3.4.2.1 Feststellungen zur Gesamtaussage

 

Rz. 114

Abs. 2 Satz 3 der Vorschrift verlangt vom Abschlussprüfer ein Eingehen auf die Einhaltung der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB. Danach hat der Abschluss unter Beachtung der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze insgesamt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Ges. zu vermitteln.

 

Rz. 115

Die Einhaltung der Generalnorm ist nicht automatisch gegeben, wenn i. R. d. Darstellung der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung (Rz 95 ff.) keine Mängel festgestellt wurden. Soweit nämlich bspw. KapG die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 HGB zulässigerweise tw. in Anspruch nehmen und keinen Anhang aufstellen, entspricht dies – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – zwar den Rechnungslegungsvorschriften; die Einhaltung der Generalnorm ist in diesen Fällen aber nur durch zusätzliche Angaben gewährleistet.[1]

 

Rz. 116

Die Gesamtaussage bezieht sich ausschl. auf den Jahresabschluss, nicht auf den Lagebericht, sodass auf Letzteren in diesem Berichtsteil nicht einzugehen ist. Über das Ergebnis der Beurteilung ist im Prüfungsbericht zu berichten, auch wenn sich keine Besonderheiten ergeben haben.[2] Damit der Berichtsadressat die Beurteilung des Abschlussprüfers zur Gesamtaussage nachvollziehen kann, hat er diese zu begründen und dabei auf die in Abs. 2 Satz 4 der Vorschrift genannten Erläuterungen einzugehen. Diese Erläuterungen werden nachfolgend dargestellt:

 

Abb. 2: Erläuterungen gem. § 321 Abs. 2 Satz 4 HGB[3]

Ergibt die Beurteilung der Gesamtaussage keine Besonderheiten, ist es ausreichend, in diesem Berichtsabschnitt festzustellen, dass der Jahresabschluss insgesamt unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Ges. vermittelt.[4]

 

Rz. 117

Kommt der Abschlussprüfer zu der Beurteilung, dass kein Bestätigungsvermerk, sondern ein Versagungsvermerk bzw. die Nichtabgabe des Prüfungsurteils im Bestätigungsvermerk erteilt werden muss, sind keine weiteren Erläuterungen zur Beurteilung der Gesamtaussage erforderlich. Bei einem modifizierten (eingeschränkten) Bestätigungsvermerk sind dagegen Erläuterungen zur Beurteilung der Gesamtaussage erforderlich und sinnvoll.[5]

[1] Zu Einzelheiten vgl. IDW PH 9.200.1.10.
[2] Vgl. IDW PS 450.72.
[3] Vgl. IDW PS 450.74 n. F.
[4] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. M Tz 389.
[5] Vgl. IDW PS 450.77 n. F.

3.4.2.2 Bewertungsgrundlagen

 

Rz. 118

Hierunter werden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und wertbestimmende Faktoren erfasst. Die Erläuterungspflicht umfasst demgemäß das Eingehen auf die Ausübung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten und die Bestimmung maßgeblicher Faktoren (Parameter, Annahmen, Ausübung von Ermessensspielräumen). Die Erläuterungspflicht verlangt nicht eine Wiederholung der bereits im Anhang enthaltenen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für sämtliche Posten des Abschlusses. Vielmehr sind die für den Berichtsadressaten relevanten Bewertungsgrundlagen darzustellen und hierbei insb. auf bestehende Ermessensspielräume (z. B. aufgrund von Bandbreiten für Schätzungen) hinzuweisen. Insb. bei einseitiger Ausübung von Ermessensspielräumen zur Beeinflussung der Gesamtaussage sind vom Abschlussprüfer zahlenmäßige Erläuterungen der Auswirkungen vorzunehmen; eine Beurteilung der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit der Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen obliegt allerdings nicht dem Abschlussprüfer. Diese sind vielmehr als geschäftspolitische Entscheidungen der gesetzlichen Vertreter durch die Berichtsadressaten zu beurteilen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt bildet im Jahresabschluss zum 31.12.01 eine Rückstellung für einen Schadensersatzprozess, in dem das Unt von einem Kunden auf die Zahlung eines Gesamtschadens von 1.000 TEUR verklagt worden ist. Für die zu erwartende Schadensersatzzahlung ist im Jahresabschluss eine Rückstellung i. H. v. 200 TEUR gebildet. Bei seiner Abschlussprüfung hat der Abschlussprüfer, gestützt auf Auskünfte des Rechtsanwalts des Unt, die Höhe der Rückstellung als noch zulässig erachtet. Nach seinen Feststellungen beläuft sich der zulässige Ermessensspielraum für die Rückstellung auf 200–350 TEUR. Die im Gj 01 gebildete Rückstellung hat wesentliche Auswirkungen auf die Ertragslage der Ges. gehabt, da unter Berücksichtigung der Rückstellung ein Ergebnis vor Steuern von 100 TEUR erzielt wurde.

I. R. d. Berichterstattung über die Bewertungsgrundlagen hat der Abschlussprüfer darzulegen, dass die Bewertung der Rückstellung mit dem unteren Ende des zulässigen Ermessensspielraums bemessen wurde und dass bei vorsichtigerer Einschätzung des Risikos durch die gesetzlichen Vertreter sich ein Vorsteuerverlust im Gj 01 ergeben hätte.

 

Rz. 119

Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte ergeben sich insb. bei folgenden Bilanzpositionen bzw. Sachverhalten:[1]

  • Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen VG des AV,
  • gemildertes Niederstwertprinzip beim AV,
  • Festwert bei Sachanlagen oder bestimmten Vorräten,
  • Anwend...

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