Rz. 2

Die Anordnungsbefugnis des Gerichts aus § 260 HGB bezieht sich auf gerichtliche Vermögensauseinandersetzungen. Die Streitigkeiten müssen das Vermögen eines buchführungspflichtigen Kaufmanns betreffen. Dazu zählt auch der Besitz sämtlicher Anteile an einer Personengesellschaft.[1] Für geringere Beteiligungen an Gesellschaften ist § 260 HGB nicht anwendbar. In diesen Fällen sind die Einblicksrechte nach §§ 118, 166, 233 HGB und § 51a GmbHG einschlägig. Das Vermögen nach § 241a HGB nicht buchführungspflichtiger Kaufleute ist nicht betroffen. Nicht abschließend ("insbesondere") weist § 260 HGB beispielhaft auf Streitfälle bei Erbschaften (§§ 2042ff. BGB) und Gütergemeinschaften (§§ 1471ff. BGB) sowie Gesellschafterauseinandersetzungen nach Gesellschaftsteilungen (z. B. §§ 145ff. HGB; §§ 730ff. BGB) hin. In den Anwendungsbereich fallen bspw. Auseinandersetzungen stiller Gesellschaften, Auflösung von Bruchteilsgemeinschaften oder Zugewinnausgleichsverfahren.[2] Ist die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens Gegenstand des Prozesses eines ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft, sind dem Gericht Einsichtsrechte in die Handelsbücher der Gesellschaft entsprechend § 260 HGB zu gewähren.[3]

 

Rz. 3

Anders als § 258 HGB (§ 258 Rz 2) schränkt nach h. M. § 260 HGB die gerichtliche Einsichtsbefugnis in Handelsbücher nicht auf Rechtsstreitigkeiten ein, deren gerichtliche Zuständigkeit die ZPO bestimmt. Das Recht zur Vorlageanordnung steht außerhalb von Zivilgerichtsbarkeiten auch freiwilligen Gerichtsbarkeiten (z. B. bei Streitigkeiten über den Nachlass gem. §§ 363ff. FamFG oder zu Gütergemeinschaften gem. § 373 FamFG) zu.[4] Diese Ansicht ist nicht unbestritten,[5] eine praktische Bedeutung ist diesem Anwendungsdisput indes nicht beizumessen. Unabhängig von § 260 HGB hat das Gericht in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 26 FamFG von Amts wegen Ermittlungen zur Feststellung entscheidungserheblicher Tatsachen aufzunehmen.

[1] Vgl. m. w. N. Böcking/Gros, in Wiedmann/Böcking/Gros, Bilanzrecht, 3. Aufl. 2014, § 260 HGB Rz 2; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, § 260 HGB Rz 1, 2.
[2] Vgl. m. w. N. Eichenlaub/Weber, in Küting/Weber HdR-E, § 260 HGB Rn 5, Stand: 01/2021.
[3] Vgl. Pöschke, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2014, § 260 HGB Rn 3; Reich/Szczesny/Voß, in Heidel/Schall, HGB Handkommentar, 2. Aufl. 2015, § 260 HGB Rn 5.
[4] Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, § 260 HGB Rz 1, 2; Eichenlaub/Weber, in Küting/Weber, HdR-E, § 260 HGB Rn 5, Stand: 01/2021; Störk/Lewe, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 260 HGB Rz. 2.
[5] Zur a. A. entgegen dem Wortlaut siehe Pöschke, in Staub, Großkommentar HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2014, § 260 HGB Rn 2.

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