Rz. 70

In der Literatur wird bei den Überschusseinkünften analog den Gewinneinkünften die Existenz von Einkünfteerzielungsvermögen bejaht.[1] Die Rechtsprechung hat hierzu noch nicht Stellung genommen.[2] Allerdings kann die Rechtsprechung zum Verlust, der Beschädigung oder der Zerstörung eines Arbeitsmittels nur so verstanden werden, dass die Aussage, Veränderungen im Vermögensbereich bei den Überschusseinkünften seien steuerlich unerheblich, für Arbeitsmittel jedenfalls nicht gilt.[3] Nach der Entscheidung des BFH treten Verluste bei Arbeitsmitteln grundsätzlich in der Erwerbssphäre ein, es sei denn, das den Verlust auslösende Ereignis ist dem privaten Bereich zuzuordnen. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auf seine Entscheidung vom 29.4.1983,[4] die den Diebstahl eines nahezu ausschließlich beruflich genutzten Pkw vor dem Haus eines Arbeitnehmers betraf. Der BFH argumentierte folgendermaßen: Bei einem Arbeitsmittel bleibe eine geringfügige Nutzung zu privaten Zwecken außer Betracht. Der Grundsatz, dass Veränderungen im Vermögensbereich bei den Überschusseinkunftsarten steuerlich unbeachtlich seien, gelte nicht für Arbeitsmittel, weil der Gesetzgeber Aufwendungen für ihre Anschaffung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG ausdrücklich als Werbungskosten bestimmt habe. Da in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG ausdrücklich auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG Bezug genommen werde, gelte das auch für § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG mit der Folge, dass eine AfA für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) bei Arbeitsmitteln nur dann privat veranlasst sei, wenn das die Abschreibung auslösende Ereignis dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen sei.[5]

 

Rz. 71

Eine ähnliche Problematik stellt sich bei der Umwidmung von bisher privat genutzten Wirtschaftsgütern. Werden Wirtschaftsgüter, die bisher nicht der Einkünfteerzielung dienten, umgewidmet und nunmehr zur Erzielung von Einkünften genutzt, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Gesamtnutzungsdauer einschließlich der Zeit vor der Umwidmung zu verteilen.[6] Als Werbungskosten kann nur der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden, der der Zeit nach der Umwidmung zuzuordnen ist. Damit gilt der auf den Zeitraum vor der Verwendung als Arbeitsmittel entfallende Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts als abgesetzt (fiktive AfA).

 
Praxis-Beispiel

Ein Steuerpflichtiger benutzt ab dem Jahr 02 seinen Computer, den er Anfang des Jahres 01 für 1.500 EUR erworben hat und ausschließlich für private Zwecke genutzt hat, nur noch beruflich. Bei einer Nutzungsdauer von 3 Jahren beträgt die verbleibende Restnutzungsdauer im Zeitpunkt der Umwidmung noch 2 Jahre. Er kann im Jahr 02 und 03 je 500 EUR als AfA für berufliche Zwecke absetzen.

 

Rz. 72

Ist im Zeitpunkt der Umwidmung das AfA-Volumen durch Ansatz der fiktiven AfA ausgeschöpft, kommt eine weitere AfA nicht in Betracht. Der Betrag, der nach Umwidmung des Wirtschaftsguts zu einem Arbeitsmittel nach Abzug der fiktiven AfA von den Anschaffungskosten einschließlich der Umsatzsteuer verbleibt, kann aus Vereinfachungsgründen im Jahr der erstmaligen Verwendung des Wirtschaftsguts als Arbeitsmittel in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden, wenn er 800 EUR (für Anschaffungen nach dem 31.12.2017) nicht übersteigt.[7]

[1] Vgl. jeweils mit einem Überblick zum Meinungsstand Krüger, in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 9 EStG Rz. 277; Thürmer, in Brandis/Heuermann (vormals Blümich), Ertragsteuerrecht, § 9 EStG Rz. 500 ff., Stand 5/2023.
[2] Vgl. BFH, Urteil v. 18.9.2007, IX R 42/05, BStBl 2008 II S. 26. Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob es Einkünfteerzielungsvermögen gibt.
[5] Vgl. zu diesem Thema auch Thomas, DStR 2004, S. 1274.
[7] Vgl. H 9.12 LStH 2023 Absetzung für Abnutzung mit Verweis auf BFH, Urteil v. 16.2.1990, VI R 85/87, BStBl 1990 II S. 883.

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