Rz. 1

Die handels- und steuerrechtliche Beurteilung der grenzüberschreitenden gewerblichen Tätigkeit einer deutschen Spitzeneinheit hängt entscheidend davon ab, in welcher Organisationsform diese Geschäftstätigkeit durchgeführt wird. Dabei lassen sich in Abhängigkeit der Entwicklungsstufe des Auslandsengagements die in Abbildung 1 dargestellten Grundformen unterscheiden:

  • Der Export als Teil des Außenhandels umfasst Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalexport sowie Nutzungsüberlassungen einer inländischen Unternehmung im Ausland. Die Leistungserbringung gegenüber dem ausländischen Kunden erfolgt direkt ohne Nutzung einer niederlassungs- bzw. gesellschaftsrechtlich oder steuerrechtlich relevanten Einrichtung im Ausland. Ertragsteuerlich werden solche Direktgeschäfte im Ausland regelmäßig nicht erfasst, es sein denn, es greift eine beschränkte Steuerpflicht (z. B. bei Kapitalüberlassung, Handelsvertreter/-makler) oder eine Liefergewinnbesteuerung (bei wenigen Entwicklungsländern).[1]
  • Stützt die inländische Unternehmung (Spitzeneinheit) ihr Auslandsgeschäft auf eine ausländische Grundeinheit, sind folgende Ausprägungen einer solchen Direktinvestition möglich:[2]

    • Errichtung einer rechtlich unselbstständigen Zweigniederlassung im Ausland: Sowohl das ausländische Niederlassungs- bzw. Gesellschaftsrecht als auch das deutsche Steuerrecht reagieren auf diese Form der Grundeinheit. Handelsrechtlich wird die Zweigniederlassung als unselbstständiger Teil der inländischen Spitzeneinheit in deren Jahresabschluss erfasst. Steuerrechtlich wird die Zweigniederlassung als Betriebsstätte der Spitzeneinheit erfasst und unterliegt in Deutschland nach dem Universalitätsprinzip der unbeschränkten und im Ausland nach dem Territorialitätsprinzip der beschränkten Steuerpflicht; einer Doppelbesteuerung kann mit unilateralen oder bilateralen Maßnahmen begegnet werden.[3]
    • Gründung einer oder Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft: Ein Auslandsengagement unter Einbeziehung einer (Tochter-)Personengesellschaft kann durch Gründung einer solchen zusammen mit anderen In- oder Ausländern oder durch Eintritt in eine bestehende ausländische Personengesellschaft eingegangen werden. Handelsrechtlich besteht mangels deutscher Kaufmannseigenschaft für die ausländische Personengesellschaft keine Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Jahresabschlusses; hingegen besteht diese regelmäßig nach dem ausländischen Gesellschaftsrecht. Steuerrechtlich kann es zu einem Konflikt hinsichtlich der Steuersubjektqualifikation kommen, welche im Rahmen eines Rechtstypenvergleichs geprüft wird. Bei übereinstimmender Qualifikation wird der inländische Gesellschafter der ausländischen Personengesellschaft entsprechend dem Transparenzprinzip als Mitunternehmer angesehen (Mitunternehmerkonzept), die Besteuerung der ausländischen Personengesellschaft erfolgt analog der Auslandsbetriebsstätte.[4]

      Bei abweichender Qualifikation, also wenn die Personengesellschaft im Ausland als eigenständiges Steuersubjekt gilt, werden diese wie auch ihre Gesellschafter dem Trennungsprinzip folgend steuerlich entsprechend den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften besteuert (Kapitalgesellschaftskonzept). Sie gilt steuerlich als Auslandskapitalgesellschaft. Ob die Option nach § 1a KStG anwendbar ist und Erleichterungen hinsichtlich des Qualifikationskonflikts bringt, bleibt abzuwarten.

    • Gründung einer oder Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft: Analog zur Tochterpersonengesellschaft kann die Gründung ohne oder mit Beteiligung anderer (in- oder ausländischer) Gesellschafter erfolgen; die Beteiligung an einer schon bestehenden Gesellschaft erlaubt weitere Gesellschafter aus In- oder Ausland. Die meisten Zielstaaten deutscher Direktinvestitionen weisen den deutschen Kapitalgesellschaften vergleichbare Rechtformen auf, sind als juristische Personen selbstständig rechtsfähig und werden dem Trennungsprinzip entsprechend steuerlich behandelt (Auslandskapitalgesellschaft). Allerdings kann es auch bei kapitalgesellschaftsähnlichen Rechtsformen zu Qualifikationskonflikten kommen, die im Rahmen eines Rechtstypenvergleichs zu lösen sind. Das Ergebnis dieses gesellschafts- und steuerrechtlichen Typenvergleichs ist (ausschließlich) für die weitere steuerliche Behandlung – entweder als Auslandsbetriebsstätte oder als Auslandskapitalgesellschaft - maßgeblich.

Abb. 1: Grundformen grenzüberschreitender (gewerblicher) Geschäftstätigkeiten deutscher Spitzeneinheiten (Outbound-Geschäftstätigkeiten)[5]

 

Rz. 2

Im Rahmen dieses Beitrags werden diejenigen Grundformen betrachtet, bei denen dem Kapitalgesellschaftskonzept folgend die ausländische Grundeinheit als Auslandskapitalgesellschaft steuerlich erfasst wird. Je nach Subjektqualifikation kommt dafür – eher selten – die Rechtsform der ausländischen Personengesellschaft und – überwiegend – die der ausländischen Kapitalgesellschaft in Frage. Zudem wird in diesem Beitrag auf die laufende Rechnungslegung abgestellt; die Rechn...

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