Leitsatz

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe beginnt erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes erfüllt sind (ständige Rechtsprechung). Dies gilt für Personengesellschaften unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter. Die Einfügung des § 7 Satz 2 GewStG hat zu keiner Änderung dieser rechtlichen Beurteilung geführt.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 7 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Eine KG, deren Geschäft in der Planung und Herstellung von Möbeln (Einbauküchen) bestand, war Mitte des Jahres 2003 von einer GmbH und einer GmbH & Co. KG errichtet worden. Im September 2003 hatte sich die KG beim FA angemeldet und als Beginn der gewerblichen Tätigkeit den 1.1.2004 genannt. Im Oktober 2003 wurden ein Vertriebs- und ein Betriebsleiter eingestellt sowie ein Mietvertrag für ein vor Betriebsaufnahme noch herzurichtendes Objekt abgeschlossen. Mit Wirkung vom 2.1.2004 wurde eine Küchenplanungssoftware gemietet. Im Februar 2004 eröffnete die KG das Ladengeschäft.

Das FA lehnte es ab, für die KG einen vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2003 festzustellen.

Das FG (FG Berlin-Brandenburg vom 17.11.2010, 7 K 1993/06, Haufe-Index 2594111, EFG 2011, 725) gab der Klage statt. Zwar habe die KG sich im Jahr 2003 noch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt und damit grundsätzlich noch nicht der GewSt unterlegen. Weil die KG im Hinblick auf ihre Gesellschafter nach § 7 Satz 2 GewStG aber in Bezug auf die Veräußerungsgewinne wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werde, müssten bei ihr auch entsprechend einer Kapitalgesellschaft Vorlaufkosten gewerbesteuerlich als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

 

Entscheidung

Der BFH schloss sich dieser Beurteilung nicht an. § 7 Satz 2 GewStG sei als punktuelle Missbrauchsverhinderungsvorschrift anzusehen und bedeute keine Systemumstellung der GewSt für Personenunternehmen mit nicht natürlichen Gesellschaftern.

 

Hinweis

1. GewSt und ESt knüpfen zwar beide am gewerblichen Gewinn als Bemessungsgrundlage an, sind aber strukturell deutlich voneinander zu unterscheiden. Die GewSt besteuert als Objektsteuer den Gewerbebetrieb, während die ESt die Einkünfte des Unternehmers als Steuersubjekt erfassen will.

Aus dem unterschiedlichen Ansatz können sich trotz der beiderseitigen Anknüpfung an den Gewinn unterschiedliche Bemessungsgrundlagen ergeben. Dies gilt etwa für Betriebseinnahmen und -ausgaben, die vor Aufnahme oder nach Beendigung des werbenden Betriebs anfallen. Das ESt-Recht berücksichtigt diese, während das an den werbenden Betrieb anknüpfende GewSt-Recht auch nur die in der betreffenden Zeit anfallenden Betriebseinnahmen und -ausgaben erfasst. Vorweggenommene Betriebsausgaben führen deshalb nicht zu einem negativen Gewerbeertrag, nachlaufende Betriebseinnahmen nicht zu einem positiven Gewerbeertrag.

Dieses System gilt allerdings nicht für Kapitalgesellschaften. Da deren Tätigkeit immer und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), werden auch alle während der Existenz der Kapitalgesellschaft anfallenden Einnahmen und Ausgaben gewerbesteuerlich berücksichtigt. Verfassungsrechtlich wird die ungleiche Behandlung von Kapital- und Personenunternehmen aufgrund der unterschiedlichen Rechtsform als gerechtfertigt angesehen.

2. Im Urteilsfall war die Frage zu beantworten, ob für Personengesellschaften, an denen nicht natürliche Personen beteiligt sind, seit Inkrafttreten von § 7 Satz 2 GewStG dieselben Grundsätze wie für Kapitalgesellschaften gelten müssen. Denn soweit nicht ­natürliche Personen Gesellschafter einer Personengesellschaft sind, unterfallen auch Gewinne der GewSt, die aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs bzw. der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen anfallen.

Der BFH sieht in dieser Neuregelung aber – anders als zuvor das FG – keinen Systemwechsel der GewSt. Er betrachtet § 7 Satz 2 GewStG nur als eine punktuelle Regelung zur Missbrauchsvermeidung. Nach den Gesetzesmaterialien habe nur verhindert werden sollen, dass Kapitalgesellschaften Wirtschaftsgüter zum Buchwert in eine Tochterpersonengesellschaft auslagern und anschließend die Anteile an der Tochtergesellschaft von GewSt unbelastet veräußern können. Es bleibe dabei, dass Personenunternehmen grundsätzlich unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter gleich behandelt würden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.8.2012 – IV R 54/10

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