Rz. 8

Der Steuerpflichtige hat die betroffenen DV-Systeme im Unternehmen zu identifizieren, anhand derer betriebliche Abläufe abgebildet werden. Die darin enthaltenen Daten sind nach Maßgabe der außersteuerlichen und steuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu qualifizieren (Erstqualifizierung) und für den Datenzugriff in geeigneter Weise vorzuhalten.

Die außersteuerlichen Aufzeichnungspflichten ergeben sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften der §§ 238 ff. HGB sowie den dort bezeichneten Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Weitere außersteuerliche Aufzeichnungspflichten können sich je nach Gesellschaftsform (z. B. aus dem AktG, GmbHG, GenG) oder Branche (z. B. Apothekenvertriebsordnung, Eichordnung) ergeben. Die steuerlichen Aufzeichnungspflichten resultieren neben der Abgabenordnung[1] auch aus Einzelsteuergesetzen.[2]

Aufbewahrungspflichtig sind die außersteuerlichen und steuerlichen Bücher, die Aufzeichnungen und Unterlagen zu Geschäftsvorfällen enthalten sowie alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind.[3] Dazu gehören alle Unterlagen, die dokumentieren, dass die Ordnungsvorschriften[4] umgesetzt wurden und deren Einhaltung überwacht wird.[5]

 

Rz. 9

Bei unzutreffender Qualifizierung der Daten kann der Prüfer im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens verlangen, dass der Steuerpflichtige den Datenzugriff auf diese nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften tatsächlich aufgezeichneten und aufbewahrten Daten nachträglich ermöglicht.[6] Voraussetzung ist allerdings, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Daten steuerlich relevant sind. Ein Recht des Prüfers, alle Unternehmensdaten darauf zu überprüfen, ob sie steuerlich relevant sind, besteht nicht.[7]

 

Rz. 10

 
Hinweis
  • Dieses Nachforderungsrecht der Finanzverwaltung wird in der Literatur heftig kritisiert, da jede Maßnahme zur langjährigen Bereitstellung steuerrelevanter Daten durch ein Unternehmen einen Blick in die Zukunft und eine Annahme darüber beinhaltet, welche Informationen die Außenprüfung zu einem späteren Zeitpunkt benötigt. Eine unzureichende Qualifizierung der Daten sei irreversibel.[8] Dem ist entgegenzuhalten, dass Voraussetzung für eine nachträgliche Bereitstellung von Daten zunächst das Vorhandensein konkreter Anhaltspunkte ist, wonach die angeforderten Daten tatsächlich steuerlich relevant sind. Eine bloße Behauptung seitens des Prüfers wäre insoweit nicht ausreichend. Ferner muss die Finanzverwaltung bei einem an den Steuerpflichtigen gerichteten Verlangen, nachträglich steuerrelevante Daten in elektronischer Form bereitzustellen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderer Weise Rechnung tragen. Wenn die nachträgliche elektronische Bereitstellung dieser Daten für den Steuerpflichtigen mit hohen Kosten verbunden ist, wäre ein derartiges Verlangen möglicherweise ermessensfehlerhaft. Selbst wenn die nachträgliche elektronische Bereitstellung der Daten nur mit geringen Kosten verbunden ist, wäre eine entsprechende Aufforderung ermessensfehlerhaft, sofern die benötigten Daten beispielsweise in Papierform zur Verfügung gestellt werden könnten. Falls ein Steuerpflichtiger deshalb die in die Zukunft gerichtete Qualifikationsentscheidung von steuerlich relevanten Daten nach bestem "Wissen und Gewissen" vorgenommen hat, kann es ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn Jahre später durch die Außenprüfung festgestellt wird, dass noch weitere Daten steuerrelevant sind, die nicht in elektronischer Form bereitgestellt wurden. Etwas anderes gilt, falls der Steuerpflichtige ursprünglich vorgelegene elektronische Daten nicht bereitgestellt hat, die zu dem Kernbereich (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung) der steuerrelevanten Daten zählen.
  • Ferner kann im Einzelfall auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die örtlich zuständigen Betriebsprüfungsstellen unter Hinzuziehung von speziell geschulten Prüfern (DV-Fachprüfer) eine zielführende Lösung gefunden werden, die sowohl den Interessen des Steuerpflichtigen als auch den gesetzlichen Erfordernissen Rechnung trägt. Möglicherweise kann z. B. auf die maschinelle Auswertbarkeit eines Teils der steuerrelevanten Daten verzichtet werden, wenn bezüglich dieser Daten kein Prüfungsbedarf besteht.
 

Rz. 11

Im Anschluss an eine Außenprüfung kann der Steuerpflichtige eine verbindliche Zusage zum zukünftigen Umfang der steuerrelevanten Daten nach §§ 204 ff. AO beantragen. Der Steuerpflichtige muss darlegen, dass er Klarheit über die künftige steuerliche Beurteilung haben möchte, welche Daten dem Datenzugriff unterliegen, weil davon beispielsweise seine Entscheidung abhängt, welche Archivierungsvorkehrungen er treffen muss. Eine verbindliche Zusage kann auch Verfahrensfragen, etwa die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, zum Gegenstand haben.[9] Ob die Kenntnis der künftigen steuerlichen Behandlung für solche Maßnahmen von Bedeutung ist, hat der Steuerpflichtig...

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