2.1 Der Begriff "Immateriell"

 

Rz. 10

Der Begriff "immateriell" ist nicht gesetzlich definiert. Für Zwecke der bilanzrechtlichen Abgrenzung wird sowohl im deutschen, als auch im anglo-amerikanischen Schrifttum zwischen immateriellen, materiellen und finanziellen Gütern unterschieden.[1] Auf dieser Grundlage können immaterielle Vermögensgegenstände "als Güter" (i. S. v. wirtschaftlicher Vorteil bzw. Nutzen) definiert werden, die keine (wesentliche) gegenständliche Substanz, d. h. keine Körperlichkeit bzw. Greifbarkeit aufweisen und im Unterschied zu finanziellen Gütern (Forderungen, Verbindlichkeiten etc.) nicht monetär sind.[2]

Soweit ein zusammengesetztes Gut aus einer materiellen und einer immateriellen Komponente besteht, sind die Komponenten grundsätzlich getrennt zu bilanzieren, sofern die einzelnen Komponenten jeweils die VG-Eigenschaft erfüllen. Hat eine Komponente jedoch nur untergeordnete Bedeutung oder lassen sich die Komponenten nicht funktions- oder wertgemäß trennen, handelt es sich um ein zusammengesetztes Gut, das entweder den materiellen oder den immateriellen VG zuzuordnen ist. Diese Zuordnung wird durch die jeweilige Hauptkomponente bestimmt, die sich aus dem wirtschaftlichen Interesse des Bilanzierenden an dem Gut ableitet (DRS 24.10).

 

Rz. 11

Eine Kategorisierung von immateriellen Gütern nach der Verlässlichkeit bzgl. Identifikation und Bewertung kann wie folgt vorgenommen werden:[3]

 
Identifizierbare, in ihrer Eigenart individuell bestimmbare und abgrenzbare immaterielle Vermögenswerte Nicht identifizierbare Vermögenswerte
Rechte Wirtschaftliche Werte Rein wirtschaftliche Vorteile
Vertraglich oder rechtlich geschützt Nicht rechtlich geschützt, können aber Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein Weder isoliert im Rechtsverkehr übertragbar noch rechtlich zu schützen

Tab. 1: Kategorisierung immaterieller Güter

 

Rz. 12

Allerdings erfüllen nicht alle Kategorien immaterieller Güter die Voraussetzungen für einen Vermögensgegenstand i. S. v. § 246 HGB, sodass hier weitere Konkretisierungen vorzunehmen sind.

[1] Vgl. Von Keitz, Immaterielle Güter in der internationalen Rechnungslegung, 1997, S. 5.
[2] Vgl. Haller, in Möller/Schmidt, Rechnungswesen als Instrument für Führungsentscheidungen, 1998, S. 564; so auch DRS 24.8 der den immateriellen VG definiert als: "Nichtfinanzieller Vermögensgegenstand ohne bedeutende physische Substanz".
[3] Vgl. Küting/Ellmann, in Küting/Pfitzer/Weber, Das neue deutsche Bilanzrecht, 2. Aufl. 2009, S. 266.

2.2 Vermögensgegenstand

 

Rz. 13

Voraussetzung einer Aktivierung eines selbst geschaffenen immateriellen VG ist die Erfüllung des Vermögensgegenstandsbegriffs (§ 246 Rz 5).

Da der Vermögensgegenstandsbegriff von dem Vermögenswertbegriff (asset) der IFRS abweicht, kann die Asset-Definition von IAS 38.8 nicht 1 : 1 in das deutsche Handelsrecht übertragen werden.[1] Das deutsche Handelsrecht stellt insb. auf die selbstständige Verwertbarkeit ab,[2] die von IAS 38.8 nicht angesprochen wird. Für die praktische Anwendung bleibt aber zu konstatieren, dass es im Regelfall keine Abweichungen zwischen den nach § 248 HGB aktivierungsfähigen VG und den nach IAS 38.8 aktivierungspflichtigen Vermögenswerten geben wird.[3] Zu den konkreten Aktivierungsvoraussetzungen vgl. Rz 17 ff.

[1] Vgl. Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2008, S. 1814.
[2] Vgl. Schülke, DStR 2010, S. 994; DRS 24.17.
[3] Gl. A. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 2009, Abschn. E Rz 47.

2.3 Anlagevermögen

 

Rz. 14

Das Aktivierungswahlrecht betrifft VG des AV, d. h., sie müssen dem bilanzierenden Unternehmen dauerhaft zur Nutzung zur Verfügung stehen (§ 247 Rz 21). Für selbst geschaffene immaterielle VG des UV besteht seit jeher Aktivierungspflicht. Insofern kommt der Abgrenzung von AV und UV große Bedeutung zu.

 
Praxis-Beispiel

Das bilanzierende Unternehmen (Maschinenbauer) hat mit einem Kunden (Autohersteller) einen Rahmenvertrag über die Lieferung von mehreren Maschinen mit einer neu zu entwickelnden Technologie geschlossen. Gemäß den Regelungen des Rahmenvertrags darf das Unternehmen die neu zu entwickelnde Technologie ausschließlich für die Herstellung von Maschinen für diesen Kunden verwenden. Im Zuge der Entwicklung der neuen Technologie fallen Aufwendungen (im Wesentlichen Personal- und Materialaufwendungen) i. H. v. 400 TEUR an.

Die Aufwendungen sind i. R. d. Vorratsvermögens (unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen) zu aktivieren.

 

Rz. 15

§ 248 Abs. 2 HGB erfasst nur Fälle der Herstellung ("selbst geschaffen") von immateriellen VG des AV. Anschaffungsfälle sind von der Vorschrift nicht erfasst; für diese besteht Aktivierungspflicht nach § 246 Abs. 1 HGB (DRS 24.15 Buchst. a)). Immaterielle VG des AV sind immer dann selbst geschaffen, wenn der Bilanzierende den VG auf eigenes Risiko entwickelt oder herstellt bzw. diesen entwickeln oder herstellen lässt (DRS 24.27).[1] Zur weiteren Abgrenzung zwischen Anschaffung und Herstellung vgl. § 255 Rz 82.

 

Rz. 16

Selbst ...

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