Leitsatz

1. Eine Entgeltsforderung ist uneinbringlich i.S.d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann.

2. Eine Berichtigung kommt in Betracht, wenn der Leistungsempfänger zwar nicht die Entgeltsforderung selbst bestreitet, sondern mit einer vom Gläubiger (dem leistenden Unternehmer) substanziiert bestrittenen Gegenforderung aufrechnet, und wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (Fortführung des BFH-Urteils vom 22.4.2004, V R 72/03, BFH-PR 2004, 368).

 

Normenkette

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993

 

Sachverhalt

Die Klägerin ließ an dem an sie steuerpflichtig vermieteten Gebäude umfangreiche – ihrer Meinung nach dem Vermieter obliegende – Instandhaltungsarbeiten durchführen, die sie auch bezahlte. Weil der zur Erstattung nicht bereit war, kürzte sie ihre Mietzahlungen und erklärte insoweit die Aufrechnung mit dem von ihr behaupteten Erstattungsanspruch. Nachdem der Vermieter mit seiner Klage gegen die Aufrechnung Erfolg hatte, zahlte die Klägerin die ausstehende Miete. Die Vorsteuer aus der Miete hatte die Klägerin ungekürzt geltend gemacht unter Hinweis darauf, sie habe ja die Mietforderung selbst nicht bestritten. Das FA berichtigte nach § 17 Abs. 2 UStG. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen.

 

Hinweis

1. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UStG sind die USt und – beim Leistungsempfänger – die Vorsteuer zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, ist erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

2. "Uneinbringlich" ist nach ständiger Rechtsprechung eine Forderung nicht schon, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann: wenn und soweit also der Leistungsempfänger das Bestehen dieser Forderung ganz oder teilweise substanziiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) nicht bezahlen werde.

3. Nicht uneinbringlich ist eine Forderung, wenn deren Schuldner, der Leistungsempfänger, mit einer ihm gegenüber dem Leistenden, dem Gläubiger, zustehenden unbestrittenen Forderung aufrechnet, denn die Aufrechnung (§ 387 BGB) bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389 BGB), d.h. beide Forderungen erlöschen durch entsprechende Tilgung.

4. Uneinbringlich ist die Entgeltforderung jedoch, wenn der Schuldner mit einer Forderung aufrechnet, die der Gläubiger (der leistende Unternehmer) substanziiert bestreitet; denn auch in diesem Fall muss der Gläubiger, der Leistende, damit rechnen, dass der Schuldner auf absehbare Zeit das vereinbarte Entgelt unter Hinweis auf die Aufrechnung mit der angeblichen Gegenforderung nicht bezahlen wird. Dass der Schuldner, der Leistungsempfänger die Entgeltforderung selbst nicht in Frage stellt und diese nach Obsiegen des Gläubigers im Streit um die Gegenforderung tatsächlich schließlich bezahlt, ist ohne Bedeutung; dies ergibt sich ohne Weiteres aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG, wonach bei nachträglicher Vereinnahmung des Entgelts der Umsatzsteuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen sind.

Entscheidend ist allein, ob der Gläubiger der Forderung auf Zahlung des Entgelts mit dem Bestehen einer aufrechenbaren Gegenforderung des Schuldners rechnen und deshalb davon ausgehen muss, dass beide Forderungen durch Aufrechnung erfüllt werden. Ob dies der Fall ist, ist im Wesentlichen eine Tatfrage.

Das FA könnte durch Hinzuziehung oder Beantragung der Beiladung sicherstellen, dass die Uneinbringlichkeit beim Leistenden und beim Leistungsempfänger gleich beurteilt wird. Das scheint allerdings nicht oft vorzukommen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.7.2006, V R 13/04

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