Kommentar

1. Wird eine – der öffentlichen Mietpreisbindung unterliegende – Eigentumswohnung im Rahmen des gesetzlichen zulässigen Mietzinses auf Dauer vermietet , so daß sich jahrelang anhaltende Werbungskostenüberschüsse ergeben, fehlt trotzdem nicht die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht . Denn nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuß zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Diese Norm beruht auf der typisierenden Annahme, daß die langfristige Vermietung und Verpachtung trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt.

2. Liebhaberei ist nur ausnahmsweise anzunehmen, z.B. wenn der Steuerpflichtige sich nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen hat, wie bei der Beteiligung an einem Mietkaufmodell oder einem Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie.

3. Die Überschußerzielungsabsicht wird auch nicht allein dadurch in Zweifel gezogen, daß an Angehörige vermietet wird. Ob ein Mietverhältnis unter Angehörigen der Besteuerung zugrunde zu legen ist, entscheidet sich, sofern kein Scheingeschäft ( § 41 Abs. 2 AO 1977) vorliegt, insbesondere aufgrund des sogenannten Fremdvergleichs , also ob das Mietverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Wenn die vereinbarte Miete die Marktmiete unterschreitet , kann dies gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG allenfalls zur Kürzung der Werbungskosten führen, ist jedoch für den Fremdvergleich unerheblich

( Vermietung und Verpachtung ; Liebhaberei ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.09.1997, IX R 80/94

Hinweise:

1. Im entschiedenen Fall hatte die Ehefrau des Klägers ihre 58 qm große Eigentumswohnung seit 1985 für 350 DM monatlich an ihre Mutter vermietet, so daß sich Werbungskostenüberschüsse von jährlich zwischen rd. 12.000 DM und 7.000 DM ergaben. Während das FA und das FG (Berlin) für das Streitjahr 1988 Liebhaberei annahmen, gab der BFH dem Kläger recht. Die Sache ging nur deshalb an das FG zurück, um zu prüfen, welche AfA für das mit vermietete Inventar anzusetzen sind.

2. Die BFH-Entscheidung bestätigt im Grunde die ständige Praxis , daß bei Wohnungsvermietung auch anhaltende Verluste einkommensteuerlich regelmäßig hinzunehmen sind. Zwar muß nach dem Großen Senat des BFH ( BFH, Beschluß v. 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl 1984 II S. 751, 766 f. ) auch der Vermieter die Absicht haben, auf Dauer einen Totalüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften; nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt. Doch gelten nach dem jetzigen Urteil des IX. Senats für die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung Besonderheiten , insbesondere weil die Einkunftserzielung sich im Regelfall über längere Zeiträume – oft über Jahrzehnte – erstreckt und häufig zunächst jahrelang Werbungskostenüberschüsse getragen werden müssen, da mit Immobilien, wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften ist. Der Frage, ob der IX. Senat damit vom Großen Senat abgewichen ist, kann hier nicht weiter nachgegangen werden.

3. Für die Praxis wichtiger ist ein anderer Gesichtspunkt, der mir in der jetzigen Entscheidung zu kurz gekommen scheint. Im vorliegenden Fall stellt sich nämlich auch die Frage , ob nicht die geltend gemachten Werbungskosten wegen erheblich verbilligter Vermietung zu kürzen sind. Das ist nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG geboten, wenn der Mietzins weniger als 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Diese Regelung gilt nach dem BFH-Urteil v. 28.1.1997, IX R 88/94 (BStBl 1997 II S. 605) auch in Fällen, in denen die Miete aus „tatsächlichen” Gründen nicht erhöht werden kann, wobei entscheidend auf den Typisierungszweck der Vorschrift abgestellt wurde. Diese Begründung könnte wohl auch hier zum Zugekommen, also für die Fallgestaltung der gesetzlich begrenzten Miete (a.A. aber Stuhrmann in Blümich, EStG-KStG-GewStG, § 21 EStG , Rz. 317; nach „KE”, DStR – E – 1997 S. 580 aber mit dem Urteil v. 28.1997 „nicht entschieden”). Im vorliegenden Fall hätte Anlaß zur Klärung dieser Frage bestanden, weil der Kläger ausdrücklich geltend gemacht hatte, nach Ablauf der Mietpreisbindung sei mit einer monatlichen Miete von wenigstens 900 DM zu rechnen. So wird sich das FG bei seiner erneuten Entscheidung wohl auch vor die Frage gestellt sehen, ob der BFH die Frage der Werbungskostenkürzung bei preisgebundenem Wohnraum etwa stillschweigend verneint haben könnte.

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