Leitsatz

Vor Einführung des § 5 Abs. 3 GrEStG war die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG ganz oder teilweise zu versagen, wenn zwischen den Gesellschaftern der erwerbenden Gesamthand abgesprochen (geplant) war, dass der grundstückseinbringende Alleineigentümer seine Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand aufgibt oder verringert. Da die Versagung der Steuervergünstigung auf der Erwartung beruhte, dass der Plan auch vollzogen wird, stellte die Aufgabe des Plans ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 2 GrEStG, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb 1996 von einem ihrer Gesellschafter, einer GmbH, der zu 99 % am Gesamthandsvermögen beteiligt war, mehrere Eigentumswohnungen. Der Erwerb sollte durch die Aufnahme neuer Gesellschafter finanziert werden. Die Beteiligung der GmbH sollte sich dadurch auf 0,19 % mindern. Das FA besteuerte den Erwerb nach dem vollen Kaufpreis, ohne eine Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG zu gewähren. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Da sich in der Folgezeit keine neuen Gesellschafter finden ließen, veräußerte die Klägerin die Eigentumswohnungen bei unverändert fortbestehender Beteiligung der GmbH weiter und beantragte nunmehr, die Steuer nachträglich gem. § 5 Abs. 2 GrEStG herabzusetzen. Die Aufgabe des Plans, die Beteiligung der GmbH zu mindern, stelle ein rückwirkendes Ereignis dar.

Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.10.2007, 3 K 233/07, Haufe-Index 1965856).

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Auffassung der Klägerin und verpflichtete das FA, den beantragten Änderungsbescheid zu erlassen

 

Hinweis

Der Streitfall betraf einen Erwerbsvorgang vor Einführung des am 01.01.2000 in Kraft getretenen § 5 Abs. 3 GrEStG.

1. Für Erwerbsvorgänge nach 1999 gilt, dass die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG zunächst zu gewähren sind und dass eine spätere Verminderung der Gesellschaftsbeteiligung des grundstückseinbringenden bzw. -übertragenden Gesamthänders jeweils ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellt. § 5 Abs. 3 GrEStG fällt nämlich unter § 175 Abs. 2 S. 1 Alternative 1 AO, wonach als rückwirkendes Ereignis auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung gilt, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss. Eine solche Zeitbestimmung enthält § 5 Abs. 3 GrEStG, indem er Verminderungen der Gesellschaftsbeteiligung innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang für steuerschädlich erklärt.

2. Bei Erwerbsvorgängen vor 2000 konnten die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nur versagt werden, wenn die spätere – aber noch in einem zeitlichen Zusammenhang eingetretene – Verminderung der Beteiligung des grundstückseinbringenden bzw. -übertragenden Gesamthänders bereits im Zeitpunkt der Einbringung/Übertragung innerhalb der Gesamthand abgesprochen war. Denn nur mithilfe dieser Absprache ließ sich die spätere Verminderung der Beteiligung überhaupt auf den Erwerbszeitpunkt zurückbeziehen. Angesichts dieser rechtlichen Vorgaben waren die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG bereits bei der erstmaligen Besteuerung des Erwerbsvorgangs zu versagen.

3. Kam es dann in der Folgezeit nicht zu der abgesprochenen Anteilsverminderung und blieb der Anteil des grundstückseinbringenden bzw. -übertragenden Gesamthänders jedenfalls bis zu einer Weiterveräußerung des Grundstücks durch die Gesamthand unverändert, stellte sich die Frage nach einer Änderungsbefugnis. Diese Frage beantwortet der BFH nunmehr wie aus dem Leitsatz ersichtlich. Würde man in solchen Fällen eine Änderungsmöglichkeit verneinen, liefe das auf eine Besteuerung von Absichten hinaus. Derartiges hatte der BFH nicht intendiert, als er die für Erwerbsvorgänge vor 2000 maßgeblichen Grundsätze entwickelte. Die Aufgabe des Plans als rückwirkendes Ereignis ist eingetreten, sobald sie nach außen sichtbar hervorgetreten ist.

4. Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, die sog. "Plan-Rechtsprechung" gelte neben dem § 5 Abs. 3 GrEStG mit der Maßgabe weiter, dass auch bei Erwerbsvorgängen nach 1999 die Vergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG bei Vorliegen eines solchen Plans bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung für den Grundstückserwerb durch die Gesamthand zu versagen seien, ist dem nicht zu folgen. Es ist nicht zu sehen, weshalb es nötig sein soll, etwa die Problematik, was unter einem zeitlichen Zusammenhang zu verstehen war, fortzuschleppen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.12.2008 – II R 55/07

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