Rz. 24

Die sachliche Anknüpfung der Beteiligungsvermutung an das Nennkapital der KapG wird über § 271 Abs. 1 Satz 4 HGB weitergehend konkretisiert. So enthält Satz 4 einen Verweis auf § 16 Abs. 2 und 4 AktG. Aus § 16 Abs. 2 Satz 2 AktG folgt zunächst, dass zur Berechnung der beteiligungsbegründenden Anteilshöhe bestimmte Sachverhalte rechnerisch in Abzug zu bringen sind. Dabei handelt es sich insb. um den Nennbetrag der von der KapG selbst gehaltenen Anteile. Für den Fall, dass es sich bspw. um eine AG mit Stückaktien handelt, ist die Stückzahl der eigenen Anteile bei der Berechnung in Abzug zu bringen.

 

Rz. 25

Für den Fall, dass die Anteile in Aktien bestehen, ist von Bedeutung, dass auch stimmrechtslose Vorzugsaktien in die Anteilsberechnung einfließen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Unt ausschl. Vorzugsaktien hält. In einem solchen Fall gilt die Beteiligungsvermutung regelmäßig als widerlegt.[1] Der Grund für die Widerlegung in einem solchen Fall ist darin zu sehen, dass stimmrechtslose Vorzugsaktien eine sehr stark eingeschränkte Mitsprachemöglichkeit einräumen. Diese eingeschränkte Einflussnahme wird zugunsten einer erhöhten Renditebegünstigung in Kauf genommen. Aus diesem Grund steht bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Gesichtspunkt der Kapitalanlage deutlich im Vordergrund.

 

Rz. 26

Hält das beteiligte Unt sowohl Stammaktien als auch Vorzugsaktien, so ist für den Fall, dass der Anteil der Stammaktien allein die Vermutungsgrenze des § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht übersteigt, trotzdem nicht automatisch das Vorliegen einer Beteiligung abzulehnen. Zunächst werden beide Gattungen in die Berechnung einbezogen. Am Ende ist bei diesen Konstellationen eine Einzelfallentscheidung zu treffen.

 

Rz. 27

Ein Anteil i. S. d. § 271 HGB ergibt sich nicht nur aus direkter, sondern auch aus indirekter Beteiligung. Die letztgenannte Form kann z. B. aus der Beteiligung abhängiger Unt resultieren (§ 271 Abs. 1 Satz 4 HGB i. V. m. § 16 Abs. 4 AktG).

 
Praxis-Beispiel

Die A-GmbH hält an der B-GmbH einen Anteil am Stammkapital i. H. v. 5 %. Bei formaler Beurteilung sind damit zunächst die Voraussetzungen für eine Beteiligungsvermutung nicht erfüllt. Gleichzeitig hält die A-GmbH auch 70 % der Gesellschaftsanteile an der C-GmbH. Die C-GmbH ist wiederum mit 30 % an der B-GmbH beteiligt. Zwischen der A-GmbH und der C-GmbH besteht damit gem. § 17 AktG ein Abhängigkeitsverhältnis (die C-GmbH ist ein abhängiges Unt der A-GmbH).

Gem. § 271 Abs. 1 Satz 4 HGB i. V. m. § 16 Abs. 4 AktG sind auch die Anteile in die vermutungsbegründende Beteiligungsanteilsquote mit einzubeziehen, die einem von der A-GmbH abhängigen Unt zuzurechnen sind. Das bedeutet: Da die C-GmbH ein abhängiges Unt der A-GmbH ist, werden die Anteile der C-GmbH an der B-GmbH den Anteilen zugerechnet, die die A-GmbH bereits an der B-GmbH hält.

Über diese indirekte Zurechnung ergibt sich damit ein Anteil der A-GmbH an der B-GmbH i. H. v. 35 %.

Damit ergeben sich theoretisch Konstellationen, bei denen das zu beurteilende Unt nur eine Kleinstbeteiligung (z. B. 1 %) oder im Extremfall gar keine Beteiligung hält, dafür das abhängige Unt mit seiner Beteiligung oberhalb der Beteiligungsvermutung liegt.[2] Beim beteiligten Unt sind damit nicht nur die ihm selbst gehörenden Anteile zu berücksichtigen, sondern auch die Anteile, die einem vom beteiligten Unt abhängigen Unt gehören. Ausgangspunkt derartiger Verbindungen ist die zweifelsfreie Anwendung der Abhängigkeitsvermutung. Kann diese im Ergebnis nicht widerlegt werden, so müssen die von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unt gehaltenen Anteile an einem dritten Unt dem mit Mehrheit beteiligten Unt zugerechnet werden.

 

Rz. 28

Der bilanzielle Ausweis im Anwendungsbereich von § 16 Abs. 2 und 4 AktG bringt weitere Probleme mit sich. Da mittelgroße und große KapG das Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 und 3 HGB zwingend anzuwenden haben, muss insb. bei Schuldverhältnissen zwischen dem beteiligten Unt (über die Zurechnung als beteiligt geltend) und dem BeteiligungsUnt der einschlägige Unterposten "Verbindlichkeiten gegenüber Unt, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht" verwendet werden. Gleichzeitig handelt es sich jedoch auch um einen Ausweis unter der Position "Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unt". Eine Lösung wäre hier auch über den Mitzugehörigkeitsvermerk des § 265 Abs. 3 HGB denkbar. Für den Fall, dass sich wie im vorliegenden Fall VG oder Schulden mehreren Bilanzpositionen zuordnen lassen, ist i. R. d. Ausweises unter der Position "Verbindlichkeiten gegenüber Unt mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht" in einem "Davon-Vermerk" auf die Mitzugehörigkeit zur Bilanzgliederungsposition "Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unt" unter Angabe des entsprechenden Betrags hinzuweisen. Ein solcher Mitzugehörigkeitsvermerk resultiert letztendlich aus dem Grundsatz der Bilanzklarheit nach § 243 Abs. 2 HGB.

[1] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 271 HGB Rn 13.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unterneh...

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