Rz. 231

Steuerverstrickte Anteile nach § 22 UmwStG entstehen, wenn ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil unter dem gemeinen Wert in eine Kapitalgesellschaft als Sacheinlage eingebracht wird.[1] Die Veräußerung von steuerverstrickten Anteilen i. S. d. § 22 UmwStG wird, soweit sie innerhalb der ersten 7 Jahre nach der Einbringung erfolgt, nur zum Teil durch das (Teil-)Freistellungsverfahren begünstigt, § 22 UmwStG. Diese Sperrfrist soll verhindern, dass z. B. der veräußerungswillige Einzelunternehmer seinen Betrieb steuerneutral zu Buchwerten in eine GmbH einbringt und im unmittelbaren Anschluss die neuen Anteile an dieser GmbH veräußert und so nur 60 % des Veräußerungsgewinns versteuert.

Nach § 22 UmwStG sind die stillen Reserven rückwirkend im Zeitpunkt der Einbringung zu versteuern, wenn innerhalb der 7-Jahres-Frist eine Veräußerung erfolgt oder ein Ersatzrealisationstatbestand verwirklicht wird. Dieser steuerpflichtige Einbringungsgewinn I wird mit jedem abgelaufenen Zeitjahr nach der Einbringung um 1/7 vermindert. Die weiteren Einzelheiten sollen an einem Beispiel erläutert werden.

 

Rz. 232

 
Praxis-Beispiel

Der Einzelunternehmer A bringt sein Einzelunternehmen zum 1.1.2011 zum Buchwert in die NewCo GmbH ein. Das Betriebsvermögen hat einen Buchwert von 100.000 EUR. Der gemeine Wert des Betriebsvermögens beträgt 300.000 EUR. In 2012 veräußert A die neuen Anteile. Der am 1.6.2012 zu zahlende Veräußerungspreis beträgt: 400.000 EUR. Auf die Anteile an der NewCo GmbH entfallen Anschaffungskosten i. H. v. 100.000 EUR, § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG.

Lösung:

Steuerfolgen beim Anteilseigner

Einbringungsgewinn I nach § 22 Abs. 1 UmwStG im VZ 2011:

 
Gemeiner Wert zum 1.1.2011 300.000 EUR
./. Buchwert des Betriebsvermögens ./. 100.000 EUR
Differenz 200.000 EUR
hiervon 6/7 171.429 EUR

Der Einbringungsgewinn ist zu 6/7 steuerpflichtig, da erst ein Zeitjahr seit der Einbringung abgelaufen ist. Dieser Veräußerungsgewinn i. H. v. 171.429 EUR ist nach § 16 EStG i. V. m. § 22 I UmwStG rückwirkend im VZ 2011 (§ 175 I Nr. 2 AO) zu versteuern. Das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG) wird auf diesen Teil des Veräußerungsgewinns nicht angewendet. Es wird außerdem kein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder eine Vergünstigung nach § 34 EStG, gewährt, § 22 I Satz 1 Hs. 2 UmwStG.

Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG im VZ 2012

 
Veräußerungspreis 400.000 EUR
./. Anschaffungskosten der Anteile ./. 100.000 EUR
./. nachträgliche AK (= Einbringungsgewinn I, vgl. § 22 I Satz 4 UmwStG) ./. 171.429 EUR
Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG 128.571 EUR

Nach § 3 Nr. 40 c) i. V. m. § 3c II EStG sind 60 % des Veräußerungsgewinns steuerpflichtig (128.571 EUR * 60 % = 77.143 EUR)

Die steuerliche Behandlung des Veräußerungsgewinns beim Einzelunternehmer lässt sich also wie folgt zusammenfassen:

 
Veräußerungsgewinn insgesamt       300.000 EUR
aufgeteilt auf:        
  § 22 Abs. 1 UmwStG VZ 2011   171.429 EUR
  § 17 EStG VZ 2012   128.571 EUR
  davon steuerpflichtig 77.143 EUR  
  davon steuerfrei 51.428 EUR  

Der steuerfreie Teil des Veräußerungsgewinns ist nach § 3 Nr. 40 EStG außerbilanziell zu kürzen.

Steuerfolgen bei der GmbH

Die übernehmende GmbH kann den versteuerten Einbringungsgewinn I nach § 23 Abs. 2 UmwStG in der Steuerbilanz aktivieren, indem Sie die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter aufstockt. Voraussetzung für die Aktivierung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist neben einem Antrag, dass der Einbringende die Steuer auf den Einbringungsgewinn entrichtete und dies durch eine Bescheinigung des zuständigen FA nachweist, § 22 Abs. 5 UmwStG. Die Aufstockung in der Steuerbilanz ist gewinnneutral vorzunehmen. Erfolgt die Aufstockung in der doppelten Buchführung ergebniswirksam, ist eine korrespondierende außerbilanzielle Kürzung vorzunehmen.

[1] Auch die Einbringung von einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft führt ggf. zu steuerverstickten Anteilen, § 22 Abs. 2 UmwStG.

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