OFD Frankfurt, 21.9.2011, S 2255 A - 23 - St 218

Die Besteuerung von Rentennachzahlungen richtet sich nach der im Zuflusszeitpunkt (§ 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG) geltenden Fassung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG. Dies bedeutet für Rentennachzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die bis einschließlich 2004 gezahlt werden, die Besteuerung mit dem Ertragsanteil und für Zahlungen ab 2005 die Besteuerung mit dem Besteuerungsanteil, auch wenn die Zahlungen für Zeiträume vor 2005 erfolgen.

 

1. Nachzahlungen, die vor dem 1.1.2005 zufließen

Beispiel:

Der Steuerpflichtige A bezieht ab Mai 2002 (65 Jahre alt) eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 1.000 EUR (brutto). Nach einem längeren Rechtsstreit wird im Jahr 2004 die Rente rückwirkend neu berechnet. A erhält eine Nachzahlung i.H.v. 5.400 EUR (einschließlich der einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) sowie Nachzahlungszinsen i.H.v. 234 EUR. Ab August 2004 betragen die monatlichen Rentenzahlungen 1.200 EUR.

Lösung:

Die Besteuerung sowohl der laufenden Rentenzahlungen als auch der in 2004 erfolgten Rentennachzahlung erfolgt mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG a.F. Der Ertragsanteil beträgt 27 %, da A bei Rentenbeginn im Mai 2002 das 65. Lebensjahr vollendet hatte:

  Einnahmen          
  laufende Rentenzahlungen   7 Monate × 1.000 EUR = 7.000 EUR    
      5 Monate × 1.200 EUR = 6.000 EUR    
        = 13.000 EUR    
  Nachzahlung     5.400 EUR    
        18.400 EUR    
  Ertragsanteil 27 %       4.968 EUR
./. WK-Pauschbetrag         102 EUR
= zu versteuern         4.866 EUR

Die Nachzahlung ist i.H.v. 5.400 EUR × 27 % = 1.458 EUR nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG begünstigt (R 200 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStR 2003).

Die Zinsen, die von der Rentenversicherung mit der Rentennachzahlung geleistet werden, gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG), vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2007, BStBl 2008 II S. 292.

Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Jahr der Nachzahlung als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG a.F. abzugsfähig.

 

2. Nachzahlungen, die nach dem 31.12.2004 zufließen

Beispiel:

Der Steuerpflichtige B bezieht ab Mai 2004 (65 Jahre alt) eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 1.000 EUR (brutto). Nach einem längeren Rechtsstreit wird im Jahr 2006 die Rente rückwirkend neu berechnet. A erhält eine Nachzahlung i.H.v. 5.400 EUR (einschließlich der einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) sowie Nachzahlungszinsen i.H.v. 234 EUR. Ab August 2006 betragen die monatlichen Rentenzahlungen 1.200 EUR.

Lösung:

Sowohl die laufenden Rentenzahlungen als auch die Nachzahlung sind mit dem Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG zu versteuern. Dass ein Teil der Nachzahlung (8 Monate × 200 EUR = 1.600 EUR) für 2004 gezahlt wird, d.h. für einen Zeitraum in dem Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ertragsanteil besteuert wurden, ist unerheblich. Der Prozentsatz beträgt 50 %, da der Rentenbeginn vor 2005 liegt.

Auch die Nachzahlungszinsen sind mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern, da § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG i.d.F. des AltEinkG – im Gegensatz zu § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG a.F. – neben Leibrenten auch andere Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst (Rz. 136 des BMF-Schreibens vom 13.9.2010, ESt-Kartei § 22 Karte 16). Der Prozentsatz bestimmt sich unabhängig vom Jahr der Zahlung der Zinsen nach dem Jahr des Beginns der Leibrente und beträgt somit ebenfalls 50 % (Rz. 161 des BMF-Schreibens vom 13.9.2010, a.a.O.).

Die Nachzahlung führt zu einer Erhöhung des Jahresbetrags der Rente und somit zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente. Da keine regelmäßigen Rentenanpassungen erfolgt sind, kann im Ergebnis der bisherige Prozentsatz auf den tatsächlichen Jahresbetrag der Rente angewandt werden (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Sätze 6 und 7 EStG).

Rentenzeitraum Monatsbetrag Betrag im Zahlungszeitraum
     
Jahresrente 2005 1.000 EUR 12.000 EUR
01.01. – 31.7.2006 1.000 EUR 7.000 EUR
01.08. – 31.12.2006 1.200 EUR 6.000 EUR
Nachzahlung   5.400 EUR
Zinsen   234 EUR
Jahresrente 2006   18.634 EUR
Jahresrente 2007 1.200 EUR 14.400 EUR
    2005 2006 2007
  Jahresrente 12.000 EUR 18.634 EUR 14.400 EUR
  darauf fester Prozentsatz (hier: 50 %) 6.000 EUR 9.317 EUR 7.200 EUR
./. Werbungskosten-Pauschbetrag 102 EUR 102 EUR 102 EUR
= zu versteuern 5.898 EUR 9.215 EUR 7.098 EUR

Der auf die Nachzahlung entfallende Besteuerungsanteil i.H.v. 5.400 EUR × 50 % = 2.700 EUR ist nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG begünstigt (R 34.4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStR 2008).

Die Besteuerung der Nachzahlung mit dem Besteuerungsanteil wurde – auch soweit sie auf Zeiträume vor 2005 entfällt – durch BFH-Urteile vom 13.4.2011, X R 1/10, X R 19/09 und X R 17/10 bestätigt. Entsprec...

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