3.2.1 Mutter- oder Tochterunternehmen

 

Rz. 37

Ein TU i. S. d. § 290 Abs. 1 HGB liegt vor, wenn es unter dem unmittelbaren oder mittelbaren beherrschenden Einfluss eines anderen Unt (MU) steht (§ 290 Rz 19 ff.). Die vormals in § 290 Abs. 1 HGB aF genannte Konstruktion der einheitlichen Leitung mit den dazugehörigen Indizien wurde durch das BilMoG ersatzlos gestrichen.

 

Rz. 38

Gem. § 290 Abs. 2 HGB ist von einer solchen Beherrschung durch das MU stets auszugehen, wenn dem MU folgende Rechte zustehen bzw. Chancen oder Risiken zuzurechnen sind:

  • die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB),
  • das Recht, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und auch gleichzeitig eine Gesellschafterstellung vorliegt (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB),
  • das Recht, einen beherrschenden Einfluss aufgrund eines Beherrschungsvertrags oder aufgrund einer Satzungsbestimmung auszuüben (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB),
  • das MU trägt bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Chancen und Risiken des anderen Unt und dieses Unt dient der Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des MU. Ein solches Unt wird als ZweckGes. bezeichnet (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB).

Die vorstehend genannten Rechtspositionen müssen nicht kumulativ erfüllt sein. Für die Prüfung und Feststellung eines Beherrschungsverhältnisses ist die Existenz einer dieser alternativen Rechtspositionen ausreichend.

Diese Beherrschung erstreckt sich auch über mehrere Ebenen, so dass auch i. d. R. die TU eines TU in den KonsKreis einzubeziehen sind.

3.2.2 Mögliche Einbeziehung nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung

 

Rz. 39

Bis zum 31.12.2023 ist die Möglichkeit der Einbeziehung über die VollKons in einen Konzernabschluss einer obersten Muttergesellschaft eine Voraussetzung zur Bestimmung eines verbundenen Unt i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB a. F. Dabei ist es unerheblich, ob dies ein befreiender Konzernabschluss ist bzw. sein könnte. Damit erfolgt zugleich eine begriffliche Abgrenzung in der Weise, dass eine QuotenKons oder eine Einbeziehung at-equity nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen kann. Das hat zur Folge, dass weder GemeinschaftsUnt[1] noch assoziierte Unt die Voraussetzungen für ein verbundenes Unt i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB erfüllen. In Bezug auf die Einbeziehung von GemeinschaftsUnt gibt es allerdings auch Stimmen in der wissenschaftlichen Literatur,[2] die von einer Pflicht zur VollKons und damit von einer Unternehmensverbindung i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB ausgehen.

[1] Vgl. Störk/Lewe, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 310 HGB Rz 5.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., 1995–2001, § 310 HGB Rz 41; Schulze-Osterloh, in Goerdeler et al. , Festschrift für Hans-Joachim Fleck zum 70. Geburtstag, ZGR 1988, Sonderheft Band 7, S. 313.

3.2.3 Grundsätzlichkeitscharakter der Einbeziehungspflicht

 

Rz. 40

Entsprechend der Formulierung in § 271 Abs. 2 Hs. 2 HGB a. F. ist die Tatsache, dass TU nach der Regelung des § 296 HGB wahlweise nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden, für die Annahme eines "verbundenen Unt" ausdrücklich unschädlich.[1] Insoweit ist allein maßgeblich, dass eine grundsätzliche Pflicht zur Einbeziehung überhaupt besteht. Soweit die übrigen Kriterien erfüllt sind, zählen damit TU, die nicht der VollKons unterliegen, trotzdem zum Kreis der verbundenen Unt.

[1] Vgl. Wohlgemuth, DStR 1991, S. 1530.

3.2.4 Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses oder Befreiung

3.2.4.1 Konzernabschluss nach § 290 HGB

 

Rz. 41

Nach dem Gesetzestext in § 271 Abs. 2 Halbsatz 1 HGB a. F. ist es erforderlich, dass das oberste MU verpflichtet ist, einen Konzernabschluss aufzustellen. Diese Pflicht zur Aufstellung basiert auf den §§ 290315e HGB. Es ist wiederum nicht erforderlich, dass der Konzernabschluss auch tatsächlich aufgestellt wird. Somit sind von der Vorschrift bis 31.12.2023 keine Konzerne erfasst, bei denen das oberste MU keine KapG (sondern bspw. eine PersG) ist oder bei denen das oberste MU seinen Sitz im Ausland hat. Im Anwendungsbereich des § 271 Abs. 2 HGB könnte sich eine Struktur unter Fortgeltung des Begriffs "verbundene Unt" nur dann ergeben, wenn ein mehrstufiger Konzern vorliegt, an dessen Spitze zwar eine inländische Nicht-KapG steht, bei dem die zweite Konzernstufe jedoch von einer inländischen KapG besetzt wird, die entsprechend § 290 HGB zur Aufstellung eines Teilkonzerns verpflichtet ist. Die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach PublG ist i. R. d. § 271 Abs. 2 HGB nicht ausreichend.[1] Insoweit kommt es hier zu einer Einschränkung in der Weise, dass selbst bei Erfüllung des Control-Konzepts nicht zwangsläufig bereits von einem verbundenen Unt i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB ausgegangen werden darf.[2]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 271 HGB Rz 48.
[2] Vgl. Keitz von, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 271 HGB Rz 57, Stand: 5/2023.

3.2.4.2 Befreiender Konzernabschluss nach §§ 291f. HGB

 

Rz. 42

Bei bestimmten Konstellationen kommen die Existenz und Begriffsverwendung des "verbundenen Unt" auch dann in Betracht, wenn keine Einbeziehungspflicht in einen gemeinsamen Konzernabschluss besteht. Auf diesen Fall stellt § 271 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB a. F. ab. Hierbei handelt es sich um eine größenunabhängig...

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