OFD Koblenz, 27.3.2003, S 2183b A

Gemäß § 7g Abs. 5 EStG ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die nach § 7g Abs. 3 EStG gebildete Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen. Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist der Gewinnzuschlag entsprechend vorzunehmen (§ 7g Abs. 6 EStG).

Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Bremen in seinem Urteil vom 12.8.2002 – 1 K 245/01 – soll dieser Regelungsinhalt bei Gewinnermittlern nach § 4 Abs. 3 EStG in Fällen einer unterjährigen Auflösung nicht anzuwenden sein. In dem Urteilsfall hatte der Kläger eine im vorangegangenen Wirtschaftsjahr gebildete Rücklage im Laufe des folgenden Wirtschaftsjahres wegen Aufgabe der Investitionsabsicht vorzeitig im Sinne des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufgelöst. Da die Rücklage nicht ein volles Wirtschaftsjahr bestanden habe, sei – so das FG Bremen – kein Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG vorzunehmen. Das FG Bremen begründet seine Auffassung damit, dass bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wegen der Grundsätze des § 11 EStG solche Rücklagen innerhalb des Wirtschaftsjahres aufgelöst werden können, während bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, 5 EStG wegen des Betriebsvermögensvergleichs zu Beginn und am Ende des Wirtschaftsjahres eine unterjährige Gewinnauswirkung ausgeschlossen sei.

Wegen anderer Gründe musste die vom FA eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen werden, so dass das Urteil des FG Bremen bestandskräftig geworden ist.

Sofern sich Steuerpflichtige auf dieses Urteil berufen, bitte ich die darin genannte Rechtsauffassung nicht zu vertreten, sondern den Gewinnzuschlag auch dann für ein volles Wirtschaftsjahr vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die Ansparrücklage ohne begünstigte Investition nach § 7g Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 5 EStG durch Buchung einer Betriebseinnahme im Laufe des Wirtschaftsjahres aufgelöst hat. Insoweit verweise ich auf das nicht rechtskräftige Urteil des FG Münster vom 20.9.2001, EFG 2002 S. 387 (Az. des Bundesfinanzhofs: X R 71/01).

Der Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG soll den durch die Gewinn mindernde Bildung der Rücklage entstehenden Vorteil (Steuerstundung durch das Vorziehen von Abschreibungsvolumen) ausgleichen, soweit das entsprechende Wirtschaftsgut nicht, nicht fristgerecht oder zu geringeren Kosten angeschafft oder hergestellt wurde. Maßgebend ist, dass die Rücklage im Ergebnis – unabhängig von der Gewinnermittlungsart – die (voraussichtliche) Gewinnauswirkung in einem künftigen Wirtschaftsjahr vorzieht und insoweit ein Steuervorteil entsteht.

Gemäß § 4a EStG ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln. Das Wirtschaftsjahr entspricht bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und bei bilanzierenden Steuerpflichtigen ohne abweichendes Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, das Grundlage für den für die Einkommensteuer maßgebenden Veranlagungszeitraum (§ 25 Abs. 1 EStG) ist.

Nach § 7g Abs. 6 EStG ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Bildung einer Ansparrücklage als Betriebsausgabe und die Auflösung als Betriebseinnahme zu erfassen. Der Zeitraum zwischen Bildung und Auflösung der Rücklage gilt als der Zeitraum, in dem die Rücklage bestanden hat.

Steuerlich wirkt sich die gewinnmindernde Bildung der Ansparrücklage erst bei der (abschließenden) Gewinnermittlung am Schluss des Wirtschaftsjahres aus. Ausschließlich der auf diesen Zeitpunkt ermittelte Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ist Grundlage für die Einkommensteuerfestsetzung des entsprechenden Veranlagungszeitraums. Eine vorherige Rücklagenauflösung (fiktiver Betriebsausgabenabzug) im laufenden Wirtschaftsjahr ist aus steuerlicher Sicht insoweit unerheblich. Auch die gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage (fiktive Betriebseinnahme) in einem Folgejahr wirkt sich erst am Ende des Gewinnermittlungszeitraums aus. Dies sind die (fiktiven) Abfluss- und Zuflusszeitpunkte.

Aus steuerlicher Sicht besteht der oben genannte Stundungseffekt folglich mindestens ein (dem Kalenderjahr entsprechendes) volles Wirtschaftsjahr. Das gilt unabhängig von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG. Diese Auslegung von § 7g Abs. 5 EStG entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in mindestens einem Veranlagungszeitraum auszugleichen.

Die gleiche Auffassung bitte ich auch bei der Auflösung von Rücklagen nach § 6c EStG zu vertreten.

Es bestehen keine Bedenken, Einspruchsverfahren im Hinblick auf das o.a. anhängige Revisionsverfahren ruhen zu lassen. Aussetzung der Vollziehung kann gewährt werden.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 5

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