2.1 Voraussetzungen beim Mutterunternehmen

 

Rz. 17

Voraussetzung für die Beachtung von § 290 HGB ist zunächst, dass das MU in der Rechtsform einer KapG geführt wird. Über einen Verweis in anderen gesetzlichen Regelungen sind KapCoGes (§ 264a HGB) sowie unabhängig von Größe und Rechtsform Banken und Versicherungen zur Konzernrechnungslegung verpflichtet. Große PersG, eG oder sonstige Rechtsformen sind bei Überschreiten der einschlägigen Größenkriterien über § 11 PublG zur Konzernrechnungslegung verpflichtet.

 

Rz. 18

Allen diesen Unt ist gemein, dass sie ihren Sitz im Inland haben müssen, um durch das HGB zur Konzernrechnungslegung verpflichtet werden zu können. Als Sitz ist gem. § 24 BGB im Regelfall der Ort anzunehmen, an dem die Hauptverwaltung geführt wird. Die TU können dagegen weltweit verstreut sein, da die Inlandsvoraussetzung nur für die Bestimmung der MU relevant ist.

2.2 Mutter-Tochter-Verhältnis

 

Rz. 19

Eine inländische KapG ist nur dann zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, wenn gegenüber mind. einem anderen Unt ein Mutter-Tochter-Verhältnis besteht. Ein solches Verhältnis besteht bei einer unmittel- oder mittelbaren Beherrschungsmöglichkeit, was dem Control-Konzept weitgehend entspricht. Dabei sieht der Gesetzgeber den Begriff "Kontrolle" von dem Begriff "beherrschender Einfluss" umfasst.[1] Mit dieser vom Gesetzgeber an IAS 27.4 (rev. 2008) und SIC 12 bzw. aktuell auch weiterhin an IFRS 10.5 ff. angelehnten Definition des Mutter-Tochter-Verhältnisses wird eine Bestimmung des KonsKreis einschl. bestimmter Ausprägungen von sog. ZweckGes. erreicht.[2] Trotz der Anlehnung erfolgt dabei aber keine Übernahme der Regelungen der international anerkannten Rechnungslegungssysteme, die sich zudem mit dem seit dem Gj 2014 verpflichtend anzuwendenden IFRS 10 ohnehin bereits wieder weiterentwickelt haben. Ausgangspunkt der Betrachtung sind daher der Wortlaut des HGB und die relevante Regelung der 7. EG-RL bzw. der RL EU/2013/34; erst danach kann auf die IFRS zurückgegriffen werden. Der handelsrechtliche Beherrschungsbegriff unterscheidet sich von dem aktienrechtlichen durch das Kriterium einer gesellschaftsrechtlichen Fundierung, die das AktG fordert. Nach § 290 HGB ist dies keine notwendige Bedingung, da sich eine Beherrschungsmöglichkeit auch zusätzlich durch schuldrechtliche Vereinbarungen oder über faktische Umstände konstituiert.[3]

 

Rz. 20

Das MU muss das TU direkt oder indirekt beherrschen können (Art. 1 Abs. 2a der RL 2013/34/EU). Die Möglichkeit der Beherrschung reicht aus. Auf eine tatsächliche Ausübung des beherrschenden Einflusses kommt es nicht an. Nach der Gesetzesbegründung sowie nach DRS 19.11 ff. ist ein beherrschender Einfluss dann anzunehmen,

  • wenn ein Unt die Möglichkeit hat, die Finanz- und Geschäftspolitik eines anderen Unt dauerhaft zu bestimmen und
  • es aus dessen Tätigkeit Nutzen ziehen kann.[4]

Dies setzt nach DRS 19.6 auch die Fähigkeit zur Durchsetzung der wesentlichen Entscheidungen in bedeutenden Unternehmensbereichen (z. B. Produktion, Vertrieb, Investition, F&E, Personal, Finanzierung) bei diesem Unt voraus.

 

Rz. 21

Im Gegensatz zu IAS 27.4, in dem diese Definition fast wortgleich zu finden ist, zielt der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung und der DRS 19.12 auf eine dauerhafte Beherrschungsmöglichkeit ab, obwohl dies (oder indirekt etwa als notwendige Bedingung das Vorliegen einer Beteiligung) im Wortlaut des § 290 HGB nicht ausgedrückt wird.

Als Finanz- und Geschäftspolitik eines Unt können die zielgerichtete Gestaltung und Steuerung der für den Bestand und den andauernden Erfolg eines Unt notwendigen Bereiche wie etwa "Forschung und Entwicklung", "Beschaffung und Lagerhaltung", "Distribution", "Personal" oder "Finanzwesen" angesehen werden.[5] Wesentlicher Aspekt ist, dass ein Unt seine Interessen bei allen wesentlichen strategischen, operativen und finanziellen Entscheidungen eines anderen Unt auch gegen dessen Willen durchsetzen kann.[6] Indizien dafür sind etwa die Genehmigung der Budgetplanung des TU durch das MU sowie die Besetzung der Aufsichtsorgane des TU.

 

Rz. 22

Das Kriterium der Nutzenziehung ist mangels weiterer gesetzlicher Beschreibung in Anlehnung an IAS 27.4 dual zu verstehen: Einerseits beinhaltet der Nutzenbegriff die Möglichkeit des MU zur Generierung von Mittelzuflüssen aus der Tätigkeit des TU, andererseits deckt der Nutzenbegriff auch die eingesparten Finanzmittel, etwa aus Synergien oder eingeschränktem Wettbewerb. Nach DRS 19.15 wird die Nutzenziehung analog dahingehend konkretisiert, dass es regelmäßig zu der Möglichkeit führt, wirtschaftliche Vorteile aus der Tätigkeit des TU zu erlangen.

 

Rz. 23

Es handelt sich jedoch stets um ein Über-Unterordnungsverhältnis, sodass Gleichordnungskonzerne mangels der Möglichkeit der Feststellung der Mutter und der Tochter ausscheiden. Es kommt einzig auf die Möglichkeit der Beherrschung an. Die Beherrschung muss demnach nicht ausgeübt werden. Daher ist in jedem Fall zu prüfen, ob ein MU vorliegt. Dazu ist zunächst auf die in Abs. 2 explizierten vier Tatbestände zurückzugreifen (Rz 28 ff.). Führ...

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