Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Es wird gebeten, dazu Stellung zu nehmen, in welcher Weise bei Übertragung eines Veräußerungsgewinns nach § 6b EStG auf anteilige Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Personengesellschaft, an der der Veräußerer mitunternehmerisch beteiligt ist, nach den Vorgaben der AO die Entscheidung darüber getroffen werden muss, ob und ggf. wann und in welcher Höhe die Voraussetzungen für eine Bildung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG erfüllt sind, und ob und ggf. in welchem Umfang und auf welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft der in die Rücklage eingestellte Gewinn übertragen werden kann.

 

Normenkette

§ 6b Abs. 3 EStG, § 122 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Landwirt, hatte im ersten Halbjahr des Wirtschaftsjahres 2001/2002 Grundstücke des Betriebsvermögens verkauft, deren Besitz mit Kaufpreiszahlung übergehen sollte. Der Kaufpreis wurde noch in 2001 gezahlt. Der Kläger erntete die Grundstücke aber noch im Jahr 2002 ab bzw. vereinnahmte Miete und Erbbauzinsen. In der Bilanz auf den 30.6.2002 bildete er für den Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG.

Im Mai 2006 erwarb der Kläger einen Kommanditanteil an einer § 6b-Fonds GmbH & Co. KG. Die KG stellte neben der Gesamthandsbilanz auf den 31.12.2006 für den Kläger in Höhe eines Teilbetrags der § 6b-Rücklage eine negative Ergänzungsbilanz auf und verteilte diesen Betrag auf Gebäude und Grund und Boden des Investitionsobjekts der KG. Der Gewinnanteil des Klägers aus der KG war um den AfA-Betrag aus der negativen Ergänzungsbilanz erhöht.

Nach einer Außenprüfung bei der KG kam das dortige FA zu der Auffassung, dass die § 6b-Rücklage nicht auf anteilige AK/HK des Klägers in der KG habe übertragen werden dürfen, weil die Rücklage zu einer Zeit gebildet worden sei, in der eine Übertragung auf Personengesellschaften nicht zulässig gewesen sei. In einem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid entfiel deshalb der Gewinn aus der negativen Ergänzungsbilanz des Klägers. Das FA der KG wies das für den Einzelbetrieb und die ESt-Festsetzung zuständige FA darauf hin, dass seiner Ansicht nach die Übertragung nicht zulässig gewesen sei, das ESt-FA aber die Entscheidung darüber zu treffen habe.

Das ESt-FA erfasste den Gewinn aus einer Zwangsauflösung der Rücklage wegen fehlender Übertragung im ESt-Bescheid 2006. Im Verfahren über den dagegen erhobenen Einspruch teilte das ESt-FA mit, der Gewinnfeststellungsbescheid der KG sei Grundlagenbescheid für den ESt-Bescheid und der Kläger könne Einwendungen in Bezug auf die Übertragung der § 6b-Rücklage nur gegen den Gewinnfeststellungsbescheid geltend machen.

Der Kläger legte Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid ein, der als unbegründet zurückgewiesen wurde, weil die Übertragung der Rücklage unzulässig gewesen sei. Dagegen erhob der Kläger Klage u.a. mit dem Antrag, den Gewinnanteil um den Ergänzungsbilanzgewinn zu erhöhen. Die Klage wurde in Bezug auf diesen Antrag wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen (FG München, Urteil vom 25.7.2017, 5 K 3197/13, Haufe-Index 13932888).

Im Revisionsverfahren macht der Kläger geltend, der Gewinnfeststellungsbescheid sei nichtig, weil er nicht erkennen lasse, bei welchem FA sein Begehren zu prüfen sei. Das FG habe effektiven Rechtsschutz verweigert. In der Sache sei der Gewinnanteil um den Ergänzungsbilanzgewinn zu erhöhen.

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Verfahren aus und forderte das Bundesministerium der Finanzen auf, dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beizutreten und zu der im Leitsatz genannten Frage Stellung zu nehmen.

 

Hinweis

1. Verfahrensrechtlich kann der BFH das Bundesministerium der Finanzen auffordern, einem Revisionsverfahren beizutreten (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO). Dazu sieht der BFH etwa dann Veranlassung, wenn eine allgemeine Verwaltungsvorschrift im Streit steht, damit die Argumente der Finanzverwaltung umfassend vorgetragen werden können. Im hier berichteten Fall gab es einen anderen Grund, nämlich die Unklarheit über das Verhältnis von zwei Verwaltungsverfahren, in denen dieselbe Rechtsfrage zu beantworten ist.

2. Materiell geht es um die Rechtsfrage, ob die in einem Einzelbetrieb gebildete § 6b-Rücklage wirksam auf anteilige AK/HK des Steuerpflichtigen als Gesellschafter einer Personengesellschaft über­tragen worden ist. Im Urteilsfall war die Zulässigkeit der Übertragung streitig, weil der zu übertragende ­Gewinn evtl. in einem VZ entstanden war, in dem nach § 6b Abs. 10 EStG a.F. die Übertragung des in einem Einzelunternehmen erzielten Gewinns auf ­anteilige AK/HK als Personengesellschafter unzulässig war. Die Entscheidung hängt davon ab, wann das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Wirtschaftsgütern übergegangen ist. Nach Meinung des FG und des Gewinnfeststellungs-FA muss darüber das Ausgangsbetriebs-FA entscheiden, weshalb sich der Stpfl. nicht erfolgreich gegen den Gewinnfeststellungbescheid wehren kann. Nach Meinung des für den Au...

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