Leitsatz

* 1. Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung stellen vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dar.

2. Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins führen demgegenüber regelmäßig nicht zu Werbungskosten.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG , § 12 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Stewardess, erwarb zunächst nach zweimonatiger Schulung in den USA den Privatpilotenschein (PPL). Die Aufwendungen hierfür betrugen 11.410 DM. Aufgrund eines Lehrgangs ab September 1996 erhielt sie im Oktober 1997 die Berufspilotenlizenz (CPL), anschließend die Flugberechtigung für Flugzeuge des Typs Boeing 737. Im Januar 1998 erwarb sie nach einer entsprechenden Schulung die Transport Pilot Licence (ATPL). Seither ist die Klägerin als Pilotin tätig.

Die gesamten Schulungskosten der Streitjahre 1996 und 1997 i.H.v. rund 36.000 DM bzw. rund 78.000 DM machte die Klägerin jeweils als vorab entstandene Werbungskosten geltend. Das FA berücksichtigte jeweils nur 2.400 DM als Sonderausgaben nach ? 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Klage der Klägerin (ESt 1996 und gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt auf den 31.12.1997) hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Klage führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung. Die Bildungsaufwendungen der Klägerin seien als Erwerbsaufwendungen anzuerkennen, ausgenommen seien lediglich die Kosten für den PPL in den USA als Privataufwand. Das FG habe zur Höhe der einzelnen Bildungsaufwendungen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 29.4.2003, VI R 86/99, BFH-PR 2003, 296) noch weitere Feststellungen zu treffen und – was noch nicht geschehen sei – über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt auf den 31.12.1996 zu entscheiden.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung wurde auf Bitte des BMF nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt. Der Wunsch des BMF dürfte weniger mit den Ausführungen des BFH zu Leitsatz 1, sondern mehr mit denen zu Leitsatz 2 zusammenhängen.

2. Bei Flugzeugführerlizenzen ist zwischen einer Privatpilotenlizenz (PPL) und einer Berufspilotenlizenz (Commercial Pilot Licence – CPL) zu unterscheiden. An Letztere können sich verschiedene besondere Flugberechtigungen z.B. für bestimmte Flugzeugtypen anschließen (im Streitfall für Flugzeuge des Typs Boeing 737 bzw. Transport Pilot Licence – ATPL).

3. Lässt sich eine Stewardess zum Berufspiloten ausbilden, so kann nach der neueren Rechtsprechung des BFH zu den Berufsbildungskosten kein Zweifel daran bestehen, dass die insoweit aufgewendeten Kosten für die Berufspilotenlizenz Erwerbsaufwendungen darstellen. Auf die Grundsatzurteile vom 4.12.2002, VI R 120/01, BFH-PR 2003, 97 und vom 27.5.2003, VI R 33/01, BFH-PR 2003, 345 wird hingewiesen.

4. Nicht völlig eindeutig erscheint allerdings die steuerliche Behandlung der Privatpilotenlizenz PPL dann, wenn diese – wie im Streitfall – eine Art Vorstufe zum CPL darstellt.

Denn mit Urteil vom 10.4.2002, VI R 46/01, 2002, 327 hat der BFH entschieden, dass Aufwendungen für einen Fremdsprachen-Grundkurs unter Umständen zu Erwerbsaufwendungen führen können. Dies jedenfalls dann, wenn die Grundkenntnisse für die – als nächst angestrebte, höher qualifizierte – berufliche Betätigung erforderlich sind. Braucht ein Steuerpflichtiger die Fremdsprachenkenntnisse für seinen beruflichen Aufstieg, so ist eine berufliche Veranlassung anzunehmen.

Gleichwohl hat der BFH im Streitfall entschieden, dass der von der Stewardess vorgeschaltete Kurs zum Erwerb der PPL dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuweisen ist. Der BFH hat eingehend begründet, dass durch den Besitz der PPL zwar ein Teil der praktischen Ausbildung des CPL bzw. ATPL nachgewiesen werden konnte. Gleichwohl stellt der Erwerb der PPL nicht notwendigerweise eine Vorstufe für den Erwerb der Berufspilotenlizenz CPL dar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.5.2003, VI R 85/02

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