Rz. 20

Die Vorschrift des § 306 HGB verlangt, dass auf durch Konsolidierungsmaßnahmen bedingte temporäre Differenzen zwischen den steuerlichen und handelsrechtlichen Wertansätzen von VG, Schulden und RAP aktive bzw. passive latente Steuern zu bilden sind. Im Gegensatz zu § 274 HGB wird nicht nur auf ein Ansatzwahlrecht eines "Aktivüberhangs", sondern auch auf einen fünfjährigen Verlustverrechnungszeitraum bei bestehenden steuerlich nutzbaren Verlustvorträgen verzichtet. Letzteres ist deshalb nachvollziehbar, da sich die Regelung auf steuerlich nutzbare Verlustvorträge bezieht, die durch Konsolidierungsmaßnahmen nicht beeinflusst werden und insoweit auch nicht Regelungsbestandteil des § 306 HGB sein können. Die durch § 274 HGB bestehenden Wahlrechte, Ansatz eines Aktivüberhangs als aktive latente Steuern und Bruttoansatz aktiver und passiver latenter Steuern (§ 274 Rz 25 ff.), können gem. §§ 298, 300 Abs. 2 HGB im Konzernabschluss unabhängig von ihrer Anwendung im Jahresabschluss ausgeübt werden.

Die fehlende Einflussnahme von Konsolidierungsmaßnahmen auf steuerliche Verlustvorträge führt im Zusammenhang mit § 306 HGB grds. zu keinen weiteren Betrachtungen. Es wird daher nur auf die gleiche Grundannahme, nämlich die Realisierbarkeit des latenten Steueranspruchs, hingewiesen.[1] Diese ist nicht nur auf einen sich mechanisch darstellbaren temporären Abbaueffekt zu beschränken, sondern muss auch ökonomisch darstellbar sein. Insoweit ist auch in diesem Zusammenhang auf den Hinweis des Rechtsausschusses – allerdings zum § 274 HGB – zu verweisen, dass bei der Einschätzung der Werthaltigkeit der latenten Steueransprüche "– wie im HGB allg. üblich – das Vorsichtsprinzip zu berücksichtigen und der Ansatz aktiver latenter Steuern sorgfältig zu prüfen"[2] sei.

In betragsmäßig wesentlichen Fällen mit langer Abbauphase werden hierzu ertragswert- oder cashfloworientierte Bewertungsverfahren, unter Berücksichtigung des für latente Steuern bestehenden Abzinsungsverbots, für die Bewertung des steuerlichen potenziellen Anspruchs zu Rate gezogen werden müssen (§ 274 Rz 49 ff.).

Nach § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB ist das mit dem Beteiligungsbuchwert zu verrechnende EK mit dem Zeitwert der in den Konzernabschluss aufzunehmenden VG, Schulden, RAP und Sonderposten des TU anzusetzen. Zu den Sonderposten zählen nicht zuletzt auch die von TU im Zusammenhang mit steuerlich nutzbaren Verlustvorträgen bilanzierten oder ggf. mit passiven latenten Steuern saldierten aktiven latenten Steuern. Damit sind steuerlich nutzbare Verlustvorträge grds. in die Kaufpreisallokation mit einzubeziehen. Es sind allerdings die Bewertungsrestriktionen gem. §§ 301 Abs. 1 Satz 3, 306 Satz 5 HGB zu beachten. Der Wert des Postens kann allein schon deswegen vom ggf. bilanzierten Buchwert bei TU abweichen, da infolge des Beteiligungserwerbs Auswirkungen auf das Jahresergebnis von TU seitens MU erwartet werden können (z. B. durch Sanierungs- bzw. Restrukturierungsmaßnahmen und Synergieeffekte), die innerhalb des von TU gem. § 274 Abs. 1 Satz 4 HGB zu berücksichtigenden Verlustverrechnungszeitraums von fünf Jahren zu einem von den Erwartungen von TU abweichenden verrechenbaren steuerlichen Verlust führen. Die somit infolge der ErstKons entstehende Differenz zwischen den bei der TU ggf. angesetzten und im Konzernabschluss gem. § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB auszuweisenden aktiven latenten Steuern ist allein schon deshalb kein Anwendungsfall von § 306 HGB, da dem handelsrechtlichen Wertansatz im Konzernabschluss kein steuerlicher Wertansatz gegenübersteht. Gleiches gilt für den Fall, dass ein TU in seinem Jahresabschluss wahlweise oder aufgrund nationaler Vorschriften auf den Ansatz von aktiven latenten Steuern verzichtet hat und erst im Zusammenhang mit der ErstKons im Konzernabschluss aktive latente Steuern zu bilanzieren sind (§ 301 Rz 66).[3]

Werden jedoch aufgrund geänderter Erwartungen innerhalb der auf den erstmaligen Ansatz folgenden zwölf Monate latente Steuern angesetzt, ist eine GuV-neutrale Erfassung beim GoF durchzuführen. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Erfolgen die Anpassungen später, hat die Erfassung latenter Steuern GuV-wirksam zu erfolgen (DRS 18.55).

 

Rz. 21

Steuerliche Verlustvorträge gehen tw. oder vollständig verloren, wenn ein schädlicher Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c KStG entsteht. Dies gilt, soweit der Beteiligungserwerb in den zeitlichen Regelungsbereich der Vorschriften reicht, nur so lange nicht, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist (§ 8c Abs. 1 Satz 4 KStG), stille Reserven nutzbar sind (§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG) oder der Beteiligungserwerb zu Sanierungszwecken erfolgte (§ 8c Abs. 1a KStG). Die gewerbesteuerlichen Regelungen folgen den körperschaftsteuerlichen Vorschriften (§ 10a Satz 10 GewStG). Die sog. Sanierungsklausel gem. § 8c Abs. 1a KStG, die die fortdauernde Nutzbarkeit bestehender steuerlicher Verlustvorträge auch bei der Übernahme von...

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