Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.09.2009; Aktenzeichen 6 AZR 369/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 1 652,54 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Drittschuldnerklage um Lohnansprüche des Streitverkündeten.

Die Klägerin ist die Tochter des Streitverkündeten … der als Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt ist. Wegen ihr zustehender Unterhaltsansprüche schloss sie mit dem Streitverkündeten vor dem Amtsgericht Bayreuth – Familiengericht – am 09.01.2006 einen Vergleich, wonach der Streitverkündete an die Klägerin monatlich 316,00 EUR laufenden Unterhalt zu leisten hat sowie zur Begleichung von Unterhaltsrückständen für die Zeit von Juli bis November 2005 einen Betrag in Höhe von 1 500,00 EUR nachzuzahlen. Aufgrund dieses Titels erwirkte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 23.03.2006, der der Beklagten am 28.03.2006 zugestellt wurde. Aufgrund dessen zahlte die Beklagte von dem Arbeitseinkommen des Streitverkündeten ab Mai 2006 neben dem laufenden Unterhalt in Höhe von 316,00 EUR monatlich jeweils weitere Beträge hinsichtlich der Unterhaltsrückstände (vgl. Bl. 4 d.A.). Mit Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth – Insolvenzgericht – vom 07.09.2006 wurde über das Vermögen des Streitverkündeten das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet (Bl. 37/38 d.A.). Für Oktober und November zahlte die Beklagte aufgrund des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses lediglich jeweils noch 316,00 EUR an laufendem Unterhalt.

Mit ihrer Klage vom 24.11.2006, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, der Beklagten zugestellt am 30.11.2006 verlangt die Klägerin für die Zeit ab Oktober 2006 von der Beklagten die Zahlung weiterer Lohnansprüche des Streitverkündeten bis zu Abdeckung der Unterhaltsrückstände zuzüglich der Verfahrenskosten. Die Beklagte habe mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zahlungen zu Unrecht auf die laufenden Unterhaltsleistungen beschränkt. Vielmehr müsse sie auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das bereits zuvor gepfändete Arbeitseinkommen des Streitverkündeten in Höhe der pfändbaren Bezüge auch hinsichtlich der Unterhaltsrückstände an die Klägerin abführen. Die Vorschriften des Insolvenzrechts, wonach Verfügungen über die Bezüge für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die vor Eröffnung des Verfahrens getroffen worden sind, unwirksam wurden, galten hinsichtlich von Unterhaltsansprüchen nicht. Vielmehr müsse der Drittschuldner auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners Unterhaltsrückstände weiterhin begleichen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1 652,54 EUR zu bezahlen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Beklagte beantragt demgegenüber,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Streitverkündeten aufgrund des ihr vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses lediglich noch das Arbeitsentgelt in Höhe der laufenden Unterhaltsleistungen an die Klägerin abführen zu müssen. Unterhaltsrückstände seien normale Insolvenzforderungen, wegen derer sich die Klägerin an den Insolvenzverwalter wenden müsse. Das Verbraucherinsolvenzverfahren habe auch den Sinn, den Schuldner von Unterhaltsrückständen zu befreien. Dieser Zweck könne nur erreicht werden, wenn wegen der Unterhaltsrückstände auf die Insolvenzmasse nicht im Wege der Einzelzwangsvollstreckung zugegriffen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15.12.2006 (Bl. 55 d.A.) Herrn … den Streit verkündet. Der Streitverkündete ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin kann für die Zeit ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Streitverkündeten spätestens ab Oktober 2006 aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 23.03.2006 nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Arbeitsentgelt des Streitverkündeten zugreifen, soweit es um aufgelaufene Unterhaltsrückstände geht.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden gemäß § 114 III InsO Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung aus der Zeit vor Eröffnung des Verfahrens hinsichtlich von Bezügen aus einem Dienstverhältnis für die spätere Zeit unwirksam. Dies gilt wegen §§ 114 III 3, letzter Halbsatz, 89 II 2 InsO zwar nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruches.

Diese Ausnahme gilt jedoch nur für laufende Unterhaltsansprüche. Für Unterhaltsrückstände gilt demgegenüber die Ausnahme nicht, diese können ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden und erloschen im Falle einer späteren Restschuldb...

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