Leitsatz

1. Bei der Berechnung des Höchstwerts i.S.d. § 16 BewG ist bei einem bebauten Grundstück auf die Gesamtregelung des § 146 BewG einschließlich der Mindestwertregelung des § 146 Abs. 6 BewG abzustellen.

2. Eine gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke des § 16 BewG ist entbehrlich, wenn aufgrund eines bereits gesondert festgestellten Grundbesitzwerts eine weitere gesonderte Feststellung für den Stichtag denselben Grundbesitzwert ergäbe.

 

Normenkette

§ 14 Abs. 1, § 15 Abs. 3, § 16, § 138 Abs. 5 S. 1, § 146 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin und ihre beiden Geschwister erhielten von ihrer Mutter 2002 zu gleichen Teilen ein vermietetes bebautes Grundstück geschenkt. Die Mutter behielt sich ein lebenslanges, unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück, das eine durchschnittliche Jahreskaltmiete von 88 732 EUR erzielte, vor.

Ein von der Klägerin zum Nachweis eines geringeren gemeinen Werts vorgelegtes Sachverständigengutachten bewertete das Grundstück unter Berücksichtigung der Nießbrauchsbelastung von 916 000 EUR mit 850 000 EUR. Das FA übernahm diesen vom Feststellungs-FA gesondert festgestellten (Bedarfs-)Wert und setzte gegen die Klägerin die Steuer für den Erwerb des Grundstücks auf 17 391 EUR fest. Der Grund und Boden hat laut Feststellungsbescheid allein als unbebautes Grundstück einen Wert von 1 682 500 EUR.

2004 verzichtete die 70-jährige Mutter der Klägerin auf den vorbehaltenen Nießbrauch gegen eine monatliche Zahlung von 3 000 EUR, die bei einem Mehrbedarf insbesondere wegen Pflegebedürftigkeit abänderbar war (Wertsicherungsklausel). Das FA sah in dem Nießbrauchsverzicht eine gemischte Schenkung und setzte gegen die Klägerin die Schenkungsteuer auf 32 619 EUR fest. Dabei übernahm es den Verkehrswert des aufgegebenen Nießbrauchs aus dem Sachverständigengutachten (916 000 EUR). Den Verkehrswert der dauernden Last (323 640 EUR) ermittelte es nach § 14 Abs. 1 BewG. Bei der Berechnung des Steuerwerts des aufgegebenen Nießbrauchs begrenzte das FA den Jahreswert der Nutzung gem. § 16 BewG – ausgehend vom Mindestwert des Grundstücks – auf 90 456 EUR.

Nach erfolglosem Einspruch setzte das FG (FG München vom 23.01.2008, 4 K 4101/05, Haufe-Index 2115303) die Steuer auf 30 029 EUR herab. Bei der Berechnung der Bereicherung ging es von einem Verkehrswert des aufgegebenen Nießbrauchs gem. § 14 Abs. 1 BewG i.V.m. der Anlage 9 zu § 14 BewG i.H.v. 797 700 EUR (Jahresmiete 88 732 EUR x 8,990) aus, wovon auf die Klägerin 265 900 EUR entfielen. Den Verkehrswert der dauernden Last bestimmte das FG ebenfalls nach § 14 Abs. 1 BewG auf 323 640 EUR (Anteil der Klägerin: 107 880 EUR). Die Wertsicherungsklausel blieb mangels Pflegebedürftigkeit der Mutter unberücksichtigt.

Das FG bejahte auch den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung, weil der vom FG als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin nach deren Angaben das deutliche Missverhältnis zwischen den Verkehrswerten des aufgegebenen Nießbrauchs (797 700 EUR) und der dauernden Last (323 640 EUR) bekannt gewesen sei.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte jetzt die Rechtsauffassung des FG und wies die Revision der Klägerin aus den unter Praxis-Hinweise genannten Gründen als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Im vom BFH entschiedenen Fall stellte sich zunächst die Frage, ob bezogen auf die vorliegende gemischte Schenkung der Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt war. Dies ließ sich angesichts der Fallumstände recht einfach bejahen.

a) Der objektive Tatbestand war schon erfüllt, weil der Verkehrswert des aufgegebenen Nießbrauchs erheblich höher war als der Verkehrswert der von der Klägerin und ihren Geschwistern übernommenen Zahlungen. Immerhin war die von der Mutter noch als Nießbraucherin vereinnahmte Miete von jährlich 88 732 EUR deutlich höher als der nach dem Nießbrauchsverzicht bestehende Versorgungsan­spruch von jährlich 36 000 EUR.
b) Aus Sicht des BFH war bei diesem Befund auch der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt. Da die Jahresmiete die jährlichen Versorgungsleistungen um etwa das Zweieinhalbfache überstieg, war aus Sicht des Gerichts "davon auszugehen, dass die Mutter der Klägerin das auffallend grobe Missverhältnis erkannt hat, sodass sie in dem Bewusstsein handelte, für den Nießbrauchsverzicht keine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten". Wer behauptet, zumindest dem Zuwendenden sei das auffallend grobe Missverhältnis nicht bekannt gewesen, muss dies durch konkreten Vortrag entkräften, was aber der Klägerin nicht gelang.

2. Die Bereicherungshöhe (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG) bestimmt sich schon nach bisheriger BFH-Rechtsprechung bei einer gemischten Schenkung nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Beschenkten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers, wobei die Gegenleistung entsprechend ihrem Anteil am Verkehrswert der Leistung des Zuwendenden von deren Steuerwert abzuziehen ist.

a) Der Verkehrswert des auf die Klägerin entfallenden Nießbrauchsverzichts betrug 265 900 EUR, wobei der Jahre...

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