Leitsatz

Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücks setzt sich nur insoweit an dem zugeteilten Grundstück fort, als dieses in Erfüllung des Sollanspruchs gem. § 56 Abs. 1 S. 1 BauGB zugeteilt wird.

Die Zuordnung des den Sollanspruch übersteigenden ideellen Teils des Grundstücks zum Betriebs- oder Privatvermögen richtet sich nach den allgemeinen Beurteilungskriterien im Ertragsteuerrecht (§ 4 Abs. 1 EStG).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG, §§ 55ff. BauGB

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte seinen Betrieb auf einen seiner Söhne übertragen, dabei aber ein von einem anderen Sohn als Gartenland genutztes Grundstück zurückbehalten. Dieses Grundstück (II) stammte ebenso wie ein anderes Grundstück (III) aus einem Umlegungsverfahren, in das der Landwirt ein kleineres Grundstück (I) eingebracht hatte. Weil die im Rahmen der Umlegung zugeteilten Grundstücke größer als das eingebrachte Grundstück waren, hatte der Landwirt eine Zuzahlung geleistet.

Das FA sah in der Zurückbehaltung des Grundstücks eine Entnahme. Dieser Beurteilung schloss sich das FG (FG München, Urteil vom 22.02.2005, 13 K 1055/98, Haufe-Index 1728494) an, reduzierte aber den Entnahmegewinn u.a. dadurch, dass es die auf das Grundstück II entfallende Zuzahlung im Umlegungsverfahren abzog.

 

Entscheidung

Auch der BFH ging von einer Entnahme aus, allerdings nur im Umfang eines ideellen Teils des Grundstücks, der dem Verhältnis der in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücksfläche zu der insgesamt zugeteilten Grundstücksfläche entspricht.

 

Hinweis

1. Dem Urteil lag der ungewöhnliche Fall zugrunde, dass ein Landwirt im Rahmen eines Umlegungsverfahrens mehr Grundstücksfläche zugeteilt bekommt, als er eingebracht hat. Die baurechtlichen Vorschriften lassen solche Mehrzuteilungen zu. Allerdings muss dann für die Mehrzuteilung ein Entgelt gezahlt werden, das dem Vorgang einen kaufähnlichen Charakter verleiht.

2. Zu beantworten war die Frage, ob und inwieweit die zugeteilten Grundstücke Betriebsvermögen werden, wenn das eingebrachte Grundstück Betriebsvermögen war. Zivilrechtlich sind die zugeteilten Grundstücke Surrogat der eingebrachten Grundstücke. Daraus wird ertragsteuerlich abgeleitet, dass sich die Betriebsvermögenseigenschaft der eingebrachten Grundstücke an den zugeteilten Grundstücken fortsetzt.

3. Dies kann aber nach Meinung des BFH im Besprechungsurteil nur insoweit gelten, als die zugeteilten Grundstücke nicht größer als die eingebrachten Grundstücke sind. Für darüber hinausgehende Grundstücksflächen muss die Betriebsvermögenseigenschaft nach allgemeinen Grundsätzen beurteilt werden. Fehlt es insoweit an den Voraussetzungen für Betriebsvermögen, sind die erhaltenen Grundstücke anteilig als Privatvermögen zu behandeln.

Nach der Vorstellung des BFH kommt es danach nicht etwa zu einer gedanklichen Parzellierung der Grundstücke, wobei eine der eingebrachten Grundstücksflächen entsprechende "Parzelle" dem Betriebsvermögen und der Rest dem Privatvermögen zugerechnet wird. Vielmehr wird der gesamte zugeteilte Grundbesitz ideell teils als Betriebsvermögen und teils als Privatvermögen behandelt. Wird ein Teil dieses Grundbesitzes veräußert oder außerbetrieblich genutzt, kommt es deshalb immer zu einer Realisierung anteiliger stiller Reserven. Dabei ist die Zuzahlung für die Mehrzuteilung als Anschaffungskosten des gesamten zugeteilten Grundbesitzes zu behandeln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.09.2009 – IV R 70/06

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