Rz. 107

§ 323 HGB hat ausschl. Bedeutung für gesetzliche Abschlussprüfungen i. S. v. § 316 HGB bzw. bei Anwendung aufgrund eines gesetzlichen Verweises (Rz 10). Auf freiwillige Abschlussprüfungen findet § 323 HGB keine Anwendung (Rz 13), auch nicht im Weg des Analogieschlusses.

 

Rz. 108

Art und Umfang der Haftungsbegrenzung bei freiwilligen Abschlussprüfungen richten sich somit einzig nach den Regelungen im Prüfungsvertrag. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Haftungsbegrenzung, sondern auch für den Prüfungsumfang, der grds. ggü. dem bei einer gesetzlichen Abschlussprüfung eingeschränkt werden kann. In derartigen Fällen ist dann aber lediglich die Erteilung einer Bescheinigung zulässig und nicht mehr die eines Bestätigungsvermerks (§ 322 Rz 183).

 

Rz. 109

Im Regelfall zielt auch eine freiwillige Abschlussprüfung auf die Erteilung eines Bestätigungsvermerks ab. Dann hat diese aber nach dem für gesetzliche Abschlussprüfungen geltenden Umfang zu erfolgen.[1] Die Erteilung eines Bestätigungsvermerks spricht zwar dafür, dass der Abschlussprüfer die Prüfung nach den für Pflichtprüfungen maßgeblichen handelsrechtlichen Regelungen (§§ 316ff. HGB) vorgenommen hat.[2] Gleichwohl ist bei freiwilligen Abschlussprüfungen darauf zu achten, dass der Auftragsumfang und die Auftragsbedingungen – zu denen auch die Haftungsbegrenzung gehört – eindeutig mit dem Auftraggeber abgestimmt werden. Der Berufsstand empfiehlt daher, bei freiwilligen Abschlussprüfungen im Auftragsbestätigungsschreiben den Auftragsumfang entsprechend § 317 HGB zu vereinbaren[3] und eine Vereinbarung zur Haftungsbegrenzung vorzunehmen.[4] In der Praxis werden bei freiwilligen Abschlussprüfungen regelmäßig die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (AAB) und die darin enthaltene Haftungsbegrenzung, die die Haftungshöchstgrenzen des § 323 Abs. 2 HGB aufgreift,[5] verwendet. Berufsrechtlich handelt es sich dabei um eine vertragliche Begrenzung von Ersatzansprüchen nach § 54a Abs. 1 WPO. Von Bedeutung ist auch die nach Nr. 9 Abs. 3 AAB vorgesehene Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen, die – im Unterschied zur Regelung bei gesetzlichen Abschlussprüfungen – binnen zwölf Monaten nach Kenntnis vom Schaden und schadenbegründendem Ereignis geltend zu machen sind.

 

Rz. 110

Da bei freiwilligen Abschlussprüfungen das Sonderrecht des § 323 HGB nicht zur Anwendung kommt, richten sich auch die Folgen i. R. d. Abschlussprüfung auftretenden Pflichtverletzungen nach den vertraglich vereinbarten Regelungen. Ein direkter Anspruch gegen andere Personen als den Abschlussprüfer selbst (z. B. die Prüfungsgehilfen des Abschlussprüfers) kommt daher – anders als bei § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB – nicht in Betracht.[6] Gleiches gilt für den Kreis der Geschädigten. Hier ist grds. nur die geprüfte Ges., nicht aber deren verbundene Unt anspruchsberechtigt (vgl. zu möglichen Anspruchsgrundlagen für Dritthaftung Rz 85 ff.).

[1] Vgl. IDW PS 400.3
[2] Vgl. Fischer, DB 2012, S. 1495.
[3] Vgl. IDW PS 220.18.
[4] Vgl. IDW PS 220.19.
[5] Vgl. AAB nach dem Stand v. 1.1.2017, Nr. 9.
[6] Gl. A. Justenhoven/Feldmüller, in Beck Bil-Komm. 13. Aufl. 2022, § 323 HGB Rz 130.

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