3.2.1 Verbundene Unternehmen der geprüften Gesellschaft

 

Rz. 85

§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB weist verbundenen Unt der geprüften Ges. einen direkten Schadensersatzanspruch gegen den Abschlussprüfer zu, soweit diese durch den Abschlussprüfer geschädigt wurden. Der Begriff verbundenes Unt bestimmt sich nach § 271 Abs. 2 HGB und ist unabhängig davon, ob das verbundene Unt auch tatsächlich in den Konzernabschluss einbezogen ist (§ 271 Rz 32).

Ein Schadensersatzanspruch des verbundenen Unt der geprüften Ges. wird nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 323 HGB nur anzunehmen sein, wenn der Abschlussprüfer i. R. seines Auskunftsrechts nach § 320 HGB seine Pflichten ggü. dem verbundenen Unt verletzt hat.[1]

[1] Vgl. Justenhoven/Feldmüller, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 323 HGB Rz 89; a. A.: Hennrichs, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 323 HGB Rz 58, Stand: 12/2014.

3.2.2 Sonstige Dritte

 

Rz. 86

Die Regelungen des § 323 HGB stellen abschließend die Haftung des Abschlussprüfers aus dem Prüfungsvertrag ggü. dem Auftraggeber und verbundenen Unt bei Pflichtprüfungen dar.[1] Eine Ausweitung der Haftung des Abschlussprüfers aus § 323 HGB im Weg der Auslegung oder eines Analogieschlusses auf Dritte ist nicht möglich.[2] § 323 HGB entfaltet aber auch keine allgemeine Sperrwirkung in Bezug auf Schadensersatzansprüche vertragsfremder Dritter.[3]

 

Rz. 87

Es kommen Ansprüche Dritter gegen den Abschlussprüfer in Betracht mittels

  • des Rechtsinstituts Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (Rz 88),
  • Auskunftsvertrag (Rz 90) oder
  • Ansprüchen aus rechtsgeschäftlichen und rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnissen nach § 311 Abs. 3 BGB (Rz 90).
 

Rz. 88

Das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter stellt einen Analogieschluss zu § 328 Abs. 2 BGB dar.[4] An die Annahme einer vertraglichen Einbeziehung von Dritten (z. B. Gläubigern, Anteilseignern der geprüften Ges.) sind strenge Anforderungen zu stellen, sodass eine stillschweigende Ausdehnung der Haftung des Abschlussprüfers auf Dritte grds. nicht anzunehmen ist. Vielmehr ist dies nur im Einzelfall möglich, wenn von dem Abschlussprüfer deutlich im Drittinteresse eine besondere Leistung erwartet wird.[5] Allein die Tatsache, dass der (auch) für die Öffentlichkeit bestimmte Bestätigungsvermerk zur Entscheidungsfindung über Vermögensdisposition von Eigen- und Fremdkapitalgebern dient, kann keine (auch nicht stillschweigende) Haftung auslösen. Denn grds. ist jeder Bestätigungsvermerk einer Pflichtprüfung auch zur Reduzierung der Unsicherheit potenzieller Kapitalgeber in Bezug auf die Verlässlichkeit der von der geprüften Ges. vorgelegten Rechnungslegung bestimmt. Jedem Abschlussprüfer ist auch bewusst, dass nicht nur der Bestätigungsvermerk, sondern auch häufig der Prüfungsbericht Kapitalgebern von der geprüften Ges. zur Verfügung gestellt wird, oftmals aufgrund vertraglicher Verpflichtung (Kreditverträge mit Kreditinstituten sehen regelmäßig die Vorlage des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers vor). Hieraus eine generelle Dritthaftung des Abschlussprüfers vorzusehen, ginge an Sinn und Zweck der Vorschrift des § 323 HGB vorbei und wird auch von der Rechtsprechung so nicht gewürdigt.[6]

 

Rz. 89

Eine Dritthaftung des Abschlussprüfers aus dem Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist unter sehr strengen Voraussetzungen möglich; die Prüfungsleistung des Abschlussprüfers muss von vornherein erkennbar zum Gebrauch ggü. Dritten verwendet werden und nach dem Willen des Auftraggebers mit einer entsprechenden Beweiskraft ausgestattet sein. Kommt nach dem Vorgenannten ausnahmsweise eine Dritthaftung des Abschlussprüfers in Betracht, so gilt auch ggü. dem Dritten die gesetzliche Haftungsbegrenzung nach § 323 Abs. 2 HGB (Rz 93).[7]

 

Rz. 90

Ein ggf. auch stillschweigend begründeter Auskunftsvertrag zwischen dem Abschlussprüfer und einem Dritten kann ebenfalls Grundlage einer Dritthaftung darstellen. Daher sind Auskünfte des Abschlussprüfers, der als Sachverständiger regelmäßig besonderes Vertrauen genießt, ggf. als schlüssiges Verhalten zum Abschluss eines Auskunftsvertrags zu werten. Mündliche oder schriftliche Auskünfte, Bestätigungen o. Ä. des Abschlussprüfers ggü. Kreditgebern des geprüften Unt sind daher besonders risikobehaftet, auch wenn nicht zwangsläufig eine Haftungsgrundlage entstehen muss.[8] Die Annahme eines derartigen Auskunftsvertrags erfordert eine direkte Kontaktaufnahme des Abschlussprüfers mit dem Dritten.[9] Aus diesem Grund sollte der Abschlussprüfer keine Prüfungsberichte oder Testatsexemplare "zur Abkürzung des Postwegs" direkt an die Hausbank des geprüften Unt versenden.

 

Rz. 91

Problematisch am Auskunftsvertrag ist weiterhin, dass dieser ein eigenständiges Vertragsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und dem Dritten begründet, für das die Haftungsbegrenzung von § 323 Abs. 2 HGB nicht gilt, d. h., die Haftung ist der Höhe nach unbegrenzt.[10] Ist eine Kontaktaufnahme mit Dritten unvermeidbar, z. B. weil der Auftraggeber darauf drängt, ist dem Abschlussprüfer anzuraten, einen Auskunftsvertrag mit dem Dritten...

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