Die mitlaufende Kalkulation beinhaltet die folgenden Positionen (s. Abb. 9):

  • angefallene Istkosten, bestehend aus

    • gebuchten Istkosten sowie
    • disponierten, aber noch nicht gebuchten Kosten (Bestellobligo),
  • die noch zu erwartenden Kosten, bestehend aus

    • Restbudget (offene Leistung zu Plankosten) sowie
    • Kostenänderungen im offenen Leistungsumfang.

Abweichungs­analyse

Stellt man die prognostizierten Gesamtkosten der ursprünglichen Auftragskalkulation gegenüber, zeigen sich die über den gesamten Auftrag zu erwartenden Kostenabweichungen.

Abb. 9: Grundschema der mitlaufenden Kalkulation

Die Betrachtung der prognostizierten Auftragsgesamtkosten ist wesentlich sinnvoller als die reine Gegenüberstellung von Istkosten und Plankosten des bisher durchgeführten Leistungsumfangs (Istleistung zu Plankosten). Durch die Gesamtprognose wird erkennbar, ob sich die "Verteuerungen" des Auftrags eher kumulieren oder durch zukünftige Einsparungen noch kompensiert werden können. Letzteres ist aus unserer Erfahrung eher selten der Fall, aber durchaus denkbar, wenn z. B. durch einen Mehraufwand in der Detailplanung am Anfang des Auftrags Kosteneinsparungen in der Ausführung erfolgen.

5.2.1 POC-Methode

In diesem Zusammenhang sind die Betrachtung und die Verfolgung der Kennzahl des Leistungsfortschritts eine sinnvolle Ergänzung. Diese wird im Rahmen der international üblichen Percentage-of-Completion-Methode (POC-Methode) zur Bewertung von halbfertigen, langlaufenden Fertigungsaufträgen bestimmt. Dabei wollen wir nicht die Sinnhaftigkeit der POC-Methode gegenüber der nach deutschem HGB üblichen Completed-Contract-Methode (CC-Methode) und die damit verbundenen Unterschiede in der Gewinnrealisierung erörtern; vielmehr interessiert uns die Kennzahl an sich, die sich wie folgt berechnet:

 
Leistungsfortschritt = Istkosten des Auftrags
Gesamtkosten des Auftrags
= Istkosten des Auftrags
Istkosten des Auftrags + noch zu erwartende Kosten

Leistungsfortschritt als KPI

Trägt man den Leistungsfortschritt im Zeitverlauf auf, lassen sich sehr gut Unregelmäßigkeiten aufdecken. So kann es durch späte und/oder massive Anpassungen der prognostizierten noch zu erwartenden Kosten zu einem Rückgang des Leistungsfortschritts kommen. Dieser kann, wenn die POC-Methode im externen Rechnungswesen angewendet wird, zu negativen Umsätzen führen. Gerade Mitarbeiter, die Verzögerungen schon vorher kannten, diese aber lange nicht in die Prognose der noch zu erwartenden Kosten einrechnen wollten, können sich bei negativen Umsätzen der vollen, nicht unbedingt positiven Aufmerksamkeit ihrer Vorgesetzen sicher sein. Die Anwendung der POC-Methode erzieht daher aus unserer Erfahrung zu einer höheren Prognosegenauigkeit.

5.2.2 Kosten-Trend-Diagramme

Für die Terminkontrolle haben sich aus unserer Sicht die sog. Meilenstein-Trend-Diagramme bewährt. Hier werden auf der X-Achse die Berichtszeitpunkte abgetragen und auf der Y-Achse die zum jeweiligen Berichtszeitpunkt geschätzten Fertigstellungstermine der verschiedenen Arbeitspakete. Bei Kosten-Trend-Diagrammen werden auf der Y-Achse für jedes Arbeitspaket die Schätzungen der kumulierten Kosten bis zum Abschluss des jeweiligen Arbeitspakets abgetragen (s. Abb. 10).

Abb. 10: Kosten-Trend-Diagramm für den Bau der Destillationskolonne

Die Interpretation der Kosten-Trend-Diagramme erfolgt analog zu den Meilenstein-Trend-Diagrammen. Waagrechte Linien zeigen eine planmäßige Auftragsabwicklung, ansteigende Linien Kostensteigerungen während der Auftragsabwicklung.

 
Praxis-Tipp

"Hockeysticks" vermeiden!

Am gefährlichsten sind die sog. "Hockeysticks" im Kosten-Trend-Diagramm, d. h. Linienverläufe, die zunächst lange waagrecht verlaufen und erst kurz vor dem ursprünglich geplanten Fertigstellungstermin des Arbeitspakets "davonrasen". Ein solcher Verlauf ist weniger das Resultat einer wirklich am Ende des Arbeitspakets auftretenden Schwierigkeit als vielmehr das einer mangelnden Prognosefähigkeit oder -willigkeit der Mitarbeiter. Bei mangelnder Prognosefähigkeit ist der zuständige Mitarbeiter zu schulen, bei mangelnder Prognosewilligkeit sind andere Konsequenzen zu ziehen.

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