Leitsatz

Die gesonderte Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart in einer einheitlichen Gewinnfeststellung begründet unabhängig von der Auswirkung auf die ESt-Festsetzungen der Feststellungsbeteiligten eine Beschwer.

Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen.

Ein Angehöriger eines freien Berufs ist auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, die die Arbeit des Berufsträgers in Teilbereichen ersetzt und nicht von untergeordneter Bedeutung ist, solange der Berufsträger aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 3 EStG, § 40 Abs. 2, § 48 Abs. 1 Nr. 2, § 65 Abs. 1 Satz 1, § 126 Abs. 3 und 4 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die beiden Kläger schlossen sich als Diplom-Ingenieure 1992 zu einer GbR zusammen zum Betrieb als Ingenieurbüro für Heizungs-, Klima-, Sanitär- und Elektrotechnik. Die GbR beschäftigte keine weiteren Arbeitnehmer.

Der Kläger zu 2. war ausschließlich für die GbR tätig und übernahm die Leitung und Verantwortung für den gesamten technischen Bereich. Die Ausführung der Gewerke oblag aufgrund eines Kooperationsvertrags der vom Kläger zu 1. als Gesellschafter-Geschäftsführer geleiteten GmbH & Co. KG. Die GbR trat gegenüber den Auftraggebern als Vertragspartnerin auf.

Die Ingenieurleistungen sollte die KG erbringen. Sie hatte die erforderlichen Kosten zu tragen und erhielt dafür einen Anteil von 87,5 % der jeweiligen Gesamtvergütung eines Auftrags. Die KG beschäftigte in den Streitjahren 1994 bis 1997 durchschnittlich 25 Arbeitnehmer, davon neben dem Kläger zu 1. noch 11 Ingenieure bzw. Bauleiter sowie 5 technische Zeichner. Die eigentlichen Ingenieurleistungen wollen die Kläger persönlich erbracht haben, weil keiner der Angestellten der KG hinreichend qualifiziert gewesen sei.

Das beklagte FA erließ nach einer Außenprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderte einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide für die GbR und stellte gewerbliche Einkünfte fest. Die GbR habe eine "Management"-Tätigkeit erbracht, die nicht mehr als Ausfluss der dem Katalogberuf eines Ingenieurs i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu zuordnenden beruflichen Tätigkeit zu werten sei. Zum 01.01.1997 veräußerte die GbR ihren Geschäftsbetrieb.

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig ab. Die begehrte Änderung der festzustellenden Einkunftsart habe nämlich keine konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die gesonderte Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart stelle bereits wegen ihrer bindenden Wirkung (§ 182 Abs. 1 AO) für die Folgebescheide eine Rechtsverletzung i.S.v. § 40 Abs. 2 FGO dar, ohne dass es auf die Wirkungen im Einzelnen ankomme. Mangels ausreichender Feststellungen könne der BFH indes nicht selber abschließend in der Sache entscheiden.

 

Hinweis

1. Veräußert eine GbR ihr Geschäft, so ist sie voll beendet. In einem die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung betreffenden Klageverfahren sind dann nur noch die ehemaligen betroffenen Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt.

2. Ein Gewinnfeststellungsbescheid enthält i.d.R. eine Vielzahl gesonderter Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die, soweit sie eine rechtlich selbstständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbstständigen Schicksals fähig sind, als eigenständiger Gegenstand eines Klagebegehrens i.S.v. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO in Betracht kommen. Auch die gesonderte Feststellung der Einkunftsart der von der Gesellschaft entfalteten Tätigkeit kommt als ein solches Klagebegehren in Betracht.

3. Wird die Einkunftsart unzutreffend festgestellt, also statt freiberuflicher Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb, dann stellt bereits allein diese unzutreffende Zuordnung eine Rechtsverletzung i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO dar.

4. Grundsätzlich ist bei der Anfechtung gesonderter Feststellungen für die Annahme der objektiven Klagebefugnis nicht zu ermitteln, wie sich die begehrte Änderung – im Streitfall der Einkunftsart – auf die Folgebescheide (ESt oder KSt) auswirken würde.

5. Der BFH kann nach § 126 Abs. 4 FGO auch dann in der Sache entscheiden, wenn das FG eine Klage zu Unrecht – z.B. mangels einer Beschwer – als unzulässig durch Prozessurteil abgewiesen hat, indes die Klage nach den vom FG bereits getroffenen Feststellungen zweifelsfrei als unbegründet abzuweisen wäre oder wenn sie sich bei jeder nur denkbaren Fallgestaltung als unbegründet erweist.

6. Allerdings ist dabei die verfassungsrechtliche Garantie des rechtlichen Gehörs zu beachten. Beurteilt nämlich ein FG eine Klage als unzulässig, so entscheidet es über diese, ohne sich mi...

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