In den organisatorischen Aspekten der Angebots- und Verhandlungsphase liegen aus unserer Sicht Hauptursachen für die eingangs erwähnten Verlustaufträge. Dies lässt sich auf Basis der Gegenüberstellung des typischen Verlaufs der Kosten eines Investitionsobjekts mit dem Verlauf der Beeinflussbarkeit dieser Kosten illustrieren (s. Abb. 8). Die Kosten der Phase der Angebotserstellung sind im Verhältnis zu den Kosten der Auftragsabwicklung und natürlich zu den Kosten des Betriebs des Investitionsobjekts verschwindend gering. Auf der anderen Seite sind in der Phase der Angebotserstellung die Möglichkeiten, die Gesamtkosten des Investitionsobjekts über alle Phasen zu beeinflussen, am höchsten.

Abb. 8: Kosten eines Investitionsobjekts: Beeinflussbarkeit und absolute Höhe im Vergleich

Auftragsgröße und Planungsaufwand – ein Paradoxon

Die logische Konsequenz aus der Darstellung in Abb. 8 wäre eine Verdoppelung des Einsatzes von technischen und wirtschaftlichen Mitarbeitern in der Angebotsphase. Dies würde die Qualität des Engineering und die Genauigkeit der Vorkalkulation drastisch erhöhen und somit zu geringeren Gesamtkosten und zu einem geringeren Verlustrisiko führen. Auf der anderen Seite würde eine Verdoppelung des Einsatzes die Gesamtkosten des Investitionsobjekts nur geringfügig verändern.

In der Praxis beobachten wir aber wie beschrieben das Paradoxon, dass der Planungsaufwand eher unterproportional mit der Auftragsgröße wächst. Die Ursachen hierfür sind vielfältig:

  • Die Arbeit an Angeboten erfolgt meist durch Mitarbeiter "nebenher", d. h. durch Mitarbeiter, die schon durch andere Aufgaben ausgelastet sind. Daher gibt es gerade in "guten" Zeiten Ressourcenengpässe, die den Aufwand der Angebotserstellung begrenzen.
  • Die Angebotserstellung und die Vertragsverhandlung von Aufträgen mit größerem Auftragsvolumen und -risiko sind organisatorisch meist höher "aufgehängt". Dies mag aus Verantwortungsgesichtspunkten richtig sein. Auf der anderen Seite neigen Manager auf höheren Ebenen dazu, ihre Entscheidungen weniger durch die technischen und wirtschaftlichen Details leiten zu lassen als durch strategische Gesichtspunkte.
 
Achtung

Vorsicht bei "strategischen" Aufträgen und Projekten

Hinter solchen "strategischen" Aufträgen verbirgt sich häufig die Idee, einen verlustbringenden Auftrag zu akzeptieren, um ein neues Markt- oder Kundensegment zu erschließen bzw. eine neue Technologie zu entwickeln. Dies führt aus unserer Sicht häufig unausweichlich zu Verlustaufträgen. Bei solchen Aufträgen navigiert das Unternehmen in den Vertragsverhandlungen technisch und wirtschaftlich im Blinden. Es weiß weder, was die einzelnen Kundenanforderungen kosten, noch, ob sie überhaupt realisierbar sind.

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