Je nachdem, in welcher Form der Betrieb geführt wird, kann eine gemischte Tätigkeit zu unterschiedlichen ertragsteuerlichen Würdigungen führen. Wenn sowohl eine freiberufliche wie auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, ist die Frage, ob die gewerbliche Tätigkeit die freiberufliche Tätigkeit infiziert, sodass insgesamt (nur) gewerbliche Einkünfte erzielt werden.

Prüfungsansatz

Geprüft wird die sog. "Infizierung" einer freiberuflichen Tätigkeit durch gewerbliche Elemente.

2.1 Einzelunternehmen

Bei Einzelunternehmern sind nur die freiberuflichen Bereiche (z. B. Zahnarzttätigkeit) von der Gewerbesteuer befreit. Daneben können weitere gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden (z. B. Verkauf von Mundhygieneartikeln). Die freiberuflichen Einkünfte bleiben gewerbesteuerfrei! Geprüft wird dann die sachgerechte Zuordnung der Betriebsausgaben zum freiberuflichen bzw. gewerblichen Bereich.

2.2 Gesellschaften / Gemeinschaften

Bei Personengesellschaften (einkommensteuerlich Mitunternehmerschaften) sind mehrere Punkte zu beachten:

2.2.1 Berufsträger

Jeder Gesellschafter muss "Heilberufler" sein. Ist ein Gesellschafter "Nichtberufsträger", erzielt die gesamte Gemeinschaft gewerbliche Einkünfte.

2.2.2 Gemischte Tätigkeiten

Wird neben der freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt (z. B. Verkauf von Mundhygieneartikeln durch eine Zahnarztpraxis oder Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln durch eine Augenarztpraxis), werden die Einkünfte insgesamt als solche aus Gewerbebetrieb erfasst und es unterliegt die gesamte Praxis der Gewerbesteuer. Die gewerbliche Tätigkeit infiziert damit die freiberufliche Tätigkeit.[1]

Geringfügigkeitsgrenze

Werden gewerbliche Umsätze in nur geringem Umfang des Gesamtumsatzes getätigt, liegt keine gewerbliche "Infizierung" (Abfärbung) vor. Die Rechtsprechung sieht diese Grenze zwischen 1,25 %[2] und 3 %:[3]

  • Bei einem Anteil von 1,25 % der originär gewerblichen Tätigkeit erfolgt eine Einkunftsumqualifizierung noch nicht.
  • Einkünfte werden nicht insgesamt zu solchen aus Gewerbebetrieb umqualifiziert, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.[4]

2.2.3 Gewerbesteuerfalle?

Durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuerschuld[1] werden die Folgen einer gewerblichen "Infizierung" gemindert bzw. neutralisiert. Das "Mehr" an Gewerbesteuer wird u. U. durch ein gleich hohes "Weniger" an Einkommensteuer kompensiert.

 
Praxis-Beispiel

Infizierung mit Gewerbesteuer

Die Betriebsprüfung beurteilt die Tätigkeit der ABC-Ärztegemeinschaft insgesamt als gewerblich. Der Gewinn der Gemeinschaft beträgt 300.000 EUR. Auf jeden Gesellschafter entfällt ein Gewinnanteil von 100.000 EUR. Die Einkommensteuer je Gesellschafter beträgt 33.000 EUR. Die Gemeinde, in der die Praxis betrieben wird, hat einen Hebesatz von

a) 350 %,

b) 500 %.

Abwandlung: Die Einkünfte werden als freiberuflich anerkannt.

Lösung:

 
Vergleichsrechnung:   a) b) Abwandlung
    gewerblich gewerblich freiberuflich
Berechnung der Gewerbesteuer       entfällt
Hebesatz   350 % 500 %  
Gewinn aus Gewerbebetrieb 300.000 EUR      
Freibetrag -24.500 EUR      
Gewerbeertrag 275.500 EUR      
Messbetrag 3,5 % 9.642 EUR      
anteilig pro Gesellschafter 1/3   3.214 EUR 3.214 EUR  
anteilige Gewerbesteuer (Messbetrag x Hebensatz)   11.249 EUR 16.070 EUR  
         
Gesamtsteuerbelastung        
Gewerbesteuer   11.249 EUR 16.070 EUR entfällt
Einkommensteuer   33.000 EUR 33.000 EUR 33.000 EUR
anrechenbarer Gewerbesteuer   -11.249 EUR   entfällt
(maximal aus Hebesatz 400 %)   -12.856 EUR  
Gesamte Steuer   33.000 EUR 36.144 EUR 33.000 EUR

Das Beispiel verdeutlicht, dass bei einem Hebesatz bis 400 % in vielen Fällen keine Mehrbelastung durch eine Gewerbesteuerpflicht eintritt.

2.2.4 Rechtsform

Schließen sich mehrere "Heilberufler" zusammen, stehen ihnen verschiedene Rechtformen zur Auswahl:

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts

Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) handelt es sich um die einfachste Form des Zusammenschlusses mehrerer Personen. Handelt es sich hierbei um Berufsträger mit heilberuflicher Tätigkeit, erzielt die Gesellschaft Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.[1]

Der Betriebsprüfer wird ein Augenmerk auf notwendiges Betriebsvermögen legen. Insbesondere bei Betriebsverlegungen oder Eigentümerwechseln kann es zu unliebsamen Überraschungen kommen.

 
Praxis-Beispiel

Entnahmegewinn bei Gesellschafterwechsel

Die DEF-Praxisgemeinschaft hatte Praxisräume vom Gesellschafter D angemietet. D hatte die Immobilie für 400.000 EUR erworben. Mieten wurden verrechnet. In Laufe der Jahre wurden 90.000 EUR Abschreibungen geltend gemacht. D scheidet aus. Der Wert der Immobilie beträgt 500.000 EUR. G tritt ein. Die Praxis zieht um ins Nebenhaus von G.

Lösung:

Die vermieteten Praxisräume waren notwendiges Sonderbetriebsvermögen des D.[2] Mit Ausscheiden aus der Praxisgemeinschaft erfolgt eine E...

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