Der anzahlende Unternehmer kann auch dann einen Vorsteuerabzug (erstmalig) im Zeitraum der Anzahlung und Erhalt einer ordnungsgemässen Anzahlungsrechnung geltend machen, wenn die zukünftige Leistungserbringung objektiv unsicher ist. Der (erstmalige) Vorsteuerabzug ist jedoch laut Rechtsprechung ausnahmsweise dann nicht zulässig, wenn anhand objektiver Umstände der Anzahlende zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die zukünftige Leistungserbringung unsicher war. Hierbei ist allein auf die Sicht des Anzahlenden abzustellen.[1]

Wird nach erfolgter Anzahlung die vereinbarte Leistung nicht ausgeführt (bzw. storniert), ist die Umsatzsteuer des "Anzahlungsempfängers" ("Forderung an das Finanzamt") sowie die Vorsteuer des "Anzahlenden"("Forderung des Finanzamts") nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG grundsätzlich zu berichtigen. Die Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG erfolgt aber erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Anzahlung oder das Entgelt zurückgewährt worden sind.[2]

 
Praxis-Beispiel

Vertrag wird nicht erfüllt

Unternehmer A erhält im November 01 für eine für Mai 02 vereinbarte Leistung vom Unternehmer B eine Anzahlung mit Anzahlungsrechnung über 10.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer i. H. v. 1.900 EUR. Über das Vermögen des A wird im Februar 02 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter lehnt die Erfüllung des Vertrags ab und gewährt die Anzahlung

  1. im Dezember 02 in voller Höhe zurück
  2. mangels Masse überhaupt nicht mehr zurück.

In der November-Voranmeldung 01 schuldet A Umsatzsteuer i. H. v. 1.900 EUR; B erhält in gleicher Höhe den Vorsteuerabzug. Bei der Variante a) ist in der Dezember-Voranmeldung 02 die Umsatzsteuerschuld des A bzw. der Vorsteueranspruch des B zu berichtigen. Bei der Variante b) erfolgt keine Berichtigung.

[1] EuGH, Urteil v. 31.5.2018, C-660/16, C-661/16 (Kollroß, Wirtl); nachfolgend BFH, Urteil v. 17.7.2019, V R 9/19 (V R 29/15). Die Verwaltung hat diese Urteile jedoch nicht in Abschn. 17.1 Abs. 7 Satz 3 UStAE übernommen.

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