Zusammenfassung

Die klassische Zuschlagskalkulation unterscheidet bei den in Vorkostenstellen erbrachten "Vorleistungen" nicht zwischen dem Leistungserbringungsprozess von zeitlich vorgeschalteten, also "echten" Vorleistungen und zeitgleich stattfindenden Hilfsleistungen.

Daraus ergeben sich in der Praxis immer wieder Unschärfen in der verursachungsgerechten Zuordnung echter Vorleistungen, da Vorleistung und Produktion in unterschiedlichen Perioden stattfinden – in der Forschung und Entwicklung existieren die relevanten Kostenträger zum Zeitpunkt der Vorleistung oft noch gar nicht.

Eine an die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Wirtschaftsgüter nach IAS 38 angelehnte "kalkulatorische" Aktivierung von Entwicklungskosten ermöglicht eine periodengerechte Zuordnung von Vorleistungen, ist aber unter pragmatischen Gesichtspunkten mit Vorsicht zu genießen.

Lebenszyklusbetrachtungen wie das Life Cycle Costing und das Target Costing vermeiden diese Unschärfen.

1 Vorleistungskosten in der Kostenrechnung angemessen berücksichtigen

Zweifel an klassischen Methoden

Erfüllen die Methoden der "klassischen" Kostenrechnung noch ihren Zweck der Wirtschaftlichkeitskontrolle und Bewertung der Kostenträger? Die Grundvoraussetzung hierfür besteht schließlich darin, dass die zugrunde liegenden Methoden der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung gewährleisten. Nur dann kann von einer adäquaten Hilfestellung bei der Beantwortung betriebswirtschaftlicher Fragestellungen und Entscheidungen ausgegangen werden.

Weiter­entwicklungen

Besonders bei der Vollkostenrechnung und der darauf basierenden weit verbreiteten Zuschlagskalkulation bestehen diesbezüglich erhebliche Zweifel.[1] Die Verschiebung der Kostenstrukturen von Einzel- zu Gemeinkosten, stärkere Nachfrageorientierung der Märkte, in denen die Preisfindung nach dem Kosten-Plus-Verfahren nicht mehr funktioniert, sowie der Trend hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung von Controlling-Objekten führten deshalb im Laufe der letzten Jahrzehnte zur Etablierung einer Reihe von Weiterentwicklungen der traditionellen Kostenrechnung. Besonders bedeutend im Kontext dieses Artikels sind dabei:

Vor dem Hintergrund dieser neueren Methoden sind weitere Fragestellungen zu sehen:

  • Wie können Vorleistungen wie Forschung & Entwicklung in der Kalkulation sauber abgebildet werden?
  • Eignen sich die erwähnten Methoden dazu, wie sich aus der einen oder anderen Publikation in diesem Zusammenhang schließen lässt?
  • Oder sind hier ganz neue Ansätze vonnöten?

Dies ist besonders vor dem Hintergrund der äußerst signifikanten Kosten von Bedeutung, die z. B. im Bereich F&E anfallen (s. Abb. 1).

Doch zunächst einmal hilft ein kurzer Blick auf die Behandlung von Vorleistungen in der "klassischen" Zuschlagskalkulation weiter.

Abb. 1: F&E-Aufwand und -Quoten ausgewählter Unternehmen im Jahr 2007[2]

[1] Siehe z. B. Coenenberg u. a. (2007), S. 126.
[2] Quelle: Geschäftsberichte 2007 der aufgelisteten Unternehmen.

2 Gemeinkosten in der Kalkulation

Verschiedene Varianten

Eine der größten Herausforderungen der Vollkostenrechnung ist die möglichst verursachungsgerechte Zuordnung der Gemeinkosten. Im Rahmen einer klassischen Zuschlagskalkulation auf Ebene eines Einzelprodukts erfolgt diese wie, in Abb. 2 dargestellt, wobei schon an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Varianten hingewiesen sei (ausführliche Diskussion folgt). Zur Berechnung der Zuschlagssätze werden dabei zunächst in Vorkostenstellen anfallende Gemeinkosten den Endkostenstellen zugeordnet.

Abb. 2: Kalkulationsschemata

2.1 Abgrenzung von produkttyp- und stückzahlabhängigen Kosten

Abgleich der Definitionen

Im hiesigen Zusammenhang von Einzel- und Gemeinkosten ist es sinnvoll, zwei Betrachtungsebenen zu unterschieden, nämlich:

  • einzelne Erzeugnisse bzw. Einzelobjekte sowie
  • die Produktgattung, verstanden als die Summe aller gleichartigen Erzeugnisse, die von einem Typus produziert werden bzw. werden sollen.

Bezogen auf die Einzelobjekte (wie z. B. im Kalkulationsschema) sind Einzelkosten von der Ausbringungsmenge abhängig und somit immer variabel. Dagegen sind F&E-Kosten als Gemeinkosten zu betrachten. Auf Ebene der Produktgattung sieht es anders aus, hier sind wirklich alle produktabhängigen Kosten als Einzelkosten zu betrachten.

Abbildung 3 zeigt die unterschiedlichen Kostentypen schematisch:

  • Feld 1 zeigt die klassischen variablen Einzelkosten, die nicht nur von der Art des Produkts, sondern auch von dessen Ausbringungsmenge abhängig sind. Diese sind auf jeder Ebene der Produkthierarchie als Einzelkosten zu betrachten.
  • In den Feldern 2 und 3 sind die klassischen Gemeinkosten abgebildet, die unabhängig vom Produkt auftreten. Diese können von der Ausbringungsmenge abhängig und somit variabel (Feld 2) oder unabhängig und somit fix (Feld 3) sein.
  • Feld 4 beinhaltet produktabhängige, aber mengenunabhängige Kosten, die klassisch als Gemeinkosten betrachtet werden. Tatsächlich sind sie dies nur auf Ebene des Einzelobjekts. Auf Ebene der Produktgattung handelt es sich dagegen um Einzelkosten.

Vorleistungs­kosten

An dieser Stelle sollten die...

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