Sachverhalt

Bei der Klage der EU-Kommission gegen Österreich ging es um den Umfang der Bemessungsgrundlage im Bereich der Auslegung von Art. 78 Abs. 1 Buchst. a und Art. 79 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Nach Art. 78 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL sind in die Bemessungsgrundlage die "Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben mit Ausnahme der Mehrwertsteuer selbst" einzubeziehen. Gemäß Art. 79 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL sind "durchlaufende Posten" hingegen kein Teil der Bemessungsgrundlage.

Das österreichische Recht sieht eine sog. Normverbrauchsabgabe (NoVA) vor, die nach Wertung der Kommission eine einmalige Kfz-Zulassungssteuer darstellt. Diese Abgabe wird in bestimmten Fällen in die Bemessungsgrundlage der österreichischen Umsatzsteuer bei Lieferungen von Fahrzeugen einbezogen.

Die Kommission hielt diese Einbeziehung für unvereinbar mit den o. g. Bestimmungen der MwStSystRL. Die NoVA werde mit der Zulassung der Fahrzeuge erhoben und stehe nicht mit deren Lieferung im Zusammenhang. Die Kommission berief sich auf das EuGH-Urteil v. 1.6.2006, C-98/05 (De Danske Bilimportører). Darin hatte der EuGH festgestellt, dass die dänische Kfz-Zulassungssteuer keine Steuer, sondern einen durchlaufenden Posten im Sinne der o. g. Bestimmungen darstellt und folglich nicht in die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer einzubeziehen ist. Österreich machte in dem Verfahren geltend, dass die NoVA als Abgabe im Sinne des Art. 78 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL zu qualifizieren und demnach in die Bemessungsgrundlage der MwSt einzubeziehen sei.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich aus dem Wortlaut von § 1 NoVAG nicht abgeleitet werden kann, dass Entstehungstatbestand der NoVA die Lieferung eines in § 2 dieses Gesetzes definierten Kraftfahrzeugs ist. Die Lieferung eines Fahrzeugs in Österreich setzt nicht zwingend die Zahlung der NoVA voraus. Beim Kauf eines nicht zugelassenen Fahrzeugs zu einem anderen Zweck als der Nutzung im Verkehr wird nämlich in Österreich keine NoVA erhoben. Demzufolge hat nach dem Urteil Österreich gegen Art. 78 MwStSystRL verstoßen, indem es die NoVA in die Bemessungsgrundlage der in Österreich bei der Lieferung eines Kraftfahrzeugs erhobenen MwSt einbezogen hat.

Nach dem Urteil hat die Kommission aber nicht nachgewiesen, dass Österreich auch gegen Art. 79 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL verstoßen hat. Nach dieser Regelung sind Beträge, die ein Unternehmer von seinem Abnehmer oder von seinem Dienstleistungsempfänger als Erstattung der in ihrem Namen und für ihre Rechnung verauslagten Beträge erhält, von der Besteuerungsgrundlage auszuschließen. Die vom Abgabenpflichtigen der NoVA verauslagten Beträge können nach dem Urteil jedoch nicht als im Namen des Abnehmers entrichtet betrachtet werden, auch wenn sie für seine Rechnung entrichtet werden, da § 4 Z 1 NoVAG den Unternehmer als Steuerschuldner identifiziert. Unter diesen Umständen verpflichtet Art. 79 MwStSystRL Österreich nicht, die NoVA von der Besteuerungsgrundlage der MwSt auszuschließen.

Das Urteil ist folgerichtig. Bereits mit Urteil v. 1.6.2006, C-98/05 (De Danske Bilimportører) hatte der EuGH entschieden, dass eine Kfz-Zulassungsabgabe nicht unter den Begriff der Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben iSv. Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie fällt und damit im Ausgangsfall nicht zur Bemessungsgrundlage gehörte. Die Abgabe bildete bei dem Händler lediglich einen steuerneutralen durchlaufenden Posten iSv. Artikel 11 Teil A Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie.

Voraussetzung dafür, dass Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben zur Bemessungsgrundlage gehören, obwohl sie nicht die wirtschaftliche Gegenleistung für die Lieferung eines Gegenstands darstellen, ist nach der EuGH-Rechtsprechung, dass die Abgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lieferung stehen, für die sie entrichtet werden (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 23.11.1988, 230/87 (Naturally Yours Cosmetics), vom 2.6.1994, C-33/93 (Empire Stores) und vom 3.7.2001, C-380/99 (Bertelsmann)).

 

Hinweis

Da in Deutschland keine vergleichbare Abgabe existiert (das deutsche Recht kennt keine Kfz-Zulassungssteuer), hat die EuGH-Entscheidung für das deutsche Umsatzsteuerrecht keine Bedeutung. Die Frage der Einbeziehung einer solchen Steuer in die Bemessungsgrundlage der USt stellt sich somit nicht.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 22.12.2010, C-433/09

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