OFD Cottbus, 30.04.1998, S 2240 - 2 - St 119

Zu der Frage, wie die Übernahme von betrieblichen Verbindlichkeiten durch das Betriebsunternehmen im Zusammenhang mit der Übertragung von aktiven Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ertragsteuerlich zu behandeln ist, nehme ich unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wie folgt Stellung:

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern unter Übernahme von Verbindlichkeiten ist sowohl bei der Begründung als auch bei einer bestehenden Betriebsaufspaltung nicht steuerneutral möglich. Abweichend von den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen ist die Übernahme von Verbindlichkeiten nur dann kein Entgelt, wenn Vermögensteile eines Gesamtvermögens (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder bei der Realteilung auch einzelne Wirtschaftsgüter) im Rahmen einer Auseinandersetzung auf die Berechtigten verteilt werden, weil in derartigen Fällen – also z.B. bei der Erbauseinandersetzung über einen Betrieb oder bei der Realteilung einer Personengesellschaft – für die Auseinandersetzung der Anteil am Nettovermögen entscheidend ist. Diese Betrachtung kann bei der isolierten Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern nicht angewendet werden; in diesen Fällen gelten die allgemeinen Regeln, nach denen auch die Übernahme von Verbindlichkeiten zum Entgelt zählt.

Nach bisheriger Auffassung ist die – im BFH-Urteil vom 10. Juli 1986 (BFH, Urteil vom 10.07.1986, IV R 12/81, BStBl II 1986, 811) im wesentlichen aus dem Wortlaut des 16 Abs. 2 EStG abgeleitete sog. Einheitstheorie ausschließlich auf die teilentgeltliche Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen anzuwenden (Tz. 35 ff. des BMF, Schreiben vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80). Werden dagegen einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens teilentgeltlich übereignet, so ist der Vorgang nach der sog. Trennungstheorie im Verhältnis des Veräußerungsentgelts zum Teilwert in ein voll entgeltliches und ein voll unentgeltliches Rechtsgeschäft aufzuteilen. Die auf den entgeltlichen Teil entfallenden stillen Reserven sind stets nach den für Veräußerungsgeschäfte geltenden Grundsätzen zu realisieren (Tz. 34 des BMF, Schreibens vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80 sowie Tzn. 66 und 78 des „Mitunternehmererlasses” – BMF, Schreiben vom 20.12.1977, BStBl I 1978, 8).

Beispiel:

A und B sind zu je 50 % am Besitzunternehmen (GbR) und an der Betriebs-GmbH beteiligt. Eines der an die GmbH vermieteten Grundstücke (Buchwert: 1.000, Teilwert 2.500) soll auf die GmbH übertragen werden. Gleichzeitig sollen von der GmbH Verbindlichkeiten übernommen werden und zwar in Höhe von a) 800, b) 1.400 und c) 2.500.

Für die Fallvarianten ergeben sich folgende Lösungen:

Fall a: Teilwert Grundstück 2.500  
  entgeltlich übertragener Anteil 800 (= 32 %)
  unentgeltlich übertragener Anteil 1.700 (= 68 %)
  Teilentgelt 800  
  abzüglich anteiliger Buchwert (32 %) 320  
  Veräußerungsgewinn 480  
       
Fall b: Teilwert Grundstück 2.500  
  entgeltlich übertragener Anteil 1.400 (= 56 %)
  unentgeltlich übertragener Anteil 1.100 (= 44 %)
  Teilentgelt 1.400  
  abzüglich anteiliger Buchwert (56 %) 560  
  Veräußerungsgewinn 840  
       
Fall c: In diesem Fall liegt eine voll entgeltliche Veräußerung vor.

Bei der – unentgeltlichen oder infolge der Übernahme auch von Verbindlichkeiten teilentgeltlichen – Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter muss sichergestellt sein (z. B. durch übereinstimmende Erklärung gegenüber den Finanzämtern), dass Besitz- und Betriebsunternehmen die übertragenen Wirtschaftsgüter für die Besteuerung mit den gleichen Werten ansetzen.

Soweit bisher abweichend von den vorstehenden Rechtsgrundsätzen verfahren worden ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Rechtsgrundsätze erstmals auf Fälle angewendet werden, in denen das wirtschaftliche Eigentum auf die Betriebsgesellschaft nach dem 31. Dezember 1997 übergegangen ist.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG

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