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164 Stellung genommen. Danach ist der durch den Wegfall des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten entstehende Gewinn ein laufender Gewinn, wenn das negative Kapitalkonto schon vor Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebs der Gesellschaft wegfällt, weil ein Ausgleich mit künftigen Gewinnanteilen nicht in Betracht kommt. Denn in diesem Fall fehlt ein ursächlicher Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Nr.2, Abs. 3 EStG). Diese Auffassung ist durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) nicht überholt. Wenn der BFH in dieser Entscheidung ausführt, ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr.1 EStG setze das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht voraus, so folgt daraus nicht, daß gewerbliche Einkünfte aus der Betätigung der Personenhandelsgesellschaft nicht mehr festgestellt werden dürfen, wenn erkennbar ist, daß Gewinne aus der aktiven Betätigung der Gesellschaft oder aus der Veräußerung ihres Betriebsvermögens im Rahmen der Liquidation nicht mehr entstehen werden. Für das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht ist, wie der BFH in BFHE 141, 405, 434, BStBl II 1984, 705 dargelegt hat, nicht auf den Periodengewinn i.S. des § 4 Abs. 1 EStG abzustellen, sondern auf den Totalgewinn, d.h. auf das Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation. Ist eine Gewinnerzielungsabsicht in diesem Sinne zu bejahen, so erzielen die Gesellschafter einer KG auch dann gewerbliche Einkünfte, wenn sie beschließen, die werbende Tätigkeit einzustellen und das Gesellschaftsvermögen zu liquidieren, weil mit der Erzielung positiver Erträge aus der Tätigkeit der Gesellschaft nicht mehr zu rechnen ist. Der BFH hat dementsprechend entschieden, daß die Gesellschafter einer KG auch noch nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gewerbliche Einkünfte als Mitunternehmer erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 11.Februar 1988 IV R 19/87, BFHE 153, 26, BStBl II 1988, 825). Von einer neuerlichen Entscheidung des BFH über diese Rechtsfrage ist eine weitere Klärung nicht zu erwarten.

2. Die Kläger begehren mit ihrer Beschwerde ferner eine höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage, ob die Übergangsregelung des § 52 Abs. 20a Satz 4 EStG 1982 für Kommanditgesellschaften, deren Betrieb vor dem 1. Januar 1980 eröffnet wurde, jeden Gewinn aus dem Wegfall negativer Kapitalkonten nach §§ 16, 34 EStG begünstigt.

Auch insoweit ist die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gerechtfertigt. Die Rechtsauffassung des FG zu dieser Frage entspricht der klaren Rechtslage und bietet zu Zweifeln keinen Anlaß.

Nach § 52 Abs. 20a Satz 4 EStG 1982 entsteht ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn (§§ 16, 34 EStG), wenn ein Kommanditist, dessen Kapitalkonto aufgrund von ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlusten negativ geworden ist, aus der Gesellschaft ausscheidet oder wenn in einem solchen Fall die Gesellschaft aufgelöst wird. Als Veräußerungsgewinn gilt in diesen Fällen der Betrag, den der Kommanditist nicht ausgleichen muß.

Die Vorschrift gilt insbesondere für die Fälle, in denen außerhalb des Geltungsbereichs des § 15a EStG negative Kapitalkonten beschränkt haftender Mitunternehmer entstanden und steuerlich berücksichtigt worden sind (allgemeine Ansicht, vgl. z.B. Stuhrmann in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetzen, § 15a EStG, Rz.120). Der Gesetzgeber wollte durch § 52 Abs. 20a Sätze 4 und 5 EStG 1982 die bisherige Rechtsprechung des BFH und die darauf beruhende langjährige Besteuerungspraxis gesetzlich absichern (BT-Drucks 8/3648, S. 25, 26). Eine umfassende Regelung aller Fälle des Wegfalls eines negativen Kapitalkontos hat der Gesetzgeber jedoch nicht getroffen. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift greift sie nur ein, wenn ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto ohne Ausgleichsverpflichtung aus der Gesellschaft ausscheidet oder wenn die Gesellschaft insgesamt ohne Ausgleichsverpflichtung des Kommanditisten aufgelöst wird. Keiner dieser Fälle ist hier gegeben. Nach den unstreitigen Feststellungen des FG hat die KG ihre werbende Tätigkeit bis zum 31. März 1983 fortgeführt; zu einer Auflösung der Gesellschaft ist es deshalb frühestens im Jahre 1983 gekommen.

§ 52 Abs. 20a Satz4 EStG 1982 regelt nicht den hier zu beurteilenden Fall, in dem schon vor Auflösung der KG feststeht, daß ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt. In einem solchen Fall ist der durch den Wegfall des negativen Kapitalkontos entstehende Gewinn nach den Grundsätzen der Entscheidung des BFH in BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164 auch nach Inkrafttreten der Übergangsregelung des § 52 Abs. 20a EStG 1982 als laufender Gewinn zum normalen Tarif zu besteuern (Schulze-Osterloh in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 15a Anm.43; Brandt in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 15a Rz.102).

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 421

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