Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen

 

Leitsatz (NV)

Ein Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen setzt u.a. voraus, daß die (teilweise) Nichterhebung der Abgabe geeignet ist, auf die wirtschaftliche Lage des Steuerschuldners einzuwirken.

 

Normenkette

AO 1977 § 227

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Vor dem Finanzgericht (FG) erstrebt der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) Erlaß von Umsatzsteuer 1987 und 1988 im Gesamtbetrag von 13318,75 DM aus persönlichen Billigkeitsgründen.

Schuldnerin der Steueransprüche ist die X-GbR, die ein Holz- und Bautenschutzunternehmen betrieb und mit Vereinbarung vom 16. April 1988 aufgelöst wurde. Danach sollte der Kläger, zuvor schon Geschäftsführer und Vertreter der GbR, den Betrieb ,,alleinverantwortlich" weiterführen und alle im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft notwendigen Handlungen übernehmen. Er verpflichtete sich außerdem, die Gläubiger der GbR zu befriedigen, und stellte seinen ehemaligen Mitgesellschafter von jeglicher Inanspruchnahme frei. Etwaige Zahlungen an die GbR sollten allein ihm zustehen.

Zur Begründung seines Erlaßantrags trug der Kläger vor, seine Existenz sei vernichtet, er verbüße eine Haftstrafe, habe weder Einnahmen noch Vermögen und außersteuerliche Verbindlichkeiten in Höhe von 65095,67 DM. Erlaßbegehren und anschließende Beschwerde blieben ohne Erfolg.

Den bei Klageerhebung gestellten Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) lehnte das FG wegen mangelnder Erfolgsaussichten in der Hauptsache ab: Die Klage sei unzulässig, die Umsatzsteueransprüche beträfen die GbR, nicht den Kläger. Da dieser fachkundig vertreten sei, könne sein Begehren auch nicht mit einen gegen ihn gerichteten Haftungsanspruch bezogen werden.

Mit der Beschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren auf Bewilligung von PKH weiter. Er verweist darauf, daß er wegen der Steuerschulden der GbR als Haftender in Anspruch genommen werde und nach wie vor nicht in der Lage sei, die Außenstände zu begleichen. Er habe keine Zukunftsaussichten und auch nach Beendigung der Haft keine Verbesserung seiner finanziellen Situation zu erwarten. Auf die in diesem Zusammenhang vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das FG das PKH-Begehren abgelehnt.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH sind nicht erfüllt.

Der Senat teilt allerdings nicht die Ansicht des FG, die Klage sei mangels Klagebefugnis des Klägers unzulässig: Sein Klagevorbringen muß im Wege der Auslegung vernünftigerweise auf seine Inanspruchnahme als Haftender (gemäß den §§ 34, 69 der Abgabenordnung - AO 1977 - i.V.m. den §§ 710, 714 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - oder § 191 Abs. 4 AO 1977 i.V.m. den §§ 421, 427 BGB) bezogen werden, wie dies auch Finanzamt und Oberfinanzdirektion angenommen haben. Daß der Haftungsanspruch nicht ausdrücklich zum Gegenstand des Erlaßbegehrens gemacht wurde, steht angesichts der insoweit eindeutigen Sach- und Rechtslage einer solchen Deutung der Verfahrenserklärungen nicht entgegen (zur rechtlichen Möglichkeit, einen Billigkeitserlaß auch schon vor Erlaß eines den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis festsetzenden Bescheids zu beantragen vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 227 AO 1977 Tz.190f; Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 227 AO 1977 Tz.20f.).

Die Verpflichtungsklage wird nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge und bei der hier gebotenen summarischen Prüfung aber wahrscheinlich aus sachlichen Gründen keinen Erfolg haben, weil nämlich die begehrte Billigkeitsmaßnahme nach Aktenlage nicht geeignet ist, auf die wirtschaftliche Lage des Klägers einzuwirken. Nach dessen wiederholtem Vorbringen besteht die Existenzgefährdung unabhängig von der Versagung des Steuererlasses (vgl. zum Erfordernis eines konkreten Zusammenhangs zwischen der Einziehung und den persönlichen Verhältnissen des Steuerschuldners: Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 24. Oktober 1988 X B 54/88, BFH/NV 1989, 285, 286, und vom 12. Juli 1989 X B 111/88, BFH/NV 1990, 213, 214; Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., Tz.326f. m.w.N.), so daß der Kläger, vorerst jedenfalls, auf Maßnahmen des Vollstreckungsschutzes angewiesen bleibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 2 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419135

BFH/NV 1993, 640

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