2.1.1 Konzeptverständnis

Vom Kennzahlen- zum Managementsystem

Ursprünglich noch als reines Kennzahlensystem zur Optimierung der kennzahlengestützten Unternehmenssteuerung vermarktet und mit dem Anspruch angetreten, die Finanzlastigkeit bestehender Kennzahlensysteme zu kompensieren, lassen sich aus heutiger Sicht 2 grobe Evolutionsstufen innerhalb der BSC-Konzeptentwicklung unterscheiden:

  1. BSC als Kennzahlensystem
  2. BSC als strategisches Managementsystem

Die einzelnen Evolutionsstufen weisen dabei ein unterschiedliches Verständnis bezüglich des primären Anwendungsgebietes sowie der zugrundeliegenden Wirkungsmechanismen auf.

BSC als Kennzahlensystem

In den meisten Veröffentlichungen wird der Beginn der BSC auf die erste BSC bezogene Publikation von Kaplan und Norton datiert, die unter dem Titel "The Balanced Scorecard – Measures That Drive Performance" 1992 im Harvard Business Manager erschien. Dem Titel entsprechend, liegt der Fokus des originären Konzeptes auf der reinen Kennzahlensteuerung und adressiert die Schwächen eindimensionaler Leistungskennzahlensysteme. Primär sollte die Vergangenheitsorientierung finanzieller Kennzahlen kompensiert werden, da diese lediglich anzeigen können, welche Leistung ein Unternehmen in der Vergangenheit erzielen konnte; nicht aber diejenigen Aspekte und Treiber hervorhebt, die für die zukünftigen finanziellen Erfolge kritisch sind.

Durch die Aufnahme von 3 weiteren – nichtfinanziellen – Perspektiven (Kundenperspektive, Prozessperspektive und Lern- und Entwicklungsperspektive) soll es dem Unternehmen mit der BSC ermöglicht werden, auf die zukünftigen Werttreiber des Unternehmens bzw. der Branche zu schauen. "The Balanced Scorecard keeps companies looking – and moving – forward instead of backward." Indem auch die nicht-finanziellen, jedoch ebenso erfolgskritischen Aspekte der Strategie gemessen werden, wird eine strategiekonforme Verhaltensänderung in der Organisation erwartet. "What gets measured gets done" übersetzt die Basisannahme der ersten Entwicklungsphase in einen griffigen und mittlerweile weitbekannten Slogan. Der Nutzen der BSC resultiert in diesem BSC-Verständnis aus dem Umstand, dass auch nichtfinanzielle Indikatoren in die Leistungsmessung mit aufgenommen werden und die rein retrospektive Perspektive um eine prospektive (sog. Frühwarnindikatoren) Perspektive erweitert wird.

BSC als strategisches Managementsystem

Beginnend mit dem zweiten Artikel im Harvard Business Review 1993 erweiterte das originale BSC-Konzept seinen ursprünglichen Fokus auf die (strategischen) Ziele, um mit dem dritten Beitrag 1996 auch die Kennzahlenzielwerte und die strategischen Initiativen in den Betrachtungsraum mit aufzunehmen. Die strategischen Ziele verschiedener Perspektiven dienen nun als Ausgangsbasis zur Ableitung der Kennzahlen und werden durch Kennzahlenzielwerte und strategische Initiativen weiter operationalisiert.

Die Wirksamkeit der BSC resultiert in diesem Konzeptverständnis aus dem Umstand, dass das Wissen um ein gewünschtes Ergebnis die Mitarbeiter einer Organisation nicht nur zur Optimierung einer singulären Kennzahl (sog. "Spitzen- oder Oberkennzahl") motiviert, sondern dass durch die Verwendung von Kennzahlen unterschiedlicher Perspektiven deutlich wird, wie der einzelne (Mitarbeiter) durch die Verbesserung der ihn betreffenden Kennzahlen einen Beitrag zur Erreichung der unternehmerischen Ziele leisten kann. Durch die multidimensionale Ableitung von Kennzahlen aus den strategischen Zielen bzw. aus den verschiedenen Perspektiven wird der Fokus geweitet und insgesamt mehr "balanced". Eine zielgetriebene Kennzahlenauswahl ermöglicht es den Führungskräften zudem, die Kennzahlen zur Kommunikation der strategisch relevanten Aspekte an die Mitarbeiter und anderer Stakeholder zu nutzen (BSC als Kommunikationssystem) und verdeutlicht, über welche Treiber das Unternehmen seine (finanziellen) Ziele und somit seine Vision und Mission zu erreichen versucht.

Durch die starke Betonung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den einzelnen strategischen Zielen in so genannten "Strategy Maps", qualifiziert sich die BSC in den Augen der Erfinder nicht mehr nur als Kennzahlensystem, sondern befähigt die Führungskräfte, das Unternehmen strategisch zu führen. Mit den Strategy Maps existiere ein visueller Rahmen für die strategischen Unternehmensziele innerhalb dessen die zugrundeliegenden Strategiehypothesen spezifiziert und durch die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den einzelnen Hypothesen visualisiert werden können. Die oftmals verschwommene Grenze zwischen der Strategy und dem, was die Mitarbeiter in ihrem Arbeitsalltag machen, löst sich konzeptgemäß auf und es kommt zu einer deutlich verbesserten Zusammenarbeit und Koordination zwischen den beteiligten Mitarbeitern. Das Wissen um die (miteinander verbundenen) strategischen Ziele der Organisation innerhalb der Strategy Map fokussiert die Mitarbeiter damit auf die relevanten Aspekte des Geschäftes, so dass ein gesteigerter Fokus und eine noch ausgeprägtere Zielo...

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