Leitsatz

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 Satz 1 AO ist im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) zu erlangen. Die Befreiung von der Belegausgabepflicht steht im Ermessen des Finanzamts und setzt die Unzumutbarkeit der Verpflichtung beim Unternehmer voraus.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin betreibt auf dem Hauptbahnhof Y eine Verkaufsfiliale der Bäckerei X als deren Kommissionärin und vertreibt eine Vielzahl geringwertiger Waren (Backwaren, Kaffee) überwiegend an Reisende. Sie beantragte beim Finanzamt nach § 146a Abs. 2 Satz 2 AO ohne Erfolg die Befreiung von der seit dem 1.1.2020 geltenden Belegausgabepflicht bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen (Massengeschäft). In der Folge stellte sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Befreiung von der Belegausgabepflicht.

 

Entscheidung

Das FG hat den Antrag, das Finanzamt zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig von der Belegausgabepflicht zu befreien, abgelehnt, weil sie bereits einen Anordnungsanspruch nicht substantiiert dargelegt und mit präsenten Beweismitteln glaubhaft gemacht hat.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers besteht die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht "unter den Voraussetzungen des § 148 AO". Danach setzt die Befreiung zusätzlich voraus, dass die Einhaltung der durch § 146a Abs. 2 Satz 1 AO auferlegten Belegausgabepflicht Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird.

Typischerweise sind Einzelhändler, z. B. Bäckereien, Eisdielen, Verkaufsstände für Obst und Gemüse, mit relativ einfacher Betriebsorganisation gemeint, die in schneller Folge eine Vielzahl eher kleinpreisiger Produkte in jeweils geringen Mengen gegen Barzahlung verkaufen. Somit kommt für die Antragstellerin im Grundsatz eine Befreiung von der Belegausgabepflicht in Betracht.

Allerdings konnte das FG im vorliegenden Eilverfahren mangels substantiierten Tatsachenvortrags nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 148 AO im Fall der Antragstellerin erfüllt sind, denn eine Härte im Sinne des § 148 AO setzt eine Pflicht von einigem Gewicht voraus, deren Erfüllung der Steuerpflichtigen nicht nur lästig sein darf, weil die Belastungen grundsätzlich alle Steuerpflichtigen in gleicher Weise treffen. Bloße Erschwerungen des Betriebsablaufs oder Kostennachteile reichen nicht aus. Vielmehr muss die Pflicht für den Steuerpflichtigen im konkreten Fall unzumutbar sein.

 

Hinweis

Die von der Antragstellerin erstrebte Befreiung von der Belegausgabepflicht ist ein pflichtendispensierender Verwaltungsakt. Der Anspruch auf Befreiung kann nach Ablehnung des entsprechenden Antrags und nach erfolglosem Einspruch in der Hauptsache mit der Verpflichtungsklage verfolgt werden. Der Antragstellerin bleibt daher die Möglichkeit, ihr Begehren im Hauptsacheverfahren mit substantiierter Begründung und gegebenenfalls der Vorlage von Beweismittel weiterzuverfolgen.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Beschluss v. 01.04.2020, 4 V 212/20

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