Leitsatz

Negative ausländische Einkünfte können bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes auch dann in voller Höhe in Abzug gebracht werden, wenn (negative) außerordentliche Einkünfte vorliegen. Die sog. Fünftel-Regelung für außerordentliche Einkünfte ist folglich lediglich beim positiven, nicht aber beim negativen Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Die Kläger eröffneten in 2006 gemeinsam eine Arztpraxis in der Schweiz. Noch im selben Veranlagungszeitraum veräußerten sie die Praxis wieder und erzielten dabei einen Verlust. Die Kläger waren weiterhin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens konnte der Veräußerungsverlust jedoch nicht mit anderen positiven inländischen Einkünften verrechnet werden. Sie begehrten aber, den Verlust bei der Ermittlung des auf die inländischen Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes in voller Höhe zum Abzug zu bringen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung allerdings die Auffassung, die Fünftel-Regelung in § 32b EStG sei nicht nur auf positive ausländische außerordentliche Einkünfte, sondern auch auf entsprechende negative Einkünfte anzuwenden. Demzufolge könne der Veräußerungsverlust nur zu einem Fünftel bei der Ermittlung des Steuersatzes in Abzug gebracht werden kann.

 

Entscheidung

Das Gericht hat der Klage stattgegeben und entschied, dass Verluste aus der Veräußerung eines ausländischen Betriebs, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Inland nicht verrechenbar sind, bei der Berechnung des negativen Progressionsvorbehalts in voller Höhe zu berücksichtigen sind. Nach § 32b EStG sind ausländische außerordentliche Einkünfte nur zu einem Fünftel bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Zwar werden durch das Tatbestandsmerkmal "Einkünfte" grundsätzlich auch negative Einkünfte erfasst. Voraussetzung für die Anwendung der Fünftel-Regelung ist allerdings das Vorliegen "außerordentlicher" Einkünfte. Nach § 34 Abs. 2 EStG sind außerordentliche Einkünfte stets positiv. Ausweislich der Gesetzesbegründung orientiert sich der Zweck der Vorschrift an der Abmilderung von Progressionshärten, die bei einer Betriebsveräußerung mit Gewinn anfallen können. Eine vergleichbare Situation ergebe sich bei Verlusten allerdings nicht. Mit dieser Auslegung wird eine spiegelbildliche Erfassung inländischer und ausländischer außerordentlicher Einkünfte erreicht.

 

Hinweis

Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az.: I R 34/11). Steuerpflichtige sollten daher bei gleichgelagerten Fällen Einspruch gegen eine nur anteilige Berücksichtigung ausländischer außerordentlicher Verluste bei der Ermittlung des negativen Progressionsvorbehalts einlegen und im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des BFH ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Schon aus europarechtlichen Gründen erscheint es wahrscheinlich, dass sich der BFH der Sichtweise des FG anschließen wird.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 18.03.2011, 4 K 3477/09 E

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