Leitsatz

1. Eine Personengesellschaft, deren alleiniger Zweck es ist, ein Gebäude zu errichten und zu vermieten, und die im Zusammenhang mit ihrer Gründung und der Aufnahme von Gesellschaftern rechtlich beraten wird, bezieht die Beratungsleistungen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG für ihr Unternehmen.

2. Eine Personengesellschaft erbringt bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage an diesen keinen steuerbaren Umsatz und damit auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz.

3. Der Vorsteuerabzug für die rechtliche Beratung der Gesellschaft anlässlich ihrer Gründung ist nicht nach § 15 Abs. 2 UStG oder Art. 17 der 6. EG-RL ausgeschlossen. Entscheidend ist, dass die Kosten der bezogenen Beratungsleistungen allgemeine Kosten des Unternehmens sind und deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers zusammenhängen.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG , § 15 UStG , Art. 17 der 6. EG-RL , Art. 19 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, beabsichtigte – unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG – steuerpflichtige Vermietungsumsätze als geschlossener Immobilienfonds. Das Konzept wurde geändert und stattdessen C aufgenommen. Für die rechtliche Beratung des Fondskonzepts sowie die Gesellschaftsgründung stellte ein Anwalt eine Rechnung. Die Vorsteuer hieraus machte die Klägerin erfolglos geltend.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen statt.

 

Hinweis

Es handelt sich um die Nachfolgeentscheidung zum EuGH, Urteil vom 26.6.2003, Rs. C-442/01, KapHag (BFH-PR 2003, 357). In dieser Entscheidung hatte der EuGH entschieden, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.d. Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL erbringt. Demzufolge ist die Aufnahme eines Gesellschafters (auch) kein steuerfreier Umsatz. Zweifelhaft war weiter, ob Vorsteuerbeträge, die mit einer nichtsteuerbaren Tätigkeit zusammenhängen, abziehbar sind.

Die unternehmerische Tätigkeit beginnt bereits mit Vorbereitungshandlungen, die auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sind. Die Gründung einer Gesellschaft ist zwar noch keine wirtschaftliche/unternehmerische Tätigkeit. Entscheidend ist jedoch, dass es sich um Leistungsbezüge handelt, die allgemeine Kosten des Unternehmens sind und deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit dessen wirtschaftlicher Tätigkeit zusammenhängen.

Sind nur steuerpflichtige Umsätze beabsichtigt, steht dem Unternehmer der volle Vorsteuerabzug zu. Bei gemischten, teils steuerfreien Umsätzen ist aufzuteilen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG bzw. Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 19 der 6. EG-RL nach dem sog. Pro-rata-Satz). Hierzu hat der EuGH bereits entschieden, dass Einnahmen aus nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs i.S.d. Art. 17 und 19 der 6. EG-RL unberücksichtigt bleiben (vgl. z.B. EuGH, Urteile vom 27.9.2001, Rs. C-16/00, Cibo Participations, BFH-PR 2002, 24 und vom 29.4.2004 Rs. C-77/01, EDM, BFH-PR 2004, 281). Sie mindern also den Vorsteuerabzug grundsätzlich nicht, auch wenn für sie kein Vorsteuerabzugsrecht besteht. Dass dies so sei, hat der EuGH in dem Dividenden aus Beteiligungen (– kein Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit! –) betreffenden Urteil Cibo Participations entschieden und in EDM bestätigt. Wenn eine Holding danach sowohl Umsätze tätige, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht bestehe, könne sie den Vorsteuerabzug für den Teil der Mehrwertsteuer vornehmen, der dem Betrag der erstgenannten Umsätze entspricht.

Für den Erwerb einer Beteiligung an einer Gesellschaft und der "Veräußerung" einer derartigen Beteiligung gelten dieselben Grundsätze. Eine Gesellschaft mit besteuerten Umsätzen erhält grundsätzlich den Vorsteuerabzug auch für – nichtsteuerbare – Dienstleistungen bei der Aufnahme eines Gesellschafters (Veräußerung einer Beteiligung an der Gesellschaft), wenn die Kosten dieser Dienstleistungen zu ihren allgemeinen Kosten gehören und deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen. Ob dies das letzte Wort ist, ist zweifelhaft; denn mit einem unbedeutenden steuerpflichtigen Umsatz könnte eine sonst nicht wirtschaftlich tätige Holding den vollen Vorsteuerabzug erreichen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.7.2004, V R 32/00

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