FinMin Nordrhein-Westfalen, 20.8.2001, S 2284 - 68 - V B 3

Die Aufwendungen zur Beseitigung von Grundwasserschäden an einem selbstgenutzten Einfamilienhaus bzw. einer selbstgenutzten Wohnung können unter den Voraussetzungen der R 187 Abs. 1 EStR und des grundlegenden BFH-Urteils vom 6.5.1994 (BStBl 1995 II S. 104) als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

1. Die Aufwendungen zur Beseitigung von Grundwasserschäden müssen die existenziell notwendigen Gegenstände Wohnung („das Wohnen”), Hausrat oder Kleidung betreffen. Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden z.B. an einem Pkw, einer Garage oder an Außenanlagen sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Aufwendungen für die Sanierung eines feuchten Kellers an einem Objekt, das der Stpfl. lediglich als Wochenendhaus/-wohnung nutzt, können ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden (FG München vom 31.5.1999, 13 K 4105/97).

2. Die Schäden müssen durch ein unabwendbares Ereignis entstanden sein. Unabwendbare Ereignisse sind plötzlich und überraschend eintretende Ereignisse (z.B. eine plötzliche Überschwemmung). Von einem unabwendbaren Ereignis ist hingegen nicht auszugehen, wenn das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Objekt in einem „Feuchtgebiet” liegt und es infolge höherer Niederschlagsmengen zu einem allmählichen Grundwasseranstieg kommt (FG Hamburg vom 13.7.2000, V 274/99, EFG 2000 S. 1325).

3. Dem Stpfl. müssen tatsächlich finanzielle Aufwendungen entstanden sein. Ein bloßer Schadenseintritt reicht nicht aus. Neben den Aufwendungen für die Schadensbeseitigung (einschließlich etwaiger Demontierungen der betroffenen Gebäudeteile) können auch die Kosten für die nachträglich erforderlichen Isolierungsmaßnahmen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

4. Die Aufwendungen müssen ihrer Höhe nach notwendig und angemessen sein und können nur berücksichtigt werden, soweit sie nicht zu einer Werterhöhung (sog. Gegenwertlehre) geführt haben. Entstehen die Aufwendungen innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Fertigstellung des Objekts, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass keine werterhöhenden Maßnahmen („Neu” für „Alt”) durchgeführt worden sind.

5. Nur der endgültig verlorene Aufwand kann berücksichtigt werden, d.h. die Aufwendungen sind um einen nach Schadenseintritt vorhandenen Restwert zu kürzen.

6. Der Stpfl. muss glaubhaft darlegen, dass er den Schaden nicht verschuldet hat und dass realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht bestehen.

Ein Mitverschulden des Stpfl. kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass einzelne Gewerke in Eigenleistung errichtet worden sind, es sei denn, es bestehen insoweit Anhaltspunkte für eine unsachgemäße Bauausführung. Ein teilweises Verschulden des Stpfl. an der Höhe der Aufwendungen ist aber z.B. anzunehmen, wenn Kellerräume entgegen den Angaben in der Baugenehmigung als Wohnraum genutzt werden. Anhaltspunkte hierfür können sich z.B. aus den in der Bewertungsstelle geführten Akten ergeben.

Sofern realisierbare Ersatzansprüche gegenüber Dritten ungewiss sind und Erfolgsaussichten nicht offenkundig bestehen, kann angesichts der zu erwartenden Kosten für ein Gutachten durch einen Bausachverständigen und sich daran zumeist anschließender Verfahrenskosten (u.a. Rechtsanwalt, Gerichtskosten) bei Aufwendungen von bis zu 25.000 DM auf eine gutachterliche Ermittlung der Schadensursache und ein etwaiges Verschulden Dritter verzichtet werden, sofern das Objekt in einem Gebiet liegt, in dem Feuchtigkeitsschäden aufgrund des Grundwasserspiegels vermehrt auftreten bzw. aufgetreten sind. Bei offenkundigen Mängeln in der Bausausführung sind allerdings Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten im Rahmen des § 33 EStG gegenzurechnen.

7. Ein Abzug scheidet aus, sofern der Stpfl. zumutbare Schutzmaßnahmen unterlassen oder eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat.

Zumutbare Schutzmaßnahmen (z.B. Errichtung einer weißen Schutzwanne) sind insbesondere dann zu ergreifen, wenn mit Schwankungen des Grundwasserspiegels im Baugebiet (z.B. bei Moorgebieten, Anlage von Peilbrunnen wegen Feuchtgefahr) zu rechnen ist. Entsprechendes gilt, wenn bei den Ausschachtungsarbeiten am Grundstück Grundwasserprobleme aufgetreten sind bzw. erkennbar waren oder wenn das Objekt besonders tief liegt.

Bezüglich der „üblichen Versicherungsmöglichkeit” ist zu beachten, dass Grundwasserschäden anders als Leitungswasserschäden nicht durch übliche Sachversicherungen abgedeckt sind.

8. Mit der Schadensbeseitigung muss innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen worden sein.

Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen bestehen keine Bedenken, die Aufwendungen bei dem geschilderten Sachverhalt als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

 

Normenkette

EStG § 33

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